Tödlicher Unfall nach Strullendorfer Johannisfeuer: Fahrer muss ins Gefängnis

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Die Alkoholfahrt endete an einem Laternenmast. Zuvor war jedoch ein 14-Jähriger erfasst worden - mit tödlichen Folgen. Foto: News 5/Herse
Die Alkoholfahrt endete an einem Laternenmast. Zuvor war jedoch ein 14-Jähriger erfasst worden - mit tödlichen Folgen.  Foto: News 5/Herse

Bei einem Unfall auf dem Nachhauseweg vom Johannisfeuer kam ein 14-Jähriger ums Leben. Der schuldige Fahrer muss nun für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis.

Es sind nur wenige Meter, die Hannes R. (Namen geändert) und den Vater von Fabian L. im Saal 031 des Amtsgerichts trennen, doch ihre Blicke treffen sich kein einziges Mal. Dem Angeklagten R. ist die schwere Last der Schuld anzusehen. Er hat nach dem Strullendorfer Johannisfeuer 2018 unter Alkoholeinfluss einen 14-Jährigen totgefahren. Dessen Vater, der dem Prozess als Nebenkläger folgt, leidet sichtbar, als die Geschehnisse dieser Nacht wieder aufgerollt werden. Immer wieder bricht er in Tränen aus. "Mein Sohn hatte so viel vor, er wollte allen helfen - aber ihm konnte keiner helfen", wird er am Ende der Verhandlung sagen. Bis dahin ergibt sich aus den Aussagen und Gutachten ein einigermaßen klares Bild der Unfallnacht - doch auf die große Frage nach dem Warum kann es keine zufriedenstellende Antwort geben.

Warum musste Fabian L. in jener Nacht sterben, nur 150 Meter von seinem Elternhaus entfernt? Warum hatte sich Hannes R. noch hinters Steuer gesetzt, obwohl er vier Weizenbier getrunken hatte? Warum fuhr er statt der erlaubten 30 Stundenkilometer mehr als doppelt so schnell? Einige der Antworten sind erschreckend banal. Hannes R., der eigentlich eine Übernachtungsmöglichkeit bei einem Strullendorfer Freund gehabt hätte, fuhr alkoholisiert, um in einem Hirschaider Fast-Food-Restaurant Essen für sich und seine Freunde zu holen. Denn beim Johannisfeuer gab es keine Bratwürste mehr. "Ich habe gedacht, das sind nur fünf Minuten, das wird schon noch gehen." Für seinen besten Freund auf dem Beifahrersitz fuhr R. "noch relativ normal".

Auf der Rückfahrt kam ihnen eine Gruppe Jugendlicher entgegen. Weil die Straße dort einen Knick machte, bewegte R. seinen VW Golf mit mindestens einem Meter Breite in die Gegenfahrbahn, um die Biegung nehmen zu können. Als er die Gruppe sah, wollte R. noch bremsen und ausweichen. Aber dafür war er zu schnell unterwegs.

Binnen einer Sekunde musste sich die Fußgängergruppe entscheiden, wie sie reagiert. "Das Auto kam richtig schnell auf uns zu", sagt einer der Zeugen. Fünf der Jugendlichen konnten sich durch zur Seite treten oder Wegspringen nach rechts retten. Fabian L., der als einziger nach links auswich, wurde von R.s VW Golf am Bein erfasst. Er schlug gegen die Windschutzscheibe und wurde dann durch die Luft geschleudert. Die am Ende tödlichen Verletzungen erlitt der 14-Jährige durch den folgenden Aufprall auf den Hinterkopf. R.s Fahrt endet an einem Laternenmast. "Ich habe einen großen Fehler gemacht und wenn ich ihn rückgängig machen könnte, würde ich das tun", sagt R. vor Gericht. Er habe sich nicht allzu alkoholisiert gefühlt - und hätte auch nicht gedacht, dass er so schnell unterwegs ist.

Sehr präzise Daten zum Unfallverlauf kann der Sachverständige Dirk Schrievers liefern.

Er legt dar, dass es am Ende weniger der Alkohol (0,83 Promille wurden in R.s Blut gemessen) als die Geschwindigkeit war, die den Unfall zu einem tödlichen hatte werden lassen. Denn hätte M. die erlaubte Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern eingehalten, hätte er noch anhalten können. Oder er wäre die Kurve gefahren, ohne auf die Gegenfahrbahn zu geraten. Wäre M. nur 49 statt mindestens 62 km/h gefahren, hätte Fabian L. die Straße noch nach links überqueren können. Die tatsächliche Geschwindigkeit konnte Schrievers aus dem Bremsweg und der Verformung des Laternenmastes errechnen. Der Gutachter legt dar, dass R.s Reaktionsphase "schlüssig und nicht verspätet" gewesen sei. Wie der Rechtsmediziner Peter Betz weist er jedoch auf die enthemmende Wirkung des Alkohols hin - die auch dafür sorge, dass sich jemand selbst überschätze und zu schnell fahre.

Die Staatsanwaltschaft spricht sich am Ende für drei Jahre Jugendstrafe aus. "Das ist das Schlimmste, was man einer Familie antun kann: Sie haben ein Leben genommen. Und fünf weitere Menschen sind gerade so davongekommen", stellt Staatsanwalt Patrick Keller in seinem Plädoyer fest. "Sie haben sich drei Monate nach Ihrer Führerscheinprüfung mit zwei Maß Weizen hinters Steuer gesetzt. Und der Anlass der Fahrt ist mehr als sinnlos und lächerlich."

Für den Verteidiger des Angeklagten ist das folgenschwere Geschehen auf "jugendliche Unbesonnenheit" zurückzuführen: "Er hat die Gefahr nicht erkannt." Sein Mandant habe auch ohne Freiheitsstrafe schwer an der Schuld zu tragen. Der Nebenklage-Vertreter weist hingegen darauf hin, dass sich der Angeklagte "über den Alkohol keine Gedanken gemacht" und enormes Leid über die Familie des 14-Jährigen gebracht habe.

Das Jugendschöffengericht verurteilt den 19-Jährigen schließlich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten - nach Erwachsenenstrafrecht. Bewährung sieht das Gesetz nicht vor, wenn jemand einen anderen unter Alkoholeinfluss zu Tode bringt. "Sie wissen, dass beim Johannisfeuer noch Leute sind und fahren dorthin zurück. Da mussten Sie doch damit rechnen, dass Ihnen jemand entgegenkommt", erklärt Richter Martin Waschner. Die Jugendgerichtshilfe hatte sich dafür ausgesprochen, den Angeklagten, der noch im "Hotel Mama" lebe und "eigentlich ein feiner Kerl" sei, nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Dieser Empfehlung folgt das Jugendschöffengericht aber nicht.

Wohl keinen im Saal lässt es unberührt, als zuvor Fabian L.s Vater ein Bild hochhält und das Wort ergreift: "Das ist unser Sohn, wir haben uns auf ein Leben mit ihm gefreut." Der Vater berichtet von Fabians Plänen für die Zukunft, dessen Vorfreude auf eine Ausbildung, dem Engagement als Schulsanitäter und beim THW. "Jeden Tag schaue ich auf die Stelle, wo mein Kind gestorben ist. Wir waren mal eine fröhliche, glückliche Familie. Jetzt schweigen wir uns an."