Zu den Schattenseiten des Anti-Winters gehört ein Phänomen, das zum Himmel stinkt: Auch außerhalb der großen Städte konzentrieren sich die Luft-Schadstoffe. Besonders der Feinstaub wird zum Problem. Auch im ländlichen Franken.
Die Bilder aus den Großstädten Chinas gehen um die Welt: Vermummte Gestalten kämpfen sich durch in gelben Nebel gehüllte Straßen. Der Smog raubt den Menschen buchstäblich die Luft zu Atmen.
Verglichen mit den Werten in Fernost, die oft um mehr als das Zehnfache höher liegen als das in Europa erlaubte, ist Franken geradezu ein einziger Luftkurort. Und doch: Die Messungen des Landesamtes für Umwelt (LfU) in Augsburg weisen in Franken einige Hotspots für "dicke Luft" aus. Insbesondere der gefährliche Feinstaub verhält sich gänzlich anders, als der Laie vermutet: Der Dreck, den Fabriken, Kraftwerke und Autos in die Luft pusten, ballt sich nicht nur in den Ballungszentren.
Am dicksten ist die Luft in Bayern trotzdem meistens erwartungsgemäß in und um München. In Franken zählt die Region Nürnberg zu den atemberaubendsten Gebieten. In München wurde heuer bereits sechsmal der Grenzwert für die Feinstaubbelastung in der Luft (50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) überschritten, in Nürnberg fünfmal. Nur wenig dahinter rangieren die LfU-Messstellen in Bamberg (Löwenbrücke), Fürth und in Würzburg mit jeweils viermal Feinstaub-"Alarm".
Unberechenbarer Staub Wie (un)berechenbar sich der Feinstaub verhält, zeigt sich in Würzburg exemplarisch. Dort werden am Stadtring weitaus häufiger Überschreitungen gemessen als einen Steinwurf weiter an der Uni-Klinik.
Generell, so ein Sprecher des LfU, nimmt die Feinstaub-Belastung der Luft seit Jahren ab. In Bamberg etwa lagen die Spitzen Messwerte bis in die 90er Jahre immer wieder weit über 50 bis nahe 100 Mikrogramm. Jetzt sind die Ausreißer seltener und die Ausschläge weniger hoch. In den letzten Tagen wurde trotz austauscharmer Wetterlage nur einmal der Grenzwert erreicht (2. Februar, 50 Mikrogramm).
"Es sind die Umweltauflagen, die greifen", erklärt der Experte. Der Feinstaub, der von der aktuellen Generation der Messgeräte erfasst wird, stimmt zu jeweils einem Drittel aus Industrieanlagen und Kraftwerken, aus dem Straßenverkehr und der privaten Heizung. Über die Grenzwerte wird laufend diskutiert: Derzeit gelten 50 Mikrogramm, die EU rät zu 25 Mikrogramm, gestaffelt nach der Größe der Partikel: je feiner, desto gefährlicher. Die Messtechnik hinkt dem noch hinterher.
Alle Daten findet man tagesaktuell auf den Internetseiten des Landesamtes für Umwelt:
www.lfu.bayern.de
Unter dem damaligen Bundesumweltminister Töpfer war der Gedanke aufgekommen: Wir versuchen nicht, irgendwelche mehr oder weniger willkürlich festgesetzten Grenzwerte soeben noch zu unterschreiten. Das darf nur die letzte Schwelle sein. Wir tun von Anfang an alles, um den Schadstoffausstoß weitestgehend zu minimieren. Vorsorgeprinzip hieß das.
Leider ließ sich der Gedanke nicht durchsetzen - und ich glaube bis heute, daß Prof. Klaus Töpfers Rückzug aus der Bundespolitik damit im Zusammenhang steht. Grenzwerte sind immer ein Kompromiß zwischen dem, was möglich ist, und dem, was man den Verursachern an Auflagen zumuten zu können glaubt. Schädliche Folgen für die menschliche Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen werden in Kauf genommen.
Der Straßenverkehr ist ein excellentes Beispiel: In Brüssel kämpft die Kanzlerin für antiquierte Technik, damit gegen zukunftsfähige Arbeitsplätze und gegen die Interessen der jetzigen wie auch der nächsten Generation. Im eigenen Land gilt nach wie vor: Nur vier Räder mit Motor werden als Verkehr, als Mobilität anerkannt. Fußgänger? Radfahrer? Neuland! Daß manche Straßen die Luft zum Atmen nehmen, kaum ein Gespräch zulassen und nur unter Inkaufnahme von wahlweise Lebensgefahr oder großen Umwegen zu überqueren sind - in der Dienstlimousine kein Problem!