Die deutschen Talente gewinnen Bronze bei der Europameisterschaft in Chemnitz. Wolfgang Heyder sieht viel Potenzial.
35 Jahre hat es gedauert, bis wieder einmal eine männliche deutsche Basketball-Nachwuchsmannschaft eine Medaille bei Europameisterschaften gewonnen hat. 1983 gewannen die Kadetten in der Ludwigsburger Rundsporthalle Bronze. Damals warfen die 16-jährigen Kai Nürnberger (lange Jahre Spieler beim TTL
Bamberg) und Michael Koch (bis 2016 Trainer in der Bundesliga bei Bonn und Bayreuth) Körbe für Deutschland. Beide wurden später Nationalspieler im Männerbereich.
Ob sich die Jungs, die am Sonntagabend in Chemnitz Bronze bei der U20-EM gewonnen haben, ebenfalls im Männerbereich durchsetzen? Vor 35 Jahren gab es in der Bundesliga einen Ausländer pro Team. Die Spieler heutzutage haben es schwerer, kämpfen in der Regel mit sechs nichtdeutschen Akteuren um Minuten auf dem Parkett.
Heyder fordert Einsatzzeit in der Bundesliga
Dennoch ist der EM-Delegationsleiter des Deutschen Basketball-Bundes, Wolfgang Heyder aus Bamberg, sicher: "Viele von den Jungs haben eine große Chance, in die Bundesliga zu kommen. Die Vereine müssen nur den Mut haben, diese Talente spielen zu lassen. Filip Stanic ist das beste Beispiel. Er war deshalb so konstant, weil er in der vergangenen Saison BBL spielen konnte. Er hatte im Schnitt fast 16 Minuten pro Spiel. So viel hat kein anderer in der U20-Nationalmannschaft gehabt. Das hat sich ausgezahlt. Wenn die Jungs die Chance bekommen, sehe ich viele künftig in der Bundesliga, wenn auch nicht bei Spitzenvereinen."
Der von seinem ehemaligen Club-Manager in Gotha so gelobte Stanic war beim 80:66-Sieg im Spiel um Platz 3 gegen Frankreich erneut der überragende Mann im deutschen Team. Der bullige Center dominierte unter den Brettern und erzielte 22 Punkte (7 Rebounds). Zusammen mit Kostja Mushidi wurde Stanic auch in die All-Star-Five gewählt. Das deutsche Duo markierte im Schnitt jeweils 13,6 Punkte über die sieben Turnierspiele.
Olinde trauert Gold nach
Louis Olinde von Brose Bamberg war mit durchschnittlich sieben Rebounds Teambester in dieser Kategorie und steuerte noch 7,3 Punkte pro Match bei. Der Flügelspieler war nach dem Turnier zwiegespalten: "Das ist ein tolles Gefühl mit der Medaille um den Hals. Andererseits haben wir den Europameister Israel geschlagen. Wir hatten es drauf, den Titel zu holen. Die Halbfinalniederlage gegen Kroatien war bitter." Für Olinde steht erst einmal Urlaub auf dem Programm, ehe es im August in Bamberg unter dem neuen Coach Ainars Bagatskis in die Vorbereitung geht.
Haßfurther mit starker Halbfinalleistung
Beim Bamberger Nils Haßfurther (Falcons Nürnberg), der mit 15 Punkten im Halbfinale gegen Kroatien eine herausragende Leistung zeigte, sich aber angesichts der 61:69-Niederlage nicht darüber freuen konnte, ist die sportliche Zukunft noch offen. Er habe Angebote von einigen Vereinen, auch aus der Bundesliga, sagte der noch dem jüngeren U20-Jahrgang (1999) angehörende Aufbauspieler. Mehr wollte er nicht verraten. "Es fühlt sich gut an, mit einem Sieg das Turnier zu beenden, mit Bronze nach Hause zu gehen und ein bisschen Geschichte geschrieben zu haben, nach 35 Jahren wieder eine Medaille für Deutschland gewonnen zu haben."
Freudentränen beim Präsidenten
Auch in der deutschen Funktionärsriege war die Freude groß. DBB-Präsident Ingo Weiss hatte nach der Schlusssirene Tränen in den Augen. "Ich freue mich für die Jungs. Das ist nach vielen Jahren harter Arbeit der verdiente Lohn. Das Spiel um Platz 3 war nach der knappen Halbfinalniederlage eine Frage der Mentalität. Und die Jungs sind sehr stark zurückgekommen, haben einen Rückstand wettgemacht und gegen starke Franzosen gewonnen. Da darf man auch mal eine Freudenträne verdrücken", sagte Weiss. Der DBB-Vizepräsident für Leistungssport, Armin An-dres, schnaufte nach dem Triumph über die Franzosen tief durch, als ob er selbst mitgespielt hätte. Der Bamberger lobte die Moral der Mannschaft, die den 26:35-Rückstand im zweiten Viertel wettgemacht und über eine starke Abwehr das Spiel gedreht habe. "Das Team hat einen unglaublichen Charakter gezeigt und ein Zeichen für die Zukunft gesetzt", so der langjährige Na-tionalspieler und Trainer.
Israel holt sich den Titel
Im Finale setzten sich die Israelis souverän mit 80:66 gegen Kroatien durch und holten den ersten internationalen Titel für ihr Land. Mit Yovel Zoosman (17 Punkte, 11 Rebounds im Finale) stellte Israel den wertvollsten Spieler (MVP) des Turniers. Der 20-Jährige bekam bei Maccabi Tel Aviv in der vergangenen Saison in 14 Euroleague-Spielen bereits acht Minuten pro Partie Einsatzzeit.