Prozess belastet alle Beteiligten

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Zwölf Missbrauchsfälle in der Bischberger Awo-Kita hat der Angeklagte mittlerweile eingeräumt. Foto: Matthias Hoch/Archiv
Zwölf Missbrauchsfälle in der Bischberger Awo-Kita hat der Angeklagte mittlerweile eingeräumt. Foto: Matthias Hoch/Archiv

Die Awo sagt den Betroffenen weiterhin Unterstützung zu, zugleich sorgen Krankheitsfälle in der Kita für personelle Engpässe.

Auch am dritten Verhandlungstag wurde hinter verschlossenen Türen gegen Bertram B. (Name geändert) wegen vielfachen sexuellen Missbrauchs verhandelt. Vor der Jugendkammer des Landgerichts sagten unter anderem Eltern von Kindern aus, deren Fälle nach B.s Geständnis nachträglich angeklagt worden waren. Auch hier handelt es sich bei den Opfern um Mädchen im Kindergartenalter.
Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn sexuellen Missbrauch in zwölf Fällen sowie den Besitz kinderpornografischer Schriften eingeräumt. Da ein Kind zweimal betroffen war, geht es in diesen Fällen um insgesamt elf Missbrauchsopfer. Vier weitere Anklagepunkte hat der 19-Jährige in der Verhandlung bestritten.
"Einige der vernommenen Eltern haben bei ihren Kindern Auffälligkeiten wie Schlafstörungen oder Ängste erkannt", sagt der stellvertretende Pressesprecher des Landgerichts, Christian Pfab. "Von schwereren Traumatisierungen war in diesen Zeugenvernehmungen nicht die Rede.


Was sagt der Sachverständige?

Für den voraussichtlich letzten Verhandlungstag am Freitag wurden noch zwei Erzieherinnen als Zeuginnen geladen. Danach wird ein Sachverständiger zur Frage gehört, ob für B. Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Im Anschluss werden Staatsanwaltschaft sowie jeweils drei Verteidiger und drei Nebenklage-Vertreter ihre Plädoyers abhalten, bevor am Nachmittag wohl das Urteil gegen Bertram B. fällt.
"Es ist gut, wenn der Prozess am Freitag abgeschlossen ist", sagt der kommissarische Awo-Kreisvorsitzende Klaus Stieringer. "Wir sind geschockt über jeden einzelnen Fall, Familien sind traumatisiert und die Mitarbeiter leiden furchtbar unter dem enormen Druck."
Das macht sich auch dadurch bemerkbar, dass in dieser Woche gleich sechs Mitarbeiter der Bischberger Kita krankgeschrieben sind. "Wir wurden gebeten, unsere Kinder wieder mit nach Hause zu nehmen", teilt eine Mutter am Dienstag unserer Zeitung mit. "Ich habe das Gefühl, nichts wird gut." Ihre beiden Kindern gehen gern in den Awo-Kindergarten, doch sie fühlt sich mit ihren Sorgen nur vertröstet. "Es hieß, dass Ruhe einkehrt, dass mehr Personal kommt. Ich hätte mir frühere Informationen und auch personelle Konsequenzen gewünscht", sagt die Mutter. Aufgrund der Personalengpässe seien drei Kindergarten-Gruppen auf zwei zusammengelegt worden.
"Wir haben uns sofort gekümmert und zusätzliche Mitarbeiter zur Verfügung gestellt", sagt Awo-Geschäftsführer Werner Dippold. "Die Betreuung der Kinder ist gewährleistet." Die Prozesswoche sei für alle Beteiligten "die schwierigste Zeit und eine wahnsinnige Belastung für die Eltern". Allen Betroffenen wolle man auch über den Prozess hinaus eine dauerhafte Begleitung bieten, für die Awo-Betreuungsangebote habe man ein neues Schutzkonzept auf den Weg gebracht. "Die Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder sicher sind", sagt Stieringer.
"Wir stehen auf Seiten der Eltern, der Kinder und der Mitarbeiter", sagt Stieringer. Er habe mit vielen Eltern Einzelgespräche geführt, die Awo biete rechtliche und psychologische Hilfe an, Eltern würden auch finanziell bei der Wahl von Therapeuten unterstützt. Dass die Kommunikation am Anfang "alles andere als gut" war, räumt Stieringer ein. "Wir hätten früher auf die Eltern zugehen müssen." Dass viele Mitarbeiter erst zu Prozessbeginn von den konkreten Vorwürfen gegen Bertram B. erfuhren, habe auch andere Gründe gehabt: "Das Team wurde immer wieder involviert, aber auch wir waren auf Einzelinformationen der Eltern angewiesen und konnten nur das weitergeben, was wir weitergeben durften." Die Awo könne nun nur Hilfsangebote und "zum Beispiel die Angst nehmen, dass sich jemand eine therapeutische Behandlung nicht leisten kann". Die Wut einiger Eltern könne Stieringer verstehen, aber Leitung und Team vor Ort hätten nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe schnell und umsichtig reagiert und man unterstütze sich auch jetzt in dieser schwierigen Situation. "Wir können leider nicht ungeschehen machen, was traurige Wahrheit ist."