Brose Bamberg läuft seinen Ansprüchen hinterher

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Ein Bild mit Symbolcharakter: Der Bamberger Aufbauspieler Paris Lee wird vom elf Jahre älteren Will Hatcher geschlagen, Brose-Coach Roel Moors nimmt es im Hintergrund mürrisch zur Kenntnis. Foto: championsleague.basketball
Ein Bild mit Symbolcharakter: Der Bamberger Aufbauspieler Paris Lee wird vom elf Jahre älteren Will Hatcher geschlagen, Brose-Coach Roel Moors nimmt es im Hintergrund mürrisch zur Kenntnis.  Foto: championsleague.basketball

Die Bamberger haben ihr angepeiltes Minimalziel in der Champions League, das Erreichen des Achtelfinales, verpasst. Trainer Roel Moors sieht sein Team weiter in einem "Findungsprozess", doch die Entwicklung lässt auf sich warten.

"Wir sind immer noch in einem Findungsprozess, aber ich weiß, dass dieser schnell voranschreiten muss und wir Ergebnisse liefern müssen", sagte Brose-Trainer Roel Moors wenige Minuten nach der bitteren 75:78-Niederlage in Peristeri. "Heute haben wir nicht das Ergebnis bekommen, das wir wollten." Das siebte "ungewollte Ergebnis" im 13. Spiel auf internationalem Parkett beendete am Dienstagabend die letzten Bamberger Hoffnungen auf das Achtelfinale in der Champions League.

Nach dem Halbfinal-Aus im BBL-Pokal gegen Alba Berlin vor drei Wochen ist nun auch die zweite Titelchance für Brose Bamberg dahin. Der neuerliche Final-Four-Einzug war nach dem Drücken des Reset-Knopfs im vergangenen Sommer nicht unbedingt zu erwarten, aber zumindest am Minimalziel Achtelfinale müssen sich die Bamberger Verantwortlichen messen lassen. "Ein Platz unter den ersten Vier in der Gruppe ist unser Ziel", gab Sportdirektor Leo De Rycke noch vor der Saison aus.

Ursachenforschung hinsichtlich des verpassten Ziels wollte Moors am Dienstagabend noch nicht betreiben - zu frisch war die Wunde nach der wieder einmal unnötigen Niederlage im Vorort Athens: "Wir müssen erst versuchen, diese Niederlage zu verstehen. Dann können wir darüber reden, was in der Champions League gefehlt hat, um in die nächste Runde einzuziehen."

Wieder den Start verschlafen

Gefehlt hat den Bambergern in nahezu allen Partien die Konstanz über 40 Minuten. Dass das neu formierte Brose-Team in engen Schlussphasen regelmäßig die Nerven verliert und schlechte Entscheidungen trifft, ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass man sich vor allem auswärts durch katastrophale Anfangsminuten die Chance nimmt, eine Partie zu kontrollieren und auch einmal frühzeitig zu entscheiden. 3:22 lagen die Bamberger in Prag bei ERA Nymburk zurück, 7:20 bei Mornar Bar, und auch am Dienstag in Peristeri ging der Start mit dem 0:9 aus Bamberger Sicht kräftig in die Hose.

Lee warf den Ball in die erste Zuschauerreihe, Louis Olinde verlor beim Dribbeln das Gleichgewicht und Christian Sengfelder "parkte" zu lange in der Zone: Brose war in den Anfangsminuten schlichtweg nicht bereit für das bislang wichtigste Spiel der Saison.

Die für Moors ungewohnt frühe erste Auszeit nach 150 Sekunden fruchtete. Der Bamberger Trainer forderte mehr Aggressivität in der Verteidigung und geduldigeres Ausspielen der Offensivsysteme - beides führte seine Mannschaft bis zur Halbzeit ordentlich aus.

Dazu arbeitete Bamberg hervorragend am offensiven Brett: Elias Harris (13 Punkte, sechs Rebounds) und Assem Marei (13 Punkte, sieben Rebounds) waren mit dem Rücken zum Korb kaum zu stoppen.

Ballverluste bauen Griechen auf

Am auffälligsten agierte allerdings Kameron Taylor, der nach einigen schwächeren Spielen in der Offensive sofort seinen Rhythmus fand (18 Punkte, 7/13 aus dem Feld) und den einen oder anderen Fastbreak initiierte. Das emotionale Hoch, das Taylor mit einem akrobatisch verwandelten Korbleger und einem Tip-in in den letzten 40 Sekunden des zweiten Viertels erzeugt hatte, nahmen die Bamberger mit in den zweiten Durchgang. Lee besorgte mit einem Dreier die erste Gästeführung (49:50) nach 25 Minuten und setzte nur zwei Angriffe später mit einem Distanztreffer aus rund acht Metern, bei dem er gefoult wurde, noch einen drauf. Die Fäuste waren geballt, die Weichen beim 50:56 auf Auswärtssieg gestellt.

Kameron Taylor und Lee hätten den Vorsprung ausbauen können, doch stattdessen leisteten sich die Bamberger Ende des dritten Viertels drei Ballverluste (insgesamt 15) innerhalb von zwei Minuten und bauten die Griechen durch diese Nachlässigkeiten wieder auf (59:58). "Wir haben uns letztlich zu viele Fehler beziehungsweise Ballverluste geleistet und zu schlecht von der Freiwurflinie geworfen, um ein solches Spiel zu gewinnen", resümierte Moors. Seine Mannschaft dominierte zwar den Rebound (39:30), hatte defensiv aber wenig Antworten auf das athletische Center-Duo Kingsley Moses (14 Punkte, 4/5 aus dem Feld) und Yanick Moreira (20, 8/11).

Gastgeber haben an sich geglaubt

Als Peristeri, das auf seine beiden 35-jährigen verletzten Routiniers Panagiotis Vasilopoulos und Vassilis Xanthopoulos verzichten musste, beim 72:75 mit dem Rücken zur Wand stand, übernahm Flügelspieler Steven Gray mit fünf Punkten in Folge. "Es macht nichts aus, wenn man einige Punkte zurückliegt, solange noch genug Zeit auf der Uhr ist und man weiterkämpft und an sich glaubt. Und genau das haben wir getan", sagte der Angolaner Moreira nach der Partie.

Genügend Zeit für gute Abschlüsse hatte Bamberg in seinen beiden letzten Angriffen des Spiels. Doch trotz zweier Auszeiten von Moors war die von den Coaches vielbeschworene "Execution", also die Ausführung der aufgezeichneten Spielzüge, mangelhaft.

Während Tyrese Rice (mittlerweile bei Panathinaikos), der die Partie gemeinsam mit Augustine Rubit (Olympiakos) in der Halle verfolgte, dem Brose-Team in der vergangenen Champions-League-Saison noch das eine oder andere Spiel im Alleingang rettete, ließ Nachfolger Lee einmal mehr Führungsqualitäten vermissen.