V iehhalter und Schäfer zum Beispiel fürchten den Wolf, was raten Sie ihnen?
Je nach Haltungsform der Nutztiere gibt es eine Reihe von Möglichkeiten zur Vorbeugung von Schäden. Dies kann geschehen durch elektrische Zäune, Behirtung und den Einsatz von Herdenschutzhunden. Eine elektrische Einzäunung sollte eine Mindesthöhe von 1,10 Meter haben, mit elektrischen Leitern alle 20 bis 30 Zentimeter. Dazu sollte der unterste elektrische Leiter nicht mehr als 20 Zentimeter Bodenabstand haben, um ein Untergraben zu verhindern. Aktuell ist ein Förderprogramm für Herdenschutzmaßnahmen in Abstimmung.
M üssen Waldkindergärten an ihrem Konzept etwas verändern?
Erfahrungen in Deutschland und Nachbarländern zeigen, dass auch bei langjähriger Anwesenheit eines Wolfsrudels Waldkindergärten und beispielsweise Pfadfinder ihr Angebot nicht einschränken mussten und es keine Zwischenfälle gab.
S ollten Wanderer, Walker, Fahrradfahrer etwas beachten?
Der Wolf reagiert auf den Anblick von Menschen vorsichtig, aber er ergreift nicht immer sofort die Flucht. Gerade jüngere Tiere zeigen sich auch manchmal neugierig, bleiben stehen oder ziehen sich nur langsam zurück. Wichtig ist auf jeden Fall, mitgeführte Hunde anzuleinen, dem Tier nicht hinterher zu laufen und es keinesfalls zu füttern.
W o im Landkreis Bamberg könnten Sie sich vom Wald her einen dauerhaften Lebensraum für den Wolf vorstellen?
Wölfe brauchen ausreichend Nahrung und Lebensräume mit genügend Rückzugsmöglichkeiten. In Nordbayern bieten beispielsweise Haßberge, Steiger- und Frankenwald sowie das Fichtelgebirge, aber auch Truppenübungsplätze solche Voraussetzungen. Durch die hohe Anpassungsfähigkeit können Wölfe auch in stark von Menschen geprägten Gebieten leben.
W as ist Ihre Aufgabe als Netzwerkerin im Landkreis Bamberg?
Netzwerker sind bei Fragen zu den Großen Beutegreifern, also vor allem Wolf und Luchs, Ansprechpartner vor Ort für Behörden, Polizei und die Bevölkerung. Wir nehmen Hinweise zu großen Beutegreifern wie Fährten, Risse, Sichtbeobachtungen entgegen, so dass die Fachleute am Landesamt für Umwelt (LfU) diese bewerten und in das bayerische Monitoring von Luchs und Wolf übernehmen können. Besteht aufgrund der Hinweise der Verdacht auf einen Riss durch große Beutegreifer, wird vom LfU ein Netzwerker beauftragt, Kontakt aufzunehmen und die Erstdokumentation zu übernehmen.
W ie funktioniert diese Erstdokumentation in der Praxis?
Im Rahmen der Erstdokumentation suchen wir nach Bissverletzungen, nehmen gegebenenfalls DNA-Proben, suchen die Umgebung nach Spuren wie Pfotenabdrücken, Haaren oder Losung ab und kontrollieren die Einzäunung. Es ist wichtig, dass am Fundort nichts verändert wird und der Fund sobald wie möglich gemeldet wird. DNA-Proben dürfen nicht älter als 24, maximal 48 Stunden sein, damit sie im Labor analysiert werden können. Alles Relevante wird dokumentiert und zur weiteren Untersuchung eingeschickt. Diese Arbeiten sind bei Nutztierrissen die Grundlage für mögliche Entschädigungszahlungen aus dem Ausgleichfonds Große Beutegreifer.
W ie sind Sie zum Netzwerk Große Beutegreifer gekommen?
Ich war aufgrund meines Ökologiestudiums und meiner Jägerprüfung schon immer an den Großen Beutegreifern interessiert. Als ich vor zwei Jahren zufällig vom Netzwerk erfahren habe, habe ich mich beim Bayerischen Landesamt für Umwelt dafür beworben.
W elche persönliche Verbindung haben Sie zu Wolf, Luchs und Bär?
Beutegreifer wie Wolf, Luchs und Bär sind Teil eines natürlichen Ökosystems. Ohne sie wäre Europa ärmer an Artenvielfalt. Sie stehen an der Spitze der Nahrungskette und helfen mit, überhöhte Wildtierbestände zu regulieren. Der Wolf erjagt vor allem ältere, schwächere und junge Tiere, was dazu beiträgt, dass Wildtierbestände gesund bleiben.
Kommentar des Autors:
Das Zustandekommen dieses Beitrags zeigt, wie emotional und umstritten das Thema Wolf ist. Das Bayerische Landesamt für Umwelt fürchtet schlechte Presse. So sehr, dass ein Interview nur in schriftlicher Form zustande kommt. Alle heiklen Fragen beantwortet Pressesprecher Claus Hensold nach Absprache mit Wolfsexperten in der Behörde selbst, und auch die weniger heiklen Fragen zu Gerlinde Weinhäupls Funktion im Netzwerk Große Beutegreifer müssen vorher ans Amt geschickt werden - die Antworten werden hinterher noch einmal in Augsburg kontrolliert. Nichts soll ungeprüft veröffentlicht werden. Interview kann man das Ergebnis deshalb nicht nennen. Vielmehr ist es ein Katalog an Fragen und Antworten - der dennoch interessante Einblicke in die Thematik Wolf bietet.
Info:
Ansprechpartner ist die Fachstelle für Große Beutegreifer im Landesamt für Umwelt. Die Nummer 09281/1800-4640 ist auch am Wochenende besetzt, E-Mail: fachstelle-gb@lfu.bayern.de.