Für sein neues Projekt arbeitete Udo Pörschke drei Jahre lang die Vertreibung der Ungarndeutschen auf - und ein bisschen auch seine eigene Geschichte.
Sie müssen raus aus ihren Häusern. Kinder, Mütter, Großeltern. Die Väter sind meist ohnehin schon weg, eingezogen in den Krieg. Die Vertreibung beginnt teils ohne Vorwarnung. Nicht morgen, nicht nachher, sondern jetzt sofort. Draußen warten schon die neuen Bewohner. Drinnen bleiben Schmuck und Geldbeutel zurück, wo sie gerade liegen. Eingepfercht in Viehwaggons geht es fort.
Das geschichtliche Kapitel, das der aus Bamberg stammende Filmemacher Udo Pörschke in seinem neuen Dokumentarfilm aufarbeitet, ist so düster, wie es vielen Menschen weitgehend unbekannt ist. Zum 75-jährigen Ende des Zweiten Weltkriegs erzählt "Heimatlos", die zweite Produktion des professionell arbeitenden Amateurproduzenten, die Vertreibung der Ungarndeutschen. Im Kern behandelt der Film jedoch eine politisch wie gesellschaftlich erschreckend aktuelle Thematik: "Mir ist es wichtig, dass die Zuschauer des Films erkennen, was aus Hass, Wut, Zorn auf Andersdenkende und Andersaussehende passiert ist und was aus fremdenfeindlichen Anfängen werden kann."
Die dreijährige Arbeit an der Dokumentation beginnt damit, dass Pörschkes Frau als Austauschlehrerin nach Ungarn entsandt wird, in das ungarndeutsche Gebiet. Er begleitet seine Frau und ahnt noch nicht, dass er während dieses Auslandsaufenthalts ein verlorenes Stück Familiengeschichte ausgraben wird.
Eigentlich ist Udo Pörschke im Hauptberuf ebenfalls Lehrer. Irgendwann beginnt er jedoch, sich dem literarischen Schreiben zu widmen. Pörschke veröffentlicht Kurzgeschichten und fährt erste Preise ein. Als er durch Zufall ein verstecktes Tagebuch seines Großvaters entdeckt, das die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs und die anschließende Kriegsgefangenschaft schildert, probiert sich der Lehrer auch noch als Filmemacher aus. Eine erste Dokumentation entsteht. So ungewöhnlich diese Biografie bis hierhin klingt, so überraschend ist auch der Erfolg dieses ersten filmischen Werks aus dem Jahr 2015: Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender "Phoenix" strahlt die Produktion aus.
Während es für Menschen mit einem Roman in der Schublade bereits unwahrscheinlich genug ist, einen Verlag für das Manuskript zu finden, stellt sich die Aufgabe in der Filmbranche ungleich schwerer dar, erklärt Pörschke: "Die Chance, als nicht berufsmäßig produzierender Filmemacher ins Fernsehen zu kommen, ist extrem gering." Laut Aussage des Senders ist Pörschkes Film die erste Hobby-Dokumentation, die das öffentlich-rechtliche Programm jemals gekauft hat.
Dabei benennt Udo Pörschke deutlich den Eigenwert von Filmproduktionen, die nicht das Ergebnis der alltäglichen Fernsehmaschinerie sind: "Üblicherweise läuft das so ab: Es gibt ein großes Budget, um möglichst flott einen Film abzudrehen. Mein Ziel ist es dagegen, Dokumentationen umzusetzen, bei denen tatsächlich Kontakt zu Personen aufgebaut werden kann."
Die lange Entstehungszeit merkt man seinem Film an. Sie wird in den Gesprächen spürbar, die er mit etlichen Zeitzeugen geführt hat. Keine sterilen Interviews, sondern Stunden, in denen Menschen aufeinandertreffen, die gemeinsam Geschichte aufarbeiten. Der Filmemacher sitzt als fremder Freund in den Zimmern der Menschen, die ihn mit herzerwärmender Gastfreundschaft aufnehmen und mit herzzerreißenden Berichten wieder ziehen lassen.