Angesichts von Engpässen bei der Kita-Versorgung regt CSU-Kreisvorsitzender Lange einen Ausbau der Kindertagespflege an.
Wer die Kindertagespflege Regenbogen sucht, wird in einem Mehrfamilienhaus in der Egelseestraße fündig. Nur das Klingelschild und ein Bataillon Kinderschuhe vor der Tür unterscheiden die Wohnung nach außen von den anderen. Doch drinnen stolpern einem gleich drei Kinder entgegen, zwei weitere finden sich im großen Spielzimmer. Natalie Kleimann bereitet gerade Waffeln für den Nachmittagssnack vor, ihr Mann Christian stapelt die nach dem Nachmittagsschlaf zurückgelassenen Bettchen. Auf 108 Quadratmetern wird kein Raum verschwendet, wenn man fünf eigene und fünf "fremde" Kinder in Vollzeit betreut. "Das ist schon eine Arbeit, die einen befriedigt, solange einem die Bürokratie keine Knüppel zwischen die Beine wirft", sagt Christian Kleimann, einer von zwei Tagesvätern in Bamberg.
Stolz präsentiert der Zwei-Meter-Mann eine zweistöckige Spielebene mit Küche, Werkstatt und Bällebad, die er selbst geschreinert hat, fachsimpelt über einen "richtigen" Bollerwagen, den er aus Holland bezogen hat. Nebenbei räumt er mit drei Kindern Bücher ein, registriert eine volle Windel und begrüßt drei Eltern. "Ich hätte das schon 20 Jahre früher machen sollen", sagt der 52-jährige frühere Verkäufer.
Angesichts langer Wartelisten bei den meisten Kindertagesstätten und vieler Eltern, die auf eine Lösung drängen, fordert nun CSU-Kreisvorsitzender Christian Lange, noch mehr Tagesmütter auszubilden. "Mir geht es in diesem Zusammenhang um drei Punkte: Wir müssen die Kinder von null bis zehn im Blick haben, möglichst viele Projekte der Kita-Offensive konkretisieren und bis dahin möglichst viele Tagesmütter ausbilden", schlägt Lange vor. In Bamberg gibt es derzeit 35 Tagesmütter und zwei Tagesväter, die insgesamt mehr als 80 Kinder betreuen.
Im Schnitt erhalten diese laut Jugendamt für eine 35- bis 40-stündige wöchentliche Betreuung eines Kindes unter drei Jahren rund 750 Euro im Monat. "Davon bleibt für einen Selbständigen die Hälfte, und dann muss man erst noch die Miete zahlen", sagt Tagesvater Kleimann.
Keine Werbung nötig
Seine neue Berufung hat er vor dreieinhalb Jahren gefunden, ließ sich mit seiner Frau Natalie, einer gelernten Kinderpflegerin, zu Tageseltern ausbilden. Weil beide die Erlaubnis zur Kindertagespflege haben und pro Person fünf Kinder betreut werden dürfen, würden sie gern in einer größeren Wohnung expandieren. Denn "wenn sie davon leben wollen, dann funktioniert das nur über die Anzahl der Kinder". Aber der Wunsch lässt sich nicht so leicht erfüllen. "Die meisten Vermieter wollen nicht so viele Kinder im Haus. Und als wir dann doch mal eine geeignete Wohnung gefunden hatten, wollte sich das Jugendamt die nicht mal anschauen, bevor wir nicht eine Nutzungsänderung beantragt hätten. Aber die kostet 1000 Euro", klagt Kleimann.
"Unser Sohn wird seit seinem ersten Geburtstag von Tageseltern betreut", sagt der freie Musikredakteur Michael Preis, dessen Frau Verena Obermayer Cellistin bei den Bamberger Symphonikern ist. "Diese Betreuungsform bietet unserer Erfahrung nach insbesondere für die Kleinsten einen geschützten Rahmen, wie man ihn sich kaum schöner wünschen kann: In unserem Fall kümmern sich zwei Erwachsene um fünf Tageskinder, dazu kommen nachmittags noch die Kinder der Tageseltern selbst", sagt Obermayer. Es sei so bedauerlich wie schwer verständlich, dass beim aktuellen Bedarf an Betreuungspersonal Tagesmütter und -väter nicht stärker gefördert werden.
"Die meisten Eltern kommen durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Werbung brauchen wir keine, momentan hat in Bamberg keine Tagesmutter einen Platz frei", sagt Christian Kleimann. "Aber wir sind untereinander vernetzt und haben eine Regionalgruppe der Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen gegründet."
Ich bin seit mehr als 7 Jahren TPP (Tagesmutter) in Bamberg. Wenn mehr Tagesmütter gebraucht werden (und das ist definitiv der Fall, ich denke da an all die Anrufe und Wartelisteneinträge aus meiner persönlichen Erfahrung), dann müssen auch erstmal die Rahmenbedingungen überdacht und ggf. verändert werden. Wer will schon das unternehmerische Risikos eines Selbstständigen tragen und dafür nicht leistungsgerecht bezahlt werden? Wir bekommen eine Aufwandsentschädigung, nicht mehr und nicht weniger. Von 750 € bei einer 35-40 h Stunden Betreuung bleibt nicht mal genug zum Rücklagen bilden. Urlaub, Krankheit, Krankheit des eigenen Kindes? Bitte nicht mehr als an 20 Tagen im Jahr... und alle, die mit Kindern arbeiten wissen, wie oft man angesteckt wird - von der harmlosen Erkältung bis zu sämtlichen Kinderkrankheiten. Und natürlich darf nicht jede Tagesmutter 5 Kinder aufnehmen, da gibt es Kriterien wie zB Wohnungsgröße (was ja auch Sinn macht). Wenn dann noch ein Kind nicht täglich kommt, sondern vielleicht nur 4 halbe Tage oder sogar nur 3... dann sinkt die Aufwandsentschädigung natürlich so tief, dass man davon nicht leben kann. Wer kann es also Interessenten verdenken, dass sie Abstand von der Idee nehmen, als TPP tätig zu werden?
