Der Bayerische Bauernverband (BBV) macht auf den Wert der Früchte für Ernährung und Ökologie aufmerksam. Im Bamberger Land ist die Anbaufläche trotz guter wirtschaftlicher Perspektiven rückläufig.
Bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von insgesamt etwa 50.000 Hektar haben die offiziell noch 452 Hektar Anbaufläche für Zuckerrüben im Landkreis kaum mehr Nischenstatus. Auf mittlerweile weniger als einem Prozent der Fläche wird eine Frucht angebaut, ohne die die Zuckerversorgung in Deutschland kaum denkbar ist.
In Oberfranken ging die Anbaufläche von gut 1200 auf etwa 1000 Hektar zurück. Nimmt man die ökologische Bedeutung dazu, kann man sich über den Anbau-Rückgang nur wundern. Mit der jetzt laufenden Ernte will der Bauernverband die Rüben wieder ins Bewusstsein rücken.
Große Haufen der zuckerhaltigen Früchte warten zur Zeit auf den Abtransport in die Zuckerfabrik Ochsenfurt.
Nachdem 2002 die Verarbeitung in Zeil eingestellt wurde, lieferten die Bamberger Landwirte - gemeldet sind noch 103 - ihre Rüben ins ferne Regensburg, bevor die Weichen wieder in Richtung Unterfranken gestellt wurden. 70 Tonnen werden pro Hektar geerntet, und etwa ein Fünftel davon ist reiner Zucker. Pro Hektar sind das etwa 13 Tonnen, die später in Kaffeetassen oder in Kuchen und Torten landen.
Weil die Erträge vor allem in den Tallagen des Landkreises gut sind - heuer etwa 40 Euro pro Tonne - , würden sicher gerne mehr Landwirte Zuckerrüben anbauen, können sich Kreisobmann Heiner Faatz und der neue Kreisgeschäftsführer Werner Nützel vorstellen. Doch vor einigen Jahren hat die Europäische Union beschlossen, den Anbau von Zuckerrüben um 15 Prozent zu senken, um den Zuckerrohr-Plantagen in ärmeren Ländern die Existenzgrundlage nicht zu entziehen.
"Viele Landwirte haben damals ihre Lieferrechte zurück gegeben", erinnert sich Heiner Faatz. Bei einem jährlichen Niederschlag von 500 bis 600 Liter pro Quadratmeter gedeiht diese Feldfrucht mit einem Anspruch von 200 Liter durchaus prächtig.
Seit Napoleon, der mit dem Anbau von Zuckerrüben die Zuckerversorgung auf dem Kontinent sicherte, die durch die britische Seeblockade unterbrochen war, ist der Anbau kräftig ausgeweitet worden. Anno 1747 hatte der Apotheker Andreas Sigismund Marggraf in Berlin den Zucker in der Rübe entdeckt, die erste Fabrik entstand 1802 im schlesischen Cunern.
Rekord-Rübe aus Wölkendorf Die größte Zuckerrübe, an die sich der Kreisobmann im Landkreis erinnern kann, ist in Wölkendorf gewachsen. "Dort, auf dem Jura, hat ein Bauer eine Rübe mit acht Kilo geerntet.
Der muss die jeden Tag gegossen haben", meint Faatz.
Im vergangenen Jahr betrug die Zuckererzeugung in Deutschland bei den drei Konzernen Südzucker, Nordzucker und der Firma Pfeifer&Langen in Nordrhein-Westfalen etwa 4,7 Millionen Tonnen. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland beträgt 36 Kilogramm pro Jahr.
Doch so begehrt die Süße auch ist, ist sie doch längst nicht alles. Denn der Zuckerertrag von einem Hektar Rüben versorgt nicht nur 400 Menschen, ein Hektar dieser Feldfrucht bindet während des Wachstums auch 35 Tonnen des "Treibhausgases" Kohlendioxid und setzt 26 Tonnen Sauerstoff frei. "Das reicht für 120 Menschen ein Jahr lang zum Atmen" verdeutlicht Landesbäuerin Anneliese Göller. Zuckerrüben sind aber auch ein interessanter Rohstoff für die Energieerzeugung.
Von wiederum einem Hektar ließen sich 7000 Liter Bio-Ethanol herstellen, womit ein Auto gut 80.000 Kilometer weit fahren könnte. "Doch die mäßige Nachfrage nach E10 hat hier den großen Durchbruch zunächst verhindert", meint Kreisobmann Heiner Faatz. Ein Nebenprodukt sind wertvolle eiweißhaltige Futtermittel. Im Landkreis Bamberg schätzt Faatz die Anbaufläche dafür auf etwa 30 Hektar - eher weniger.
Warum der Kreisobmann von einer "Telefonfrucht" spricht, verdeutlichen er und sein neuer Stellvertreter Peter Schlund. "Man ruft an, wenn gesät werden soll, denn dafür ist eine spezielle Sämaschine nötig. Und man ruft den Vollernter an, wenn die Ernte da ist". Bis Ende des Jahres wird dann alles maschinell verladen und abgeholt. Die Fabrik in Ochsenfurt kann bis zu 16.500 Tonnen täglich abnehmen und verarbeiten.
Übrigens: Zucker wird auch für den Tunnelbau benötigt. Denn mit dem Süßstoff versetzter Beton haftet besser an Wänden und Decken. Von den Energy Drinks gar nicht zu reden...