Flucht vor dem Krieg: zwei Jugendliche und ihr Weg nach Franken

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Yaser A. und Adel M. in der Wohngruppe von Mobam, in der derzeit elf minderjährige Flüchtlinge betreut werden. In drei Gemeinden der Bamberger Region nehmen sich die Mitarbeiter des Trägers Jugendlicher an, die auf sich allein gestellt in ein fremdes Land kamen. Foto: Ronald Rinklef
Yaser A. und Adel M. in der Wohngruppe von Mobam, in der derzeit elf minderjährige Flüchtlinge betreut werden. In drei Gemeinden der Bamberger Region nehmen sich die Mitarbeiter des Trägers Jugendlicher an, die auf sich allein gestellt in ein fremdes Land kamen. Foto: Ronald Rinklef

Yaser A.und Adel M. kamen als minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland, weil sie nicht irgendwann selbst Waffen tragen wollten. Hier ihre Geschichte.

15 Jahre alt war Adel, als er sich von seinen Eltern verabschiedete: Mutter und Vater nochmal umarmte, ohne zu wissen, ob er sie je wiedersieht. "Ich hatte Angst, ja, große Angst, aber was sollte ich machen", fragt der Junge, der dem Krieg entfloh. Dem Krieg in Afghanistan. "Kein Leben, nur Gewalt. Das ist meine Heimat."

Mittlerweile kann sich Adel ganz gut auf Deutsch verständigen. Und sucht er mal vergeblich nach Worten, kommt ihm Yaser zu Hilfe, der mit dem mittlerweile 16-Jährigen und neun weiteren Jungen in einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge lebt und sich ebenfalls zu einem Interview bereit erklärte - ohne mit vollem Namen in der Zeitung erscheinen zu wollen. Beide gehen in Bamberg zur Berufsschule und würden hier gerne auch ihren Abschluss machen - aber das steht derzeit noch in den Sternen. Denn der "Aufenthaltsstatus von Yaser und Adel ist ungeklärt", wie Janina Gläser von Mobam (Mobile Betreuung Bamberg) als Träger der Wohngruppe berichtete. Mit Kollegen betreut die Sozialpädagogin die Jugendlichen, die aus Syrien und Afghanistan stammen und in Deutschland auf eine Zukunft, ein Leben ohne ständige Angst hoffen.


Sparen für die Flucht

Yaser, der aus Damaskus stammt, machte sich im November 2014 auf den Weg in die Fremde: Auf sich allein gestellt, wie Adel, kam der damals 16-Jährige in ein Land, das Flüchtlinge nicht abwies, sondern willkommen hieß. "Meine Familie hat gespart, um mich nach Deutschland schicken zu können", berichtet der Syrer, der wie sein afghanischer Freund die Schrecken des Kriegs miterlebte. Bombenanschläge, Schüsse, die Angst vor dem IS - das alles gehörte zum Alltag von Yaser, der mit drei Geschwistern aufwuchs und sie seit November 2014 nicht wiedersah. "Wäre ich nicht geflohen, hätte ich selbst irgendwann als Soldat kämpfen müssen - und das wollte ich nicht." Ebensowenig wie Adel zur Waffe greifen wollte, der seine Heimat im Januar 2015 verließ und über eine Erstaufnahmeeinrichtung in Waldkirchen nach Franken kam.


Ein Freund starb unterwegs

Adel floh über Pakistan, den Iran, die Türkei, Serbien, Ungarn und Österreich - zu Wasser und zu Lande, wo er streckenweise auch zu Fuß unterwegs war, wie der Jugendliche berichtete. "Ein Freund von mir starb unterwegs", wohl aus Entkräftung. Aber umzukehren kam für Adel nicht in Frage, dessen Familie ebenfalls die Flucht organisiert und finanziert hatte.

Wer könnte ahnen, was hinter den beiden Jugendlichen liegt, wenn sie kickern, Platten von deutschen Rappern hören - Bushido beispielsweise - oder lachend aus der Schule kommen. Eine Freundin hat Adel mittlerweile auch. Sie ist Muslimin, trägt aber weder Kopftuch noch Schleier wie die Frauen in Afghanistan. "Hier ist alles ganz anders als in meiner Heimat - auch das Essen. Hier isst man Schweinefleisch", sagt der 16-Jährige, der schon vieles über die deutsche Kultur lernte und noch lernen möchte. Aber ob Adel die Chance bekommt, hier irgendwann eine Ausbildung zu machen und eine Familie zu gründen, ist fraglich. Mit dieser Ungewissheit muss er ebenso wie Yaser leben. "In den Osterferien möchte ich erstmal ein Praktikum als Maler machen."


Flugzeugbauer werden

Ein Praktikum bei der Firma Eichelsdörfer hat Yaser schon hinter sich. Und begeistert sich seither für den Flugzeugbau. "Da irgendwann zu arbeiten wäre toll", meint der 17-Jährige. Nur müsste er als Auszubildender in diesem Fall die Bamberger Region verlassen, raus aus der Wohngruppe, in der Yaser mit den anderen Jungs lebt und ein Stück weit heimisch wurde. Nur mit Gesten konnte er sich anfangs verständigen, wenn kein Dolmetscher anwesend war. Auch Adel sprach zunächst weder Deutsch noch Englisch. Das alles aber liegt mittlerweile hinter den beiden, die eine Flüchtlingsklasse der Berufsschule II besuchen. "Gut bin ich vor allem in Mathe und Deutsch. Es macht mir Spaß zu lernen", sagt Yaser.

Ja, eingelebt haben sich die Jugendlichen, auch wenn das Leben in Deutschland so anders, so ganz anders als in ihrer Heimat ist. "Stimmt, hier ist's kalt. Aber auch so friedlich. Und alle paar Meter ein Supermarkt, in dem man etwas zu essen kriegt. In Damaskus hat der Krieg alles leergefegt", meint Yaser.


Kein Kontakt zur Familie

Schlimm ist für den Syrer derzeit die ewige Ungewissheit, wie's weiter geht. Wird sein Asylantrag genehmigt? Muss Yaser mit Abschiebung rechnen? Fragen, die sich auch seine Freunde hier in der Wohngruppe stellen. Am meisten leidet der Flüchtling aber wegen seiner Familie. "Ich höre oft wochenlang nichts von meinen Eltern und Geschwistern." Mit 17 Jahren muss Yaser auch damit zu leben lernen.