Ein Streit um eine Busfahrkarte zwischen zwei Flüchtlingen mündete im Februar in eine Bluttat mit einem Küchenmesser.
Nach einem verbalen Streit um eine Busfahrkarte soll es zu der Bluttat gekommen sein, mit der sich seit Mittwoch das Schwurgericht des Landgerichts Bamberg befassen muss. Tatort war eine Asylbewerberunterkunft im Landkreis Bamberg, Tatzeit die Nacht vom 6. auf 7. Februar 2016. Die Tat verübt haben soll der 30-jährige Syrer Adam Z. (Name von der Redaktion geändert), der seit Ende 2015 in der Unterkunft lebt.
Erinnerungen an das nächtliche Geschehen hat der Angeklagte nach Angaben seines Verteidigers kaum. Er will in den Stunden davor ungewöhnlich viel Alkohol getrunken haben, mehrere Flaschen Bier und mehrere Gläser Wodka. Fest steht, dass er zwei Stunden nach seiner Festnahme eine Blutalkoholkonzentration von 1,25 Promille hatte.
Angeklagter sucht nach Erklärung
Verteidiger Christian Barthelmes bestätigte für seinen Mandanten den Streit mit einem Mitbewohner.
Der 30-Jährige soll ihm allerdings auch gesagt haben, dass er kein aggressiver Mensch sei und sich eigentlich nicht vorstellen könne, das getan zu haben, was man ihm vorwirft.
Sollte es so passiert sein, wie angeklagt, dann müsse er sich einerseits tief verletzt gefühlt haben und andererseits seine Hemmschwelle durch den Alkohol herabgesetzt gewesen sein. Z. habe jedenfalls zu keiner Zeit die Absicht gehabt, jemanden umzubringen, so sein Anwalt.
Der Anklageschrift zufolge, die Oberstaatsanwalt Otto Heyder verlas, hatten Z. und ein Mitbewohner am Abend des 6. Februar ihre Meinungsverschiedenheit zunächst über Sprachnachrichten per Handy und auf Arabisch ausgetragen. Die Sache schaukelte sich offenbar hoch. So schrieb Z.
kurz nach 1 Uhr: "Wenn ich dich erwische, zerschlitze ich dich Zuhälter, du bist noch ein Kind, das fehlt mir noch, dass mich ein Kind verarscht". Eine halbe Stunde später kündigte er per Handynachricht an: "Ich komm zu dir, dann ist alles gut. Ich lass nichts heil an dir und wenn ich was heil an dir lassen, dann hast du Rechte bei mir."
Zu diesem Zeitpunkt war Z. noch in Bamberg unterwegs. Als er gegen 3 Uhr in die Unterkunft zurückkehrte, soll er gleich in die Küche gegangen sein und ein Messer geholt haben. Dann betrat er, der Anklageschrift zufolge, das Zimmer des Anderen, ging wortlos auf den Mann zu, der in einem Sessel saß, und habe - ohne Vorwarnung - mit dem Messer eine Schnittbewegung in Richtung des Halses ausgeführt.
Das Opfer wehrte diesen und einen zweiten Angriff ab, erlitt aber eine klaffende Schnittwunde am linken Unterarm und eine lange Schnittverletzung am Hals. Ehe Z.
erneut attackieren konnte, wurde er von anderen Hausbewohnern daran gehindert.
Weil er einem der Zeugen mit dem Messergriff in der Faust auf den Rücken geschlagen haben soll, muss sich der Syrer nicht nur wegen versuchten Mordes verantworten, sondern auch wegen einer gefährlichen Körperverletzung. Z. sitzt seit 7. Februar in Untersuchungshaft.
Mit hängendem Kopf
Vor dem Bamberger Schwurgericht saß der 30-Jährige am ersten Verhandlungstag mit zumeist tief gesenktem Kopf, flankiert von seinem Verteidiger und einem Dolmetscher. Er bedauere, was passiert ist und insbesondere die Verletzungsfolgen, sagte sein Anwalt.
Vorsitzender Richter Manfred Schmidt erfragte mit Hilfe des Dolmetschers, wie Z.s bisheriges Leben verlaufen ist: Dieser wuchs mit sieben Geschwistern in Syrien auf, arbeitete zwischen 2007 und 2013 im Libanon, in Jordanien und Saudi-Arabien als Maler.
Dazwischen leistete er den Militärdienst ab. Nachdem er sich den syrischen Rebellen angeschlossen habe, sei er verfolgt worden und in die Türkei gegangen. Von dort machte sich der ledige Mann mit Hilfe von Schleppern auf nach Deutschland. Ende 2015 kam er in die Unterkunft im Landkreis Bamberg.
Der Prozess geht nächste Woche weiter.