Eine blutige Schlägerei in der Langen Straße in Bamberg stand gestern an Tag sieben des Neonazi-Prozesses im Mittelpunkt. Dabei sollen alle vier Angeklagten aktiv beteiligt gewesen sein - auch Jennifer P.
Die 39-jährige Mutter von zwei Söhnen war im bisherigen Prozessverlauf eher als passive Kraft beschrieben worden. Als Ortsvorsitzende der Partei Die Rechte hat sie zwar den Ton angegeben - bei den handfesten Auseinandersetzungen mit den verhassten Linken blieb sie jedoch im Hintergrund.
Nicht so in jener Nacht nach Christi Himmelfahrt 2015 gegen 2 Uhr: Damals hat Jennifer P. (Namen geändert) laut Zeugenaussagen selbst geschlagen und getreten. Besonders beeindruckt schien sie gestern von den Anschuldigungen nicht zu sein: Während der Aussagen kicherte sie in Richtung ihrer "Kameraden", rollte mit den Augen oder flüsterte in Richtung des Mitangeklagten Peter F.: "Ist das ein Trottel."
Der so Betitelte erzählte währenddessen, wie er damals mit seinen Begleitern am Bankautomaten in der Langen Straße erst angepöbelt und dann mit einer Flasche beworfen worden sei. Eine junge Frau wurde dabei am Fuß verletzt. Startschuss für eine Schlägerei, bei der laut Anklageschrift alle vier Mitglieder der "Weisse Wölfe Terrorcrew" Bamberg die drei jungen Männer angegriffen und einen massiv verdroschen haben.
"Das war wahnsinnig aggressiv. Ich war geschockt von dieser Brutalität", berichtete die Zeugin, die sich eine Glasscherbe im Fuß zugezogen hatte. Besonders beängstigend für die Lehrerin: Selbst als eines der Opfer am Boden gelegen habe, hätten die Angreifer weiter auf ihn eingetreten. Alles führte in einen großen Tumult. "Es war ein großer Hexenkessel", berichtete später ein Polizeibeamter. Die Staatsschutzkammer des Landgerichts steht vor der schweren Aufgabe, zu rekonstruieren, wer vor über drei Jahren zugeschlagen hat.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Oliver B. oder Peter F. die Flasche geworfen hatte, um bewusst eine Schlägerei anzuzetteln. Für Oliver B. nicht die erste blutige Auseinandersetzung an diesem Abend, wie bei Verhandlungstag fünf am Dienstag deutlich geworden war. Nach einem Treffen Rechtsradikaler aus Nah und Fern in Bamberg trafen am 15. Mai betrunkene Neonazis auf die drei jungen Diskobesucher, die sie für Mitglieder der Antifa hielten. Was sie offenbar nicht wussten: Zwei davon waren Polizisten, die privat unterwegs waren.
Als die beiden Beamten ihren Beruf preisgaben, kauften die vier Angreifer ihnen das nicht ab. Thorsten P., der mutmaßliche bayerische Sektionsführer der "Weissen Wölfe Terrorcrew", hat laut Anklageschrift jedenfalls nicht lange gefackelt und zugeschlagen. Zuvor hatte er sich extra Handschuhe angezogen. Damit traf er einen der Männer im Gesicht. Nur einer von vielen Schlägen, die in dieser Nacht von ihm verteilt wurden.
Einer der Angegriffenen lief mit dem Handy weg, um die Polizei zu rufen. Das wollte Jennifer P. verhindern: "Sie schrie ihn wütend an, dass er das unterlassen solle. Schließlich versetzte sie ihm mehrere Faustschläge, so dass dieser zu Fall kam", heißt es in der Anklageschrift. "Auch die Angeschuldigten Thorsten P. und Peter F. griffen den am Boden liegenden Geschädigten an und versetzten diesem mehrere Fußtritte." Der sportliche Mann kauerte sich zum Schutz in Embryonalstellung auf dem Boden zusammen.