Mit 88 Jahren: Letzter Schmied der Stadt muss Familienbetrieb nach mehreren Jahrhunderten aufgeben

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Bereits seit mehreren Generationen ist die Schmiede in Hallstadt im Besitz der Familie. Auch Erwin Leimbach geht dem Handwerk mit Leidenschaft nach - trotzdem soll damit bald Schluss sein.

Es ist 9.30 Uhr in Hallstadt. Vor dem Haus rauschen die Autos vorbei, aus der Werkstatt dringen mechanische Geräusche nach draußen. Es wird geschliffen und gehämmert - dann öffnet Erwin Leimbach, der letzte Schmied Hallstadts (Landkreis Bamberg) die Tür. Er müsse nur noch schnell etwas fertig machen, schließlich seien noch ein paar Bestellungen offen. Wie viele? "Zehn Beggfreedla und Haggfreedle", sagt Leimbach beim Besuch von inFranken.de. Um die Gartengeräte zum Unkrautjäten herzustellen, benötige er circa zwei bis drei Tage. Das müsse jedoch nicht alles sofort sein.

Für Leimbach ist die Arbeit längst Routine. Seit er 14 ist, steht er am Amboss, erzählt er - mittlerweile ist der Schmied 88 Jahre alt. Übernommen hat er die Schmiede von seinem Vater - und dieser übernahm sie vom Großvater. Seit mehr als 300 Jahren gibt es den Betrieb laut Leimbach nun schon - allerdings nicht mehr lange. In circa zwei Monaten soll Schluss sein. Dann wolle er die Schmiede gemeinsam mit seiner Frau Monika und seinem Steuerberater offiziell abmelden. Schon jetzt nehme er keine großen Aufträge mehr an. Auch ein Schreiner in Hof schloss vor einigen Wochen seinen Betrieb - und das nach 67 Berufsjahren.

Landkreis Bamberg: Letzter Schmied Hallstadts geht in den Ruhestand 

Stillstehen soll die Schmiede allerdings auch in Zukunft nicht - hobbymäßig wolle er weiterhin am Amboss stehen. Dabei war der Beruf für Leimbach nicht immer eine Leidenschaft. Den Traum, Schmied zu werden, hatte er nie, erzählt er lachend. "Du bist da, du musst das machen", sei damals eher das Credo seines Vaters gewesen. Zwar war Leimbach nicht das einzige Kind - doch sowohl sein Bruder als auch seine Schwester entschieden sich früh gegen den Schmiedeberuf und gingen eigene Wege. Auf ihre Hilfe konnte sich der heute 88-Jährige dennoch verlassen.

Besonders nach dem Tod des Vaters im Jahr 1965 sei diese für ihn unverzichtbar gewesen. "Mit den Büchern kannte ich mich nicht aus", erzählt er. Hätten Schwester und Bruder ihn bei der Buchhaltung und den Finanzen nicht unterstützt, hätte er die Schmiede nicht fortgeführt, sagt er heute. Mittlerweile kann er sich das Leben ohne das Handwerk gar nicht mehr wirklich vorstellen. Auch an den Ruhestand hat Leimbach lange nicht gedacht. "Ich hab' meine Freud' daran gehabt, deshalb hab ich so lange weitergemacht", erzählt er.

Die Arbeit am Amboss hat sich im Laufe der Jahre allerdings stark verändert. Zu Beginn seien Hufeisen das Hauptgeschäft gewesen - eines davon sei sogar sein Gesellenstück gewesen. Wichtige Kunden waren vor allem die Landwirte der Region - doch auch die Zahl dieser sank mit den Jahren. Daraufhin konzentrierte sich der Schmied immer mehr auf Schlosserarbeiten, später dann auf Gartengeräte. Diesen ist Leimbach bis heute treu geblieben. Die Aufträge seien nach wie vor da - schließlich gebe es nicht mehr viele, die das Handwerk noch ausführen. Dadurch sei auch das Interesse an seiner Arbeit groß: Bereits in der Vergangenheit hätten ihn Kindergartengruppen besucht, um sich seine Arbeit anzusehen. 

"Jeder Tag ein geschenkter Tag": Erwin Leimbach freut sich auf den Ruhestand

Dass die Schmiede nicht weitergeführt wird, habe er lange nicht vermutet. "Ich habe immer gedacht, mein Sohn übernimmt", sagt Leimbach. Der allerdings habe studiert, arbeite jetzt in der IT-Branche und lebe in Düsseldorf. Auch seinen vierjährigen Enkelsohn wollte der Schmied bereits vom Handwerk überzeugen. "Aber der sagt nur nein, nein", erzählt er lachend. Traurig sei er trotzdem nicht, die Arbeit nun niederzulegen.

Immerhin gebe es genug, worauf sich der 88-Jährige freuen könne. Darauf, sein E-Bike öfter auszuführen beispielsweise, oder auf vermehrte Saunagänge und Schwimmausflüge. Konkrete Pläne habe er allerdings nicht: "Planen kann man in unserem Alter nicht mehr so wirklich. Da ist jeder Tag ein geschenkter Tag", begründet der Schmied. Mehr Nachrichten aus dem Kreis Bamberg findest du in unserem Lokalressort. 

Vorschaubild: © Ellen Schneider / inFranken.de