Traumwelten einer Bamberger Filmemacherin

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Eine melancholische Geschichte erzählt Natalie Heinleins Wettbewerbsbeitrag zur Musik von Katzenjammer: "Soviet Trumpeter" Foto: pr
Eine melancholische Geschichte erzählt Natalie Heinleins Wettbewerbsbeitrag zur Musik von Katzenjammer: "Soviet Trumpeter" Foto: pr
Natalie Heinlein mit den Figuren des Clips "Soviet Trumpeter". Foto: pr
Natalie Heinlein mit den Figuren des Clips "Soviet Trumpeter". Foto: pr
 
 
 
 

Von ihr stammt der Clip zum Ärzte-Song "Bettmagnet". Und das Video zu "Metamorphose" als Titel des Minimal-Techno-Poeten Dominik Eulberg. Bei den Bamberger Kurzfilmtagen stellt Natalie Heinlein am 22. und 24. Januar ihr Video "Soviet Trumpeter" vor. Wir sprachen mit der Motion-Designerin.

Ein einsamer alter Mann streift durch die Straßen Berlins. Auf seiner Trompete spielt er ein Lied, für das es längst kein Publikum mehr gibt. Andere singen und tanzen: "It's a wonderful life." Dem einsamen alten Mann aber bleibt ihre Welt verschlossen, die er mit dem Griff zur Flasche zu verdrängen sucht. Bis sich die Träume des Trompeters von Ruhm und Reichtum zu erfüllen beginnen...


Zum Folkrock von Katzenjammer

Es ist Natalie Heinleins Musikvideo, das diese melancholische Geschichte erzählt - mit dem Zauber und der Romantik eines Märchens. Der Sound einer norwegischen Folk-Rock-Band inspirierte die 28-Jährige zu "Soviet Trumpeter", wie die Bambergerin berichtet: "Ich erlebte Katzenjammer auf der Bühne - und in meinem Kopf entstanden Bilder, aus denen ich das Video entwickelte": Bilder von dem einsamen alten Mann auf der Suche nach einem Leben, das er nie
hatte.



Wie viele Clips gehen Zuschauern in Zeiten der Reizüberflutung noch unter die Haut? Natalie Heinleins "Soviet Trumpeter" spielt sich mitten ins Herz und regt die Phantasie des Betrachters an. "Darum ging es mir auch: So erzählte ich meine Geschichte eher abstrakt, um jedem Raum für eigene Interpretationen zu geben", meint die Drehbuchautorin und Regisseurin des Streifens, die zugleich für den Schnitt, die Kameraarbeit und Animation ihres Trompeters zuständig war. "Fast ein Jahr lang arbeitete ich an dem Musikvideo, meiner Diplomarbeit an der Filmakademie Baden-Württemberg." Wobei die angehende Motion-Designerin den Werdegang des Werkes fürs Making-of gleich mitdokumentierte: Angefangen bei den Bleistiftzeichnungen übers Zuschneiden und den Bau der Figuren samt aller Kulissen, in denen die Handlung spielt, bis hin zum fertigen Clip. Aus Papier, Pappmaschee, Stoffen und Spanholzplatten entstand nach und nach die Welt des Sonderlings, den Natalie Heinlein über Stop-Motion agieren ließ: Eine Filmtechnik, die Georges Méliès schon Ende des 19. Jahrhunderts ersann, um unbewegte Motive über zahllose Einzelbilder zum Laufen zu bringen.


Aus einer kreativen Familie
"Musikvideos habe ich bereits als Kind geliebt - und sie rauschten an mir nicht vorbei, sondern beschäftigten mich", berichtet Natalie Heinlein, die am E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium Abi machte. "Ich komme eben aus einer künstlerisch begabten Familie", so die Bambergerin: "Mit einer Mutter, die zeichnete, wie auch mein Opa, einer Oma, die Kleidung entwarf, und einem Vater als Möbeldesigner." Keiner der kreativen Köpfe aber hätte den Mumm gehabt, sein Talent beruflich auszuleben. "Das übernehme ich", sagt die Fränkin, die ihr Studium 2012 erfolgreich abschloss und sich als Motion-Designerin selbstständig machte.

So sitzt die 28-Jährige an dem Schreibtisch ihres Büros in Heusenstamm - unweit von Frankfurt. Und widmet sich Auftragsarbeiten von Firmen oder Künstlern wie Wilfried Hochholdinger, der sie als Musiker ansprach und beispielsweise auch Kompositionen für "Ein Fall für zwei" oder "Stockinger" schrieb. "Meine Arbeit gibt mir viel. Manchmal aber suche ich Abstand von der digitalen Welt. Dann blicke ich aus dem Fenster ins Grüne, nachdem wir gleich am Waldrand wohnen."


Verfolgt von Eis und Burgern
Für viele Künstler arbeitete die Motion-Designerin mittlerweile: darunter Dominik Eulberg als Techno-DJ und Produzent, für den die Bambergerin das Video "Metamorphose" produzierte. Die "beste Band der Welt" bekam von Natalie Heinlein und ihrer Kommilitonin Anja Hartmann noch während des Studiums ein animierte Musikvideo zu "Bettmagnet." Und darin heben Die Ärzte tatsächlich ab, verfolgt von Nudeln, Burgern, Keksen, Eis und anderen Leckerbissen, die Genießer verführen, während sie in der Falle vor der Glotze abhängen statt auszugehen: Tja, "der Fernseher vorm Bett ist keine gute Idee", wie es auch in dem Song der Berliner heißt, in dem Sex zum Zwischenspiel während Werbepausen avanciert.

Für die Ausstellung "Sex" des Stuttgarter Naturkundemuseums Schloss Rosenstein warf Heinlein übrigens die Frage auf, was wohl dabei herauskommt, wenn sich verschiedene Arten miteinander vergnügen: "Mausvogel, Ochsenfrosch und Wolfspinne" lautet die Antwort, die den Betrachter des fertigen Videos am "Tag danach" auch aus großen Augen anblickt.

Kehrt die Bambergerin eigentlich zu den Kurzfilmtagen in die alte Heimat zurück, um sich dann auch Fragen des Publikums zu stellen? "Ab Freitag bin ich vor Ort und bleibe vermutlich bis Sonntag", sagt die Fränkin, deren "Soviet Trumpeter" beim Wettbewerb "Alles oder Nichts" am 22. Januar ab 18 Uhr im Odeon und am 24. Januar ab 22.30 Uhr im Lichtspiel zu sehen ist.

Katzenjammer - The Soviet Trumpeter (Official Video) from Natalie Heinlein on Vimeo.


The Making of "The Soviet Trumpeter" from Natalie Heinlein on Vimeo.


Dominik Eulberg - Metamorphose from Natalie Heinlein on Vimeo.


Mausvogel, Ochsenfrosch und Wolfspinne from Natalie Heinlein on Vimeo.