Vegetarisches und veganes Café im Schleusenwärterhäuschen
Autor: Anna Lienhardt
Gaustadt, Sonntag, 07. Juni 2015
Im Erba-Park hat Bambergs erstes komplett vegetarisches und veganes Café eröffnet. Nicht nur dieses Konzept ist außergewöhnlich, auch der Ort des Lokals: Das historische Schleusenwärterhäuschen wäre beinahe abgerissen worden.
Es fehlt eigentlich nur noch der Märchenwald um das kleine Häuschen auf der Erba-Insel. Es soll ein Ort sein zum Verweilen in der Natur, zum Gedanken-Schweifen-Lassen. Top moderne Möbel und laute Musik gibt es hier nicht. Stattdessen: Tische aus dunklem Holz, Blumen in Pastellfarben, verspieltes Porzellan - und Lampen aus bunten Stoffschirmen, die sofort ins Auge fallen.
"Ja, auf die werde ich besonders oft angesprochen", sagt Inhaberin Lisa Burger. Die 24-jährige Bambergerin hat das Häuschen gesehen und sich sofort verliebt, sich verzaubern lassen. Sie hat sich hier ihren Traum verwirklicht: ein eigenes Café, das "Zuckerl".
Damit ist rund zweieinhalb Jahre nach der Landesgartenschau wieder Leben in das frühere Schleusenwärterhäuschen eingezogen. Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert war ehemals das Wohnhaus des Erba-Schleusenwärters. Während der Gartenschau im Jahr 2012 hatte es Eigentümer Georg Schütz an die Gartenschau-Betreibergesellschaft als "Kinderhaus" vermietet.
Für die Zeit danach schwebte ihm eine Nutzungvor, die aus Gastronomie im Erdgeschoss und Wohnen im Obergeschoss besteht. Genauso ist es nun gekommen. Denn Jung-Unternehmerin Lisa Burger wohnt direkt über ihrem Café in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung.
Fleischprodukte gibt es keine
Oben wie unten gilt: Fleisch kommt nicht auf den Tisch. Die 24-Jährige ernährt sich vegan. Also nicht nur fleischlos, sondern komplett ohne tierische Produkte wie Milch oder Eier. Im Café dagegen kommen sowohl Veganer als auch Vegetarier zum Zug. Wer möchte, bekommt "normale" Milch in den Kaffee, oder Soja- oder Mandelmilch. "Viele fragen, was wir auf den Torten anstatt von Sahne verwenden. Ganz einfach: pflanzliche Soja-Sahne", sagt die Chefin. Die Torten und Kuchen kommen aus dem "Erlebnisernte Hofladen" in Pettstadt, wo sie vegan bestellt werden können. Bambergs erstes komplett veganes/vegetarisches Café besuchen aber nicht nur Menschen, die sich bereits fleischfrei oder ohne tierische Erzeugnisse ernähren.
"Vormittags kommen zum Beispiel Rentner vorbei, die sich nach dem Spaziergang einen Kaffee gönnen. Aber auch Studenten und natürlich Familien, deren Kinder am Spielplatz gleich nebenan toben, zählen zu unseren Gästen", antwortet Lisa Burger auf die Frage nach den Besuchern.
Wer auf die Speisekarte blickt, entdeckt neben den klassischen Angeboten eines Cafés auch warme Snacks wie Panini oder Salate. Laut der 24-jährigen Chefin werden, soweit möglich, regionale und Bio-Produkte verwendet. Natürlich gibt es auch Bier - demnächst eine weitere Bamberger Sorte. "Ich dachte, in einem Café genügen zwei Sorten und ein Weißbier. Aber in Bamberg ist das natürlich etwas anderes", sagt Lisa Burger und lächelt.
Gelatine fehlt nicht nur im Kuchen
Auch das Wein- und Sektangebot ist frei von tierischen Produkten. Die alkoholischen Getränke wurden nicht mit Gelatine geklärt. Diese sucht man auch im Tortenguss vergeblich.
Seit 1. Mai hat das "Zuckerl" seine Türen geöffnet. Auf der Rückseite des Häuschens gibt es zudem seit kurzem einen Stand, an dem sich Besucher etwas zum Mitnehmen holen können. Bald wird der neue Kühlschrank geliefert. Dann gibt es auf Wunsch veganes Eis. Wenn man sich draußen oder drinnen etwas bestellt, ist es gut möglich, dass man von Lisa Burgers Verwandtschaft bedient wird - die ganze Familie hilft mit. Sie stehen hinter der jungen Bambergerin und ihrem Traum, den sie sich mit dem Lokal im Schleusenwärterhäuschen erfüllt hat.
Dass dieses seine Besucher überhaupt verzaubern kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn das Anwesen gäbe es gar nicht mehr, hätten nicht Bamberger Bürger, Vereine und die Stadtheimatpflege gegen die Abrisspläne der Stadtverwaltung protestiert.
Proteste retteten Häuschen
In den Plänen zur Landesgartenschau waren weder jenes Gebäude noch das benachbarte Schleusenwärter-Gehilfenhaus von Bedeutung. Erst durch die Protestehatte sich die Kommune zu einem Kompromiss überreden lassen und zumindest das Schleusenwärterhaus nicht abgerissen.
Die Stadt verkaufte das historische Häuschen unter der Bedingung, dass es gastronomisch genutzt wird, an einen Makler. Dieser veräußerte es später an Georg Schütz, den heutigen Besitzer und Vermieter von Lisa Burger.
Die junge Frau steht an der nagelneuen, riesigen Kaffeemaschine und bereitet einen Cappuccino zu - auf Wunsch vegan mit Mandelmilch. Auf der Tasse prangt das verschnörkelte Logo des Lokals. Dass das historische Häuschen und der Stil des Cafés harmonieren, war der Chefin besonders wichtig.
Nicht selten bekomme sie auch von Männern Lob für die gemütliche Atmosphäre. "Und das, obwohl die Einrichtung ja schon mädchenhaft ist", sagt die Inhaberin und lächelt.
Und dann trägt sie das Tablett hinaus ins Freie. Es ist zwar kein Märchenwald, den sie betritt. Doch auch im Erba-Park kann man prima die Seele baumeln lassen. Und sich in Gedanken ausmalen, wie der ehemaligen Schleusenwärter hier wohl gewohnt hat.