Guerilla-Aktion in Bamberg: Initiative stellt Schild auf - Stadt reagiert wohlwollend

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Foto: Radentscheid
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Foto: Sebastian Schanz
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Foto: Sebastian Schanz
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Die Initiative Radentscheid hat am Schönleinsplatz eigenmächtig ein Straßenschild aufgehängt, um Autofahrer dazu zu bringen, Abstand zu halten. Die Stadt will die Idee aufgreifen und ähnliche Hinweise an Bushecks anbringen.

Um ihre Interessen zu vertreten, greifen die Bamberger Radaktivisten mitunter zu ungewöhnlichen Mitteln. Die neueste öffentlichkeitswirksame Maßnahme: eine "Guerilla-Aktion" am Schönleinsplatz. Die Initiative Radentscheid hat ein grün-weißes Schild aufgehängt. Eigenmächtig. Die Botschaft: Motorisierte Verkehrsteilnehmer müssen Abstand halten zu Fahrradfahrern. Die Reaktion der Stadt: Wohlwollen. Man werde die Idee aufgreifen, verspricht Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar. Das grüne Schild haben die Aktivisten wieder abgehängt, die Idee soll bleiben.

"Autos dürfen Radfahrende bei Gegenverkehr nicht überholen, da sie für den Überholvorgang auf die Gegenfahrbahn ausweichen müssen." Auf diese einfache Botschaft lässt sich laut Radentscheid-Initiator Christian Hader das sogenannte faktische Überholverbot reduzieren, das durch den gerichtlich festgestellten Mindestüberhol-Abstand von 1,5 Metern bedingt wird. Da dies jedoch die wenigsten Verkehrsteilnehmer wüssten, hat die Initiative Radentscheid Bamberg nun eine Idee aus anderen Städten aufgegriffen - und selbst ein Verkehrsschild montiert, das auf jenen Mindestüberholabstand hinweisen soll.

Christian Hader erklärt, wie es zu der Aktion kam: "Seit knapp zwei Jahren versuchen wir bei der Stadt Bamberg auf die Problematik des häufig zu geringen Überholabstandes aufmerksam zu machen. Wie bei vielen anderen Dingen, ist auch hier bisher nichts auf der Straße angekommen, so dass wir nun in

die Offensive gegangen sind."

In Form einer Wette forderte die Initiative die Stadt heraus: "Wir wetten, dass es die hauptamtliche Verwaltung bis zum 20. März nicht schafft, mindestens zehn solcher Schilder im Stadtgebiet anzubringen."

Die Stadt geht auf die Wette nicht ein. Die Idee mit den Schildern will sie jedoch aufgreifen. "Ein großzügiger Abstand beim Überholen von Fahrradfahrern sorgt für deutlich mehr Sicherheit. Wir begrüßen und unterstützen alle Initiativen, die dazu beitragen", sagt Stadtsprecherin Siebenhaar.

Große Hingucker

Eine Idee des Radentscheids, einen solchen Hinweis in Echtgröße, also 1,5 Meter breit, hinten auf Bussen anzubringen, soll nun verwirklicht werden. Die Verwaltung ist auch schon relativ weit, was die Vorarbeit betrifft. Auch mit den Stadtwerken ist die Aktion bereits abgestimmt. Derzeit werde geprüft, ob eine kleinere Vorlage auch im unteren Heckfensterbereich angebracht werden kann. "Diese könnte dort eventuell auch dauerhaft bleiben", erklärt Siebenhaar. Die Druckvorlage und das Schild wurden an das Stadtplanungsamt übergeben und sofort in der Routine Verkehr vorgestellt - einer internen Besprechungsrunde mit Polizei, Straßenverkehrsamt, Entsorgungs- und Baubetrieb sowie Stadtplanungsamt. Ergebnis: Nach erster Einschätzung spricht nichts gegen eine Beschilderung, wenn diese konform zur Straßenverkehrsordnung passiert. Schön wäre auch ein "Danke!" auf dem Schild, so ein Optimierungsansatz, der formuliert wurde.

"Auch hätten wir es schön gefunden wenn die Radaktivisten vorher mit uns gesprochen hätte. Aber dann wäre es natürlich keine Guerilla-Aktion mehr gewesen", sagt Siebenhaar zu dem Thema. ?

Interview:

Wie ist das mit dem Abstandhalten im Straßenverkehr? Wir haben dazu Ines Schellmann, Verkehrs-Sachbearbeiterin bei der Polizei Bamberg Stadt, gefragt.

Stimmt es, dass Autofahrer 1,5 Meter Abstand zu Radfahrern einhalten müssen, wenn sie sie innerorts überholen? Prinzipiell ist es so, dass es keine gesetzliche Regelung gibt, die feste Maße vorschreiben würde. In der Straßenverkehrsordnung steht lediglich: "Beim Überholen muss ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere zu den zu Fuß Gehenden und zu den Rad Fahrenden, eingehalten werden." Im Rahmen der höchstrichterlichen deutschen Rechtssprechung haben sich jedoch einige Abstandsvorgaben als Richtwert herauskristallisiert - in diesem Fall eben jene 1,5 Meter. Bei Radfahrern muss der Vorbeifahrende immer mit möglichen Seitwärtsbewegungen rechnen.

Wie ist es außerorts? Auch hier gibt es keine Pauschalmaße - außerdem hängt das von der Geschwindigkeit ab. Eine Gefährdung muss ausgeschlossen werden.

Wie viel Abstand muss ein Autofahrer zu einem Radfahrer einhalten, wenn auf dem Rad oder in einem Anhängerwagen Kinder mitgeführt werden? Hier verschärft das Gesetz die Forderungen nach einem Sicherheitsabstand noch einmal. In der Straßenverkehrsordnung heißt es dazu: "Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist." Je jünger ein Kind, desto mehr muss man mit unerwarteten Reaktionen rechnen und entsprechend Abstand halten. Auch wenn diese in einem Anhänger sitzen.

Wie viel Abstand müssen Radfahrer zu Autofahrern einhalten? Auch Radfahrer müssen ausreichend Abstand halten. Wer auf dem Fahrrad an einem geparkten Pkw vorbeifährt, muss damit rechnen, dass eine Tür geöffnet wird. Hier geht man von einem Meter aus. Im Fließverkehr kommt es immer auf die Situation an.

Dürfen Radfahrer an der Ampel rechts an den Autos vorbei bis ganz vorfahren? Ja, aber nur am rechten Fahrbahnrand, nicht auf anderen Fahrstreifen. Am Schönleinsplatz in Bamberg zum Beispiel auf dem Mittelstreifen geradeaus bis ganz vor fahren und dann gerade in die Lange Straße - das geht nicht. Ganz rechts, bei genügend Platz und mit angemessener Geschwindigkeit: Ja.

Müssen Radfahrer den separaten Radweg benutzen, wenn es einen gibt? Wenn er blau beschildert ist, ja. Für alle Radfahrer ab zehn Jahren gilt: Wo eines der drei Verkehrsschilder - Radweg, gemeinsamer Geh- und Radweg oder getrennter Geh- und Radweg - steht, muss man auf dem Radweg fahren. Wo ein solches Schild nicht steht, darf der Radfahrer auch auf der Fahrbahn fahren.