Straßensanierung wird Millionen kosten

3 Min
Hier wurde eine Gasleitung quer durch einen Kanal verlegt. Auch dies brachte die Kamerauntersuchung ans Licht. Foto: privat
Hier wurde eine Gasleitung quer durch einen Kanal  verlegt. Auch dies brachte die Kamerauntersuchung ans Licht. Foto: privat

Die bis zu 50 Jahre alten Abflussleitungen sowie die Fahrbahnen Hirschaids sollen nach einem Zehn-Jahres-Plan saniert werden.

Jedem Kommunalpolitiker fallen schöne Projekte ein, die für 1,5 bis zwei Millionen Euro verwirklicht werden könnten. Hirschaid wird ein solches Finanzvolumen in Zukunft alljährlich benötigen, um die Orts- und Gemeindeverbindungsstraßen sowie die Regen- und Mischwasserkanäle zu sanieren und in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Wie viel Geld dafür tatsächlich erübrigt werden kann und nach welcher Prioritätenliste die Sanierungsmaßnahmen abgearbeitet werden, das freilich wird von Jahr zu Jahr vom Gemeinderat festgelegt.

Erst einmal dienten die vom Geschäftsführer des Strullendorfer Ingenieurbüros Sauer Harrer GmbH, Wolfgang Harrer, vorgetragenen Zustandsberichte über Straßen und Kanäle der Kenntnisnahme. Angesichts der steigenden Aufgaben und Ausgaben warf SPD-Gemeinderat Josef Haas die Frage auf: "Wie soll man das finanzieren?" Eine Antwort erhielt er nicht und gute Laune machte die neue Erkenntnis auch nicht.

Die Strullendorfer Ingenieure hatten zusammen mit der "Gesellschaft für Straßen-Analyse" 90 Kilometer Orts- und Gemeindeverbindungsstraßen sowie 50 Kilometer Anliegerstraßen unter die Lupe genommen und zahlreiche Schadstellen dokumentiert: Risse, Setzungen, Flickstellen, Bordsteinprobleme usw. Dabei bewertete Harrer den Allgemeinzustand der Hirschader Straßen noch als "insgesamt sehr gut". Trotzdem: All die ermittelten Schäden in einem Zeitraum von zehn Jahren zu reparieren, werde wohl elf Millionen Euro kosten, gab Harrer zu bedenken. Von den alljährlich anzusetzenden 820.000 Euro entfielen rund 170.000 Euro auf übergeordnete Straßen, das heißt auf Bund, Land und Landkreis.

"Nicht aus dem Bauch heraus"

Den Zeitwert der Straßen bezifferte das Büro mit 61 Millionen Euro. Je nachdem, wie viel die Gemeinde in die Sanierung investiert, steige der Wert auf bis zu 64 Millionen Euro oder er sinke. Für 2013 wurde schon mal eine Prioritätenliste entworfen. Sie enthält unter anderem die Gemeindeverbindungsstraßen Hirschaid-Friesen und Kleinbuchfeld-Trailsdorf, die Köttmannsdorfer Hauptstraße, die Ringstraße, die von-Soden-Straße, die Amlingstadter Straße und die Eichenstraße.

Durchkreuzt werden könnte diese Liste allerdings von möglicherweise vorrangigen Kanalsanierungsmaßnahmen in anderen Straßen. Dann würde sich die Erneuerung der Fahrbahnbeläge entsprechend verschieben. Wolfgang Harrer empfahl dringend, jährlich etwa 650.000 Euro für die Erneuerung der Gemeindestraßen anzusetzen. Mit dem Einsatz von einem Prozent des Straßenwertes könne der sonst drohende Verlust ausgeglichen werden.

Nicht "aus dem Bauch heraus"

Bürgermeister Andreas Schlund (CSU) zeigte sich dankbar für die Straßenzu standsbewertung, weil man die Sanierung nicht "aus dem Bauch heraus" angehen wolle, sondern nach einem sinnvollen Konzept. Wegen drohender Gefahren fürs Grundwasser und zur Verhinderung von Überschwemmungen gibt es bei der Kanalsanierung dringenden Handlungsbedarf.

Das Hirschaider Kanalnetz zählt über 120 Kilometer, 4800 Schächte und rund 8000 Grundstücksanschlüsse. Es ist über 30 bis zu 50 Jahre alt. Den "Wiederbeschaffungswert" bezifferte Wolfgang Harrer mit 70 bis 90 Millionen Euro. Nach der Untersuchung von etwa 75 Prozent der Abwasserkanäle mit Hilfe von Kamera-Befahrungen gab das Ingenieurbüro einen Zwischenbericht: Zahlreiche Risse, Rohrbrüche, Undichtigkeiten, Abflusshindernisse oder Rückstaus aufgrund von Versackungen wurden entdeckt.

Rechtsmittel einlegen

Ein großes Problem nannte Harrer das vielerorts eindringende Grundwasser. Den vordringlichsten Sanierungsbedarf sieht der Experte in der Regnitzau, in Friesen und Seigendorf sowie in Hirschaid Mitte. An mehreren Stellen des Kanalsystems erspähte "Kanal-TV" kreuzende Leitungen: Da haben andere Versorger (Gas, Strom, Telekom) ihre Rohre blind durch die Regenwasser- oder Mischwasserkanäle getrieben.

Damit etwaige Regressansprüche nicht verjähren, beauftragte der Marktgemeinderat auf Empfehlung von Kurt Bar thelmes (Freie Wähler) die Verwaltung, umgehend die erforderlichen Rechtsmittel einzulegen. Nach Auskunft von Wolfgang Harrer ist die Schadensabwicklung mit den Versorgungsunternehmen in der Regel unproblematisch.

Abflussschächte verbaut

Eine weitere unangenehme Überraschung bot der unterirdische Blick nach oben in der Hirschaider Hauptstraße. Hier wurden beim Straßenbau zahlreiche Regenwasser-Abflussschächte mit Holzbohlen und Betonschichten überbrückt und damit unbrauchbar. Auch hier soll umgehend Abhilfe geschaffen werden. Und auch der zu hohe Anteil an Fremdwasser in den Mischwasserkanälen macht den Verantwortlichen Sorge.

Bei einem Frischwasserverbrauch von 1900 Kubikmetern am Tag kommen bei Trockenwetter an der Hirschaider Kläranlage 2700 Kubikmeter verunreinigtes Wasser an, bei Regenwetter sogar die vierfache Menge. Das lässt darauf schließen, dass noch immer viele Regenrinnen und Dränagen unzulässig an die Mischwasserkanäle angeschlossen sind. Kontrolle tut not, erkannten die Gemeinderäte.

Die Sanierungskosten für die Schmutzwasserkanäle bezifferte Harrer mit 1,3 Millionen Euro. Die Regenwasserkanäle befänden sich in einem schlechteren Zustand und verschlingen voraussichtlich vier Millionen Euro. Auch hierzu empfahl der Fachplaner die Verteilung des Aufwands auf einen Zeitraum von zehn Jahren.

Gestartet werden sollte 2013 unter anderem mit der Suche nach Fehlanschlüssen an das Mischwassersystem, der Fortsetzung der TV-Inspektion der Abflussrohre in Sassanfahrt und Röbersdorf und einigen Sanierungen der Schmutzwasserkanäle. Beschlüsse zum weiteren Vorgehen vertagte der Marktgemeinderat bis zur nächsten Haushaltsberatung im Februar 2013.