Der Organisation Attac ist die Gemeinnützigkeit aberkannt worden. Die Auswirkungen auf die Bamberger Ortsgruppe halten sich in Grenzen - noch. Müssen die etwa 1000 gemeinnützigen Bamberger Organisationen nun bangen?
Ein Floß schwimmt auf der Regnitz, darauf eine Plastik-Palme, Geldsäcke sowie Logos großer Firmen wie Apple, Starbucks und Amazon. Die Untere Brücke ist voller Menschen an diesem heißen Maitag 2018. Amüsiert beobachten sie, wie die Flossinsassen in schicker Kleidung für ihre "Steueroase" werben, und dabei symbolisch Bildung und Pflege über Bord werfen. Damit wollten die "Attacitos", die Bamberger Hochschulgruppe des Attac-Netzwerks, auf legale und illegale Steuertricks Hinweisen, die den Staat und damit die Allgemeinheit jährlich einige Milliarden Euro kosten.
Dient eine solche Aktion der politischen Bildung? "Ja", sagt Günter Winkler, Vorsitzender von Attac-Bamberg. "Nein", sagte kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH). Der fällte im Januar ein Urteil und erkannte damit Attac die Gemeinnützigkeit ab. Spenden an Organisationen, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt sind, kann der Spender von der Steuer absetzen.
Die Bamberger Ortsgruppe habe finanziell bisher kaum Auswirkungen gespürt. "Unser Spendenniveau ist stabil", sagt Winkler. Er befürchtet aber, dass der Spendenfluss langfristig sinken könnte, wenn das Urteil "endgültig" wird. Denn der BFH hat den Fall ans Hessische Finanzgericht zurückverwiesen, der Rechtsstreit kann sich noch hinziehen.
Attac Bamberg hat etwa 100 Mitglieder, 15 davon beteiligen sich regelmäßig an der Organisation von politischen Aktionen. Die thematische Bandbreite reicht von Kritik am Derivate-Handel, an Abschiebungen und Freihandelsabkommen, bis hin zum Einsatz für Umweltschutz und Feminismus. Die breite Aufstellung kritisiert auch Winkler als nicht immer zielführend, denn so sei nicht immer klar, wofür Attac genau steht; "aber alles dient dem Allgemeinwohl".
25 Gründe
Das sieht der BFH anders. In Paragraf 52 der Abgabenordnungsind 25 Gründe gelistet, die den Status der Gemeinnützigkeit rechtfertigen können, darunter etwa die Förderung von Umweltschutz, Sport, Kunst, Religion und Jugendhilfe. Attac fiel unter Punkt 7: "Förderung der Volksbildung".
Gründungsziel von Attac im Jahr 1998 war der Kampf für eine Finanztransaktionssteuer. Damit sollte ein Teil des internationalen Aktienhandels, bei dem mittlerweile innerhalb von Sekundenbruchteilen Milliardenbeträge verschoben werden, mit 0,5 Prozent versteuert "und die Einnahmen für gute Taten eingesetzt werden", erklärt Winkler. "Das sind konkrete Lösungsvorschläge, die beinahe in der EU umgesetzt worden wären." Doch im letzten Moment sprang Frankreich ab, wonach sich auch Deutschland zurückzog. Die beiden Länder legten im Dezember eine abgeschwächte Version vor.
Mit dem seit der Gründung stark verbreiterten Engagement versuche Attac nach Auffassung des BFH aber, "die politische Willensbildung ... im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen", heißt es in der Urteilsbegründung. Dies sei nicht gemeinnützig. Für die politische Volksbildung im Sinne der Gemeinnützigkeit sei "geistige Offenheit" erforderlich, so der BFH.
Es ist leider absehbar, daß dann, wenn ausreichend einflußreiche Lobbygruppen ihre Pfründe bedroht sehen, ihnen hörige politische Kräfte (das kann bis in Behörden und Justiz gehen) ihren Einfluß geltend machen, um denen, die das Allgemeinwohl obenan stellen, das Leben schwer zu machen.
Derzeit sieht sich beispielsweise die Deutsche Umwelthilfe (DUH) entsprechenden Angriffen ausgesetzt, weil sie geltendes Recht zum Schutz der Gesundheit der Menschen durchsetzen will. Man mag darüber streiten, ob Fahrverbote das Mittel der Wahl sind. Doch ein anderer juristischer Hebel steht nicht zur Verfügung. Und Sachargumente, u. a. zu Gunsten einer anderen Verkehrspolitik und technisch wie wirtschaftlich machbaren Verbesserungen an den Emissionsquellen, verhallten in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend wirkungslos. Hier setzten sich ideologische Verbohrtheit ("Freie Fahrt ...") und wiederum Lobbyeinfluß erfolgreich durch.
Auch andere Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) waren bereits wiederholt Ziel politischer Kampagnen, die die Aberkennung der Gemeinnützigkeit bezweckten.