Wieder verabschiedet sich ein altbekannter Name aus der Innenstadt. In der Hauptwachstraße 9 kaufte früher halb Bamberg Kerzen und offenen Honig. Der Räumungsverkauf soll am 12. Mai beginnen.
Die schlechte Nachricht ist: Mit Poppenberger verliert die Stadtmitte ein Geschäft mehr, in dem Generationen von Bambergerinnen und Bambergern eingekauft haben. Die gute Nachricht ist: Das Angebot, das längst viel mehr als individuell gefertigte Kerzen und Wachswaren aller Art umfasst, bleibt Bamberg erhalten - allerdings am Stadtrand, genauer gesagt am Laubanger bei "heart & home". Beide Geschäfte betreiben Ursula und Werner Knorr.
Für den Rückzug aus der Stadtmitte nennt das Bamberger Ehepaar mehrere Gründe. Der Entscheidende ist ein interner: Ursula Knorr muss und will sich wieder im Büro der elterlichen Wachswarenfabrik Kerzen Bonn engagieren. Weil die Produktion ebenfalls am Laubanger angesiedelt ist, habe sich eine Konzentration auf diesen einen Standort angeboten, sagt die 55-jährige Kauffrau.
30 Jahre lang, seit der Übernahme von Poppenberger in der Hauptwachstraße, habe sie sich ausschließlich auf den traditionsreichen Laden konzentrieren können. Da habe sie den erheblichen Aufwand, der mit dem Beliefern, Umdekorieren und Präsentieren der Ware auf relativ kleiner Fläche verbunden sei, gerne in Kauf genommen. Dafür werde ihr in Zukunft die Zeit fehlen.
Veränderte Kundenströme Es gibt aber auch äußere Umstände, die den Geschäftsleuten die Entscheidung, sich aus der Innenstadt zu verabschieden, erleichtert hat. Das sagten sie im Gespräch mit der Lokalredaktion. So berichtet der 56 Jahre alte Wachsziehermeister von Kundenströmen, die sich deutlich verändert hätten: "Die Bamberger gehen nur noch bis zum Maxplatz." Über die Gründe kann er nur spekulieren. Knorr meint, es liegt daran, dass zwischen Maxplatz und Kettenbrücke nicht mehr viele unverwechselbare Geschäfte existieren, die potenzielle Kunden anziehen. Tatsächlich ist seit 1984, seit das Ehepaar als Poppenberger-Nachfolger die Entwicklung genauer beobachtet, eine ganze Reihe von Inhaber geführten Läden in der Nachbarschaft verschwunden: zum Beispiel Blumen Steinfelder, Haushaltswaren Graupner, Schirm-Blanke, Spielwaren Schraudner, Mode Hettlage.
Mit den vielen Touristen, die auf dem Weg vom Bahnhof zum Domberg das schmucke Eckhaus Hauptwachstraße 9 passieren, ist wenig Geschäft zu machen, glaubt man dessen Betreibern. Sie erwähnen auch den schleichenden Verlust von Kurzzeitparkplätzen am Rand der Fußgängerzone und das sich mehr und mehr vom Online-Handel geprägte Kaufverhalten der Leute. Beides mache auch ihnen das Überleben schwerer.
Ursula Knorr wird, wie sie sagt, dem heimeligen Laden mit seinen alten Einbauten aus dunklem Holz schon ein bisschen nachtrauern. Sie freue sich aber auf die Möglichkeiten, im Geschäft am Laubanger alles besser und umfassender präsentieren zu können, als es in der Hauptwachstraße je möglich war.
Vor genau 30 Jahren sei ihrem Vater der traditionsreiche Laden zur Übernahme angeboten worden. Die Tochter, mit Wachswaren groß geworden, wagte den Sprung ins kalte Wasser und übernahm das 1890 von Poppenberger gegründete Geschäft. Mit Kerzen, Zinn- und Krippenfiguren sei schon 1984 kein großes Geschäft mehr zu machen gewesen, erinnert sich die Kauffrau. Deshalb habe sie bald neu ins Sortiment aufgenommen, was die Kundschaft verlangte. So sei sie schnell auf das Dekorative - "alles was Haus und Garten schöner macht" - gekommen. Kerzen gebe es immer noch, sie stünden bloß nicht mehr im Vordergrund.
Zukunft ist noch offen Der Räumungsverkauf soll am 12. Mai beginnen und mit dem Wonnemonat enden. Wie es dann in dem Haus, das seit 1890 mit dem Namen Poppenberger verbunden ist, weitergehen wird, ist noch unklar. Das Anwesen gehört der Stadtbau GmbH. Laut Geschäftsführer Heinrich Kemmer müssen Keller und Ladenebene vor einer Neuvermietung saniert werden.
Das Gebäude ist nicht so alt wie es scheint. Dem Inventarband "Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bamberg/Innere Inselstadt" des Landesamts für Denkmalpflege ist zu entnehmen, dass es sein heutiges Aussehen erst 1933 erhielt. Den Autoren zufolge kam das Erscheinungsbild "in barockisierendem Formen" damals sehr gut an: Der "völlig erneuerte Bau wurde seinerzeit als beispielhaft hervorgehoben".