Doch die andere Seite der Medaille: Es ist für mich so wunderbar und erfüllend, kleine Zwerge ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten, sie zu fördern und fordern, ihnen etwas beizubringen, etwas gemeinsam zu erleben und die Eltern zu entlasten. Zum Glück gibt es auch wunderbare Kollegen und Kolleginnen in Bamberg, die sich vernetzen und austauschen und auch mal ein offenes Ohr haben. Kindertagespflege ist vielschichtig und wunderbar!
Dummerweise ist der Kurs beim SkF in diesem Jahr schon gestartet und vermutlich werden wieder nur 2 oder 3 Tageseltern dazu kommen, im besten Fall. Kurzfristig ist die Frage nach Betreuung also nicht durch Tagesmütter zu lösen.
Das hast du treffend formuliert und auf den Punkt gebracht!!!
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Ich arbeite 38 Stunden / Woche zu Buchungszeiten, nicht enthalten sind: putzen, einkaufen, Dokumentation bzw Beobachtungsbögen ausfüllen, Elternbriefe schreiben sowie Kennenlerngespräche führen, all das geschieht in meiner Freizeit.
Dann mit 20 Tagen auszukommen ist fraglich. Um Krankheiten auszukurieren fehlt uns das Geld (keine Rücklagen). In fast 8 Jahren hatte ich insgesamt 5 Krankheitstage, was nicht heißt, dass ich nicht krank werde!!! Freilich könnte ich mehr Urlaub nehmen (laut Jugendamt), nur büße ich das am Ende des Jahres finanziell ein. Dieser Umstand ist für mich (und andere Kolleginnen/Kollegen) untragbar!!! Die rechtliche Lage dazu ist laut Anwalt eine Grauzone. Jede Stadt bzw Kommune darf ihr eigenes Süppchen kochen und entscheidet selbst was gewährt wird und was nicht.
Trotz der Kita-Offensive von Frau Giffey mit ihrem "Gute-Kita-Gesetz", in das die KTP fest eingebunden ist, glaube ich, dass am Ende nicht viel für uns übrig bleibt. Wir sind eine Randgruppe und das ist schade!!!
Um uns besser positionieren zu können, habe ich darum eine Regionalgruppe der Berufsvereinigung der Kindertagespflege e.V. gegründet. Es gibt noch viel zu tun, das hier ist ein Anfang!!!
Bei Fragen und Interesse stehe ich gerne zur Verfügung.
Claudia Gut
Am Hirschknock 4
96052 Bamberg
0951 / 39697
MfG
Hallo, mein Name ist Claudia Gut, ich bin seit 2011 freiberufliche Tagespflegeperson (TPP) in Bamberg.
Auch wenn ich die Überschrift nicht sehr gelungen finde, bedanke ich mich für diesen ausführlichen Artikel.
Ich bin kein Lückenfüller oder Notnagel !!! Die Kindertagespflege (KTP) ist eine gleichrangige Betreuungsform zu Krippe und Co. Die Eltern haben ein Wahlrecht und viele Familien entscheiden sich durchaus bewusst für die KTP.
Was macht die KTP aus? Wir bieten eine liebevolle, familiennahe und individuelle Betreuung. Bedürfnisorientierte, altersentsprechende und kindgerechte Förderung sind ein Merkmal der KTP. Auch wir haben einen Förderauftrag und nehmen diesen sehr ernst. Wir sind vom JA geprüft und verpflichtet, jährlich 15 Stunden an Fortbildungen teilzunehmen die das JA auswählt und vom Sozialdienst katholischer Frauen durchgeführt werden. Jede TPP benötigt eine gültige Pflegeerlaubnis vom jeweiligen Jugendamt. Das JA übernimmt die Kosten für die TPP und Eltern zahlen einen anteiligen Kostenbeitrag an das JA. Leider sind wir trotz Selbstständigkeit abhängig vom JA. Wir dürfen unsere Preise nicht selbst bestimmen, sondern bekommen dies vom JA. Es handelt sich hierbei nicht um eine leistungsgerechte Vergütung, sondern um eine Aufwandsentschädigung!!! Die Zuzahlung von Essensgeld und Spielgeld ist verboten, dies sei mit dem Sachaufwand abgedeckt. So ist es ist kaum möglich, Rücklagen zu bilden. Die Aussage des JA, man bekäme für einen 35-40 Std Platz etwa 750€ ist nicht zu Ende gerechnet!!! Die Aufschlüsselung würde hier den Rahmen sprengen, aber man könnte es mit einem Bruttolohn eines Angestellten vergleichen!!!
Mein persönlich größtes Problem sind die sogenannten Ausfalltage (Urlaub u. Krankheit). Aus verwaltungstechnischen Gründen zahlt das JA 20 Ausfalltage im Jahr fort, bis 31.12.14 waren es noch 30 Tage, diese wurden ohne Vorankündigung und Begründung gekürzt!!! Ab dem 21. Tag muss für jedes unter Vertrag stehende Kind zurück gezahlt werden!!!
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Sehr geehrte Frau Gut,
vielen Dank für Ihren Hinweis. Ich sehe Tageseltern keinesfalls als Lückenbüßer. Die Überschrift zielte vielmehr in Richtung des Vorschlags, bis zum erfolgten Kita-Ausbau mehr Tagesmütter auszubilden. Ich räume aber ein, dass meine ursprüngliche Überschrift auch anders verstanden werden konnte und habe sie daher ein wenig abgeändert.