Die Italiener schwächeln in der heimischen Liga, hoffen im Final Four der Champions League aber auf den großen Wurf.
Mit Virtus Bologna wartet ein ehemaliges Schwergewicht des europäischen Basketballs im Halbfinale auf die Brose-Basketballer, das nach dem zwischenzeitlichen Absturz in die zweite italienische Liga in den nächsten Jahren sowohl national als auch international wieder oben mitmischen will. Vergangenheit: Nächstes Jahr kann Virtus Bologna auf eine 100-jährige Basketballtradition zurückblicken: 15 nationale Meisterschaften und acht Pokalsiege lautet dabei die Ausbeute. Am erfolgreichsten waren die Norditaliener um die Jahrtausendwende. Unter dem damaligen Namenssponsor "Kinder" gewann Bologna in der Spielzeit 2000/01 die erste Auflage der Euroleague, holte dazu noch die beiden nationalen Titel. Zwei Jahre später dann aber der große Einschnitt: Nach wirtschaftlichen Problemen folgte ein Zwangsabstieg, doch schon 2005 war Virtus nach einer Lizenzübertragung zurück in Italiens Liga Nummer 1. Letzter großer Erfolg war der Gewinn der Fiba-Eurochallenge, dem Vorgängerwettbewerb der Champions League, vor zehn Jahren. Gegenwart: Nachdem Bologna in der vergangenen Spielzeit die Play-offs in Italien als Tabellenneunter knapp verpasst hatte, war der Sprung unter die besten acht Teams diesmal fest eingeplant. Als Tabellenelfter (14 Siege, 15 Niederlagen) bei nur noch einem verbleibenden Spiel wird dieses Ziel aller Voraussicht nach wieder verpasst. International lief für Virtus dagegen alles nach Plan. Die Italiener errangen mit zehn Siegen und vier Niederlagen Platz 1 der Gruppe D (unter anderem mit Medi Bayreuth) und setzen sich im Anschluss in der K.-o.-Runde gegen die beiden französischen Vertreter Le Mans und Nanterre durch. Der Trainer: Nach drei Liganiederlagen in Folge und dem 74:74 im Achtelfinal-Hinspiel in Le Mans sahen die Verantwortlichen die Saisonziele in Gefahr und stellten Trainer Stefano Sacripanti frei. Mitte März übernahm Aleksandar Djordjevic, der nach seiner Entlassung ein Jahr zuvor beim FC Bayern Basketball vereinslos war, das Ruder bei Virtus. Unter dem serbischen Nationaltrainer, der Mitte der 90er Jahre drei Saisons für den Stadtrivalen Fortitudo spielte, stabilisierte sich zwar die Verteidigung der Italiener, doch von seiner Spielidee des team-orientierten Offensivbasketballs ist bisher nur in Ansätzen etwas zu sehen. Unabhängig vom Ausgang des Final Four ist davon auszugehen, dass Djordjevic in Bologna bleibt und in der kommenden Saison ein Team nach seinen Wünschen zusammenstellen darf. Laut italienischen Medien wird sogar Milos Teodosic (zuletzt LA Clippers/NBA), Djordjevics verlängerter Arm in der Nationalmannschaft, als Neuzugang gehandelt. Virtus möchte seinen Etat jedenfalls aufstocken und macht sich trotz des mäßigen Abschneidens in der nationalen Liga Hoffnungen auf eine Eurocup-Wildcard. Der Kader: Mit dem zweifachen NBA-Champion Mario Chalmers (745 NBA-Partien) angelte sich Bologna Anfang März einen großen Fisch, der bislang noch einiges schuldig bleibt. Die Auftritte des 32-jährigen Point Guards im Achtel- und Viertelfinale der Champions League waren durchwachsen (8,3 Punkte pro Spiel, 30 Prozent Trefferquote), in der heimischen Liga musste Chalmers in den letzten drei Partien aufgrund der Ausländerregelung sogar pausieren. Ein ähnliches Schicksal ereilt auch den Ex-Bayreuther Center Brian Qvale (8,7 Punkte, 4,8 Rebounds), der unter Djordjevic keinen leichten Stand hat. Der Serbe setzt vermehrt auf seinen Landsmann und 2,15-Meter-Mann Dejan Kravic, der etwas flinker auf den Beinen ist. Flink ist auch der Backcourt von Virtus mit Spielmacher Tony Taylor (4,3 Assists) und Shooting Guard Kevin Punter (15,1 Punkte), der ähnlich wie Tyrese Rice auf Bamberger Seite den Ball in den entscheidenden Momenten in den Händen hält und kreative Lösungen finden soll. mg