Obwohl vorwiegend Obdachlose und andere Bedürftige zu "Menschen in Not" kommen, geht es dort recht lustig zu. Die Stammgäste sind meist gut gelaunt und sehr dankbar, dass es diese Einrichtung und viele Wohltäter gibt. Wir haben der Bamberger Wärmestube im Advent einen Besuch abgestattet.
Wer glaubt, in einer Wärmestube würde vor allem Trübsal geblasen, der irrt. Vielleicht wird dort mehr gelacht, als in mancher schick eingerichteten Wohnung. Wer freilich regelmäßig zu "Menschen in Not" in der Siechenstraße 11 kommt, führt ein bescheidenes Leben und hat gelernt, mit wenig zufrieden zu sein. So wie Harald (39) und Jupp (60), der in Wirklichkeit anders heißt.
Statt zu schimpfen, wie schlecht es ihnen geht, so dass sie auf eine Wärmestube angewiesen sind, wirken die Männer im Gespräch mit der Redakteurin und Treffpunkt-Leiter Peter Klein dankbar. Dankbar, weil Bamberg so eine Anlaufstelle für Bedürftige hat, und dankbar für die Solidarität der Bevölkerung, die mit ihren Spenden den Betrieb und das Angebot des Treffpunkts "Menschen in Not" möglich macht.
Seit der Freistaat 2004 seine Förderung gekürzt hat, müssen die Träger der Wärmestube den laufenden Betrieb jährlich mit rund 70 000 Euro über Spenden finanzieren. Hätten damals nicht viele kleine und große Geldgeber bewiesen, wie wichtig ihnen der Fortbestand der Einrichtung ist, wäre sie wahrscheinlich geschlossen worden.
Große Hilfsbereitschaft da
Die Hilfsbereitschaft übertraf 2004 alle Erwartungen und ist, wie Peter Klein, versichert, seitdem nicht abgerissen. Deshalb ist er zuversichtlich, dass in den nächsten Wochen noch genug Geldspenden eingehen, um die Finanzierungslücke zu schließen, die auch heuer klafft. Klein beziffert sie auf 20 000 bis 25 000 Euro.
Was die Wärmestube für arme Menschen bedeutet, weiß der 39-jährige Harald besser als viele.
Er kennt sie schon aus der Zeit vor 2003, als sie noch in der Königstraße angesiedelt war. Der Treffpunkt war und ist sein bevorzugter Aufenthaltsort, wenn er - wie zur Zeit - mal wieder arbeitslos ist.
Obwohl er den Beruf des Kaufmanns für Groß- und Außenhandel gelernt hat, habe er nie eine feste Anstellung gefunden, berichtet der Stammgast. Erst habe ihn der Ausbildungsbetrieb nicht übernommen, weil er noch zur Bundeswehr musste. Nach 23 Monaten Wehrdienst sei die Stelle besetzt gewesen. Woanders habe er wegen fehlender Berufserfahrung immer nur befristete Verträge bekommen.
Miete kann der Mann unter diesen Umständen keine zahlen. Er gilt nach offizieller Lesart trotzdem nicht als obdachlos: Sein Bett steht bei Freunden. Bei ihnen kann er die Nächte verbringen, aber nicht die Tage.
Umso wichtiger ist für ihn eine Anlaufstelle wie die von "Menschen in Not".
Dort erhalten Gäste täglich eine warme Mahlzeit und Getränke, außerdem viele zusätzliche Angebote, von Kleidung bis zum kostenlosen Haarschnitt durch einen Friseur, der ins Haus kommt. Das hilft einem wie Harald, der den Ehrgeiz hat, sein Leben ohne staatliche Hilfe zu meistern. Es gibt noch einen wichtigen Grund, weshalb er gerne in die Siechenstraße 11 geht: "Man kann Leute treffen und Spaß haben."
Zum Beispiel mit dem Nordlicht Jupp beim "Mensch-ärgere-Dich-nicht". Die beiden Männer spielen es mit zwei Würfeln nach ihren ganz eigenen Regeln und haben dabei offensichtlich Spaß.
"Wie ein Sechser im Lotto"
Der 60-Jährige lebte schon eine Zeit lang auf der Straße, als er im Sommer durch einen Schicksalsgenossen von "Menschen in Not" erfuhr.
Im September wurde dann in der Siechenstraße 11 ein Zimmer im begleiteten Wohnen für wohnungslose Männer frei, das er beziehen konnte. Die bescheidene Bleibe empfindet Jupp "wie einen Sechser im Lotto". Auf die Frage, wo er heute wohl sonst wäre, antwortet er illusionslos: "Wahrscheinlich wäre ich schon an einer Lungenentzündung gestorben." Der 60-Jährige ist nicht mehr der Gesündeste.
Auch er hat einen Beruf, ist gelernter Industriekaufmann. Bis er Mitte 50 war, so berichtet er, sei sein Leben ganz normal verlaufen, habe er seine Brötchen mit verschiedensten Tätigkeiten verdient. Dann sei er potenziellen Arbeitgebern zu alt geworden, habe fortan nur noch Jobs über Zeitarbeitsfirmen bekommen.
Irgendwann landete er auf der Straße, übernachtete auf Parkbänken und unter Brücken: "Was sich halt angeboten hat."
Dem Schicksal ist er trotzdem dankbar - weil es ihn von Nordrhein-Westfalen nach Bamberg geführt hat. Er erlebt die Menschen hier als ausgesprochen freundlich; glaubt, dass man ihn dort, wo er herkommt, anders behandeln würde. Es klingt ehrlich, wenn er über seine durchaus missliche Lage sagt: "Es ist eigentlich gut so, wie es ist."
Viel Solidarität erlebt
Auch Harald hadert im Gespräch nicht etwa mit seinem Los, sondern lobt die Solidarität der Bamberger mit Mitmenschen, denen es schlechter geht. Es rührt sie an, wie viele Leute gerade im Advent an die Wärmestube und deren Besucher denken.
Worüber unsere beiden Gesprächspartner besonders staunen, das sind die vielen Ehrenamtlichen von der Gruppe "Mt.25 - Menschen in Not", die den täglichen Betrieb der Wärmestube möglich machen - sogar am Wochenende.