Ein 40-Jähriger ist im Januar in die Wohnung seiner Mutter eingedrungen. Er wollte Beweise finden, ob er ihr leiblicher Sohn ist. Doch das reichte ihm nicht: Er raubte sie auch noch aus. Wie sich herausstellt, leidet er unter einer Psychose.
Hilmar U.* hat es geahnt. Und später hat sich für ihn bestätigt, warum ihn seine Mutter immer schlechter behandelt hat als seine Geschwister. Er hat Hinweise gefunden, dass er, der Nachzügler in der Familie, gar nicht der Sohn seiner Mutter ist. Die Frau, von der er immer dachte, dass sie seine Mutter sei, ist in Wahrheit seine Schwester.
Das ist zumindest alles im Kopf von Hilmar U. - er glaubt, dass seine Mutter ihn belügt. Er befürchtet, dass er enterbt wird, dass sie ihn nicht so lieb hat wie ihre anderen Kinder. Deshalb kam es auch zu dem Vorfall in der Nacht im Januar, als er in die Wohnung seiner Mutter in Forchheim eingedrungen war und sie geschlagen, bedroht und bestohlen hatte. Deshalb muss er sich nun vor der Zweiten Strafkammer am Landgericht Bamberg wegen schweren Raubes verantworten.
Vater unser gebetet Er wollte Dokumente finden, die seine Theorie belegen.
Aus Zufall, wie der Beschuldigte am Dienstag in der Verhandlung sagte, habe er ein Beil und Kabelbinder im Rucksack gehabt. Doch habe er seiner Mutter nichts tun wollen. Als er Dokumente in die Tasche packen wollte, sei die Mutter aufgewacht. Es kam zum Gerangel. Dann habe er sie geschlagen, das räumt er ein. Dann hat er sie mit den Kabelbindern gefesselt. Der 40-Jährige soll die Frau anschließend mit dem Beil bedroht haben. Ihr dann Dokumente wie Ausweispapiere, aber auch Schmuck und Geld geraubt haben. Warum er den Schmuck geklaut habe, fragt ihn sein Fürther Verteidiger Andreas Klostermeier. Er habe damit seine Mutter schädigen wollen, sagt U. Er sieht schließlich das Böse in der 70-Jährigen. Deshalb hat er auch noch das "Vater unser" gebetet, bevor er verschwand.
Das mit dem Beil bestreitet er. Alles andere gesteht Hilmar U. vor Gericht. Seine Mutter dagegen verweigert die Aussage.
Sie habe schon seit Längerem gesagt, man müsse ihrem Sohn helfen. Denn Hilmar U. leidet an einer Psychose. Deshalb glaubt auch die Staatsanwaltschaft nicht, dass er schuldfähig ist. Deshalb wird vor der großen Strafkammer, die mit drei Richtern und zwei Schöffen unter Vorsitz von Markus Reznik besetzt ist, ein Sicherungsverfahren geführt. In einem solchen Verfahren wird beurteilt, ob Hilmar U. in einem psychiatrischen Krankenhaus landen wird. Dazu sind auch zwei psychiatrische Gutachter im Gerichtssaal anwesend.
Einer von ihnen ist Martin Noell vom Bezirksklinikum Obermain. Von einem ganzen Wahngebäude, das bei Hilmar U. vorhanden sei, spricht Noell. Das, was es von U. im Saal zu hören gibt, ist wohl nur ein kleiner Auszug dessen. Von "Eingebungen" spricht die Freundin des Beschuldigten. Diese haben zugenommen, als der 40-Jährige seine Medikamente zur Linderung seiner Psychose vor fast eineinhalb Jahren abgesetzt hatte.
Davor hatte Hilmar U. immer wieder Probleme mit Drogen, Schlaftabletten und Alkohol. Eine Arbeit hatte er zuletzt nicht mehr. Seine Freundin berichtet vor den Richtern, dass sich der Zustand ihres Lebensgefährten nach der Absetzung der Medikamente verändert habe. Immer öfter habe er über die Verdächtigungen gegenüber seiner Mutter gesprochen. Dann kam es zu dem Vorfall im Januar.
Ist er allgemeingefährlich? Vor Gericht stellt sich nun die Frage: Ist Hilmar U. für die Allgemeinheit eine Gefahr oder doch "nur" für seine Mutter? Denn der Mann hat laut Aussage seiner Freundin keine Aggressionen gegen andere, außer gegen seine Mutter. Die Frage, ob er allgemeingefährlich ist, ist entscheidend für eine mögliche stationäre Behandlung des 40-Jährigen.
Der Prozess soll am 7. Juli fortgesetzt werden. Dann werden auch Sachverständiger Martin Noell und sein Kollege Johannes Steinmann aus Bayreuth ihre Gutachten verlesen.
*Name wurde von der Redaktion geändert.