Wer die Hugo-von-Trimberg-Mittelschule besucht, trifft motivierte Neuntklässler - deren größte Sorge nicht schulischer Natur ist.
Azad ist ein Einserschüler und Klassenbester der 9a an der Hugo-von-Trimberg-Mittelschule. Vor dreieinhalb Jahren kam der 14-Jährige mit seiner Familie aus Aserbaidschan nach Deutschland. Der Abschluss ist für ihn nicht das Problem, er wird sogar mit der Schule weitermachen und im M-Zug auf die Mittlere Reife hinarbeiten. Ausbildung könnte er derzeit aber auch gar keine beginnen, weil ihm eine Arbeitsgenehmigung durch das Ausländeramt fehlt. Mesbah kommt aus Syrien und wird die Mittelschule wohl mit dem Quali abschließen, nachdem er eine Jahrgangsstufe wiederholt hat. "Ich habe versucht, mich gut zu integrieren, viel Deutsch und wenig Arabisch zu sprechen", sagt Mesbah, der als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland kam. Auch Maya hat die syrische Staatsangehörigkeit, spricht fließend Deutsch und möchte gern nach der Schule eine Frisörausbildung beginnen. Klassensprecher Piero lebt hingegen schon immer in Deutschland und will Koch werden.
Ohne Abschluss wird aus dieser Klasse keiner die Schule verlassen, auch wenn knapp die Hälfte der 19 Schüler einen Migrationshintergrund hat. Doch das Risiko, als Regelschüler die Mittelschule ohne einen Schulabschluss zu verlassen, sei in der Stadt Bamberg deutlich höher als im Landkreis. Das belegen zumindest Zahlen der Arbeitsagentur, die Alexandra Grosch, Teamleiterin Berufsberatung, zuletzt im Jugendhilfeausschuss präsentiert hatte. Zieht man von den insgesamt 155 Bamberger Mittelschülern die 41 ab, die im M-Zug sitzen und die Mittlere Reife anstreben, kommt man im Stadtgebiet noch auf 114 Regelschüler. 22 davon haben die Bamberger Mittelschulen im vergangenen Jahr ohne einen Abschluss verlassen. Das macht eine Quote von 19,2 Prozent aus - im Landkreis seien es aber nur vier Prozent der Regelschüler.
Die GAL-Stadtratsmitglieder Kiki Laaser, Besaret Penzkofer und Andreas Reuß halten diese Zahlen laut einer Pressemitteilung für "besorgniserregend". Die Zahlen müssten im Schulsenat thematisiert, die Gründe analysiert und bearbeitet werden. Die Stadt müsse sich überlegen, wie sie jungen Leuten beim Start in Ausbildung und Beruf helfen und wie man die Mittelschulen unterstützen könne. "Es ist eine Diskrepanz zwischen Stadt und Land da. Nun muss man prüfen, woran es liegt. Wenn jemand den Abschluss nicht schafft, obwohl er es vom Intellekt her schaffen kann, ist das sehr schade", sagt Kiki Laaser. "Die Schulleiter, die ich kenne, sind sehr bemüht, einige aber auch sehr überfordert."
Wer sich mit Bernhard Ziegler unterhält, trifft vor allem auf einen engagierten Schulleiter, überfordert wirkt er nicht. "Bei allen Zahlen, die kursieren, spielt der Migrationshintergrund eine zentrale Rolle. Den gibt es im Landkreis nicht in diesem Maße", sagt Ziegler. Der Leiter der Hugo-von-Trimbergschule koordiniert den Bamberger Mittelschulverbund.
"Im vergangenen Jahr haben an unserer Schule 85 Prozent einen Abschluss geschafft, die anderen haben die neunte Klasse wiederholt und schaffen den Abschluss wohl in diesem Jahr", sagt Ziegler. Jeder Dritte von Zieglers Schülern habe mit dem Quali abgeschlossen - darunter Flüchtlinge, die erst seit zwei oder drei Jahren in Deutschland sind. Ziegler betont, dass auch die anderen Schulleiter "sehr engagiert sind, damit alle ihre Schüler einen Schulabschluss erreichen". Gut angenommen werde an seiner Schule zum Beispiel ein Nachhilfeprogramm, bei dem Lehramtsstudenten der Uni Bamberg in Kleingruppen unterrichten.
Ziegler erinnert sich aber auch an "Schüler mit Migrationshintergrund, bei denen vollkommen klar war, dass sie das Klassenziel klassisch nicht erreichen. Einige von ihnen sind für ein Berufsvorbereitungsjahr zu Kolping gewechselt und haben so auch die Chance, einen einfachen Mittelschulabschluss zu erlangen." Diese Schüler und Wiederholer gelten laut Statistik aber ebenso als Regelschüler ohne Abschluss wie diejenigen, die ohne Abschluss bereits eine Ausbildung begonnen haben. "Dass sich Jugendliche komplett verweigern, kommt hingegen nur ganz selten vor, bei Eltern gibt es das leider häufiger", sagt Ziegler.
Berufseinstiegsbegleiter Andreas Becker weiß, dass das auch an den mangelnden Sprachkenntnissen vieler Eltern liege, die nicht arbeiten dürften. Aus Mangel an Kontakten zu Deutschen lernten sie deutlich langsamer Deutsch als viele Schüler.