Neue Ober- und Mittelzentren erst ab 2014

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Staatsminister a. D. Erwin Huber (links) diskutierte auf Einladung von MdL Heinrich Rudrof mit Bürgermeistern aus dem Landkreis Bamberg. Fotos: Barbara Herbst
Staatsminister a. D. Erwin Huber (links) diskutierte auf Einladung von MdL Heinrich Rudrof mit Bürgermeistern aus dem Landkreis Bamberg.   Fotos: Barbara Herbst
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Staatsminister a. D. Erwin Huber hörte sich Bamberger Klagen zur zentralörtlichen Gliederung und Förderung des ländlichen Raumes an.

Gut fünf Monate vor der Landtagswahl lassen die bayerischen Koalitionäre die Finger von einem Sprengsatz: Die Entscheidung über Ober- und Mittelzentren im Freistaat wird auf 2014 verschoben. Diese Vereinbarung zwischen CSU und FDP verkündete der Vorsitzende des Landtagsausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Staatsminister a. d. Erwin Huber, bei einer kommunalpolitischen Gesprächsrunde im Memmelsdorfer Gasthof "Drei Kronen".

Dorthin hatte MdL Heinrich Rudrof (CSU) Bürgermeister und Kreisräte eingeladen, um eine Zeitbombe zu entschärfen, die vernehmlich tickte und wenige Wochen vor der Bayernwahl explodiert wäre: Besonders im Landkreis Bamberg herrscht unter den Kommunalpolitikern Missmut über die in der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms vorgesehene zentralörtliche Gliederung.

Rudrof stimmte mit den Worten "So wie es angedacht ist, können wir auf Dauer nicht einverstanden sein!" auf den Meinungsaustausch ein und plädierte für Änderungen des Konzepts. Andernfalls würde der Landkreis Bamberg bei Entscheidungen zur Entwicklung des ländlichen Raums den Kürzeren ziehen, fürchtet Rudrof. Es sei zwar richtig, dass die kreisangehörigen Gemeinden im Durchschnitt gering verschuldet seien. Das könne verschiedentlich aber auch die Folge eines Investitionsstaus sein.

Nach dem derzeitigen Stand gäbe es neben dem Oberzentrum Bamberg im Umland kein einziges Mittelzentrum, sondern nur noch Grundzentren. Auf die unterste von künftig nur noch drei Stufen sollten die jetzigen Klein- und Unterzentren sowie die "möglichen Mittelzentren" gestellt worden. Dabei gibt es fünf Anträge von sieben kreisangehörigen Gemeinden, im Landkreis Bamberg Mittelzentren auszuweisen, schon damit sich nicht alle Förderung auf das Oberzentrum konzentriert wird.

Verordnung eindeutig formulieren

Landrat Günther Denzler kann sich vorstellen, dass nicht alle fünf Anträge auf Einstufung als Mittelzentrum berücksichtigt werden. Er hofft aber auf eine Lösung "zwischen null und fünf". Um sicherzustellen, dass die endgültigen Festlegungen des Landesentwicklungsprogramms auch tatsächlich 2014 getroffen werden, bat Denzler seinen prominenten Parteifreund um eine eindeutige Formulierung in der Verordnung, die der Landtag noch vor der Sommerpause verabschieden wird. Huber sagte entsprechende Regelungen zu.

Davon, dass am Ende mehr Mittelzentren gebildet werden als nach dem bisherigen Konzept vorgesehen, zeigte sich Huber überzeugt. Hallstadt wäre mit seinen 6000 Arbeitsplätzen bei 9000 Einwohnern als Mittelzentrum prädestiniert, argumentierte Bürgermeister Markus Zirkel (SPD).

Erwin Huber meinte dazu, dass die Nähe zu Bamberg kein Ausschlusskriterium sein müsste. Allerdings hätten Mittelzentren schon für mehr als fünf Nachbargemeinden zentrale Funktionen bis hin zu Gymnasium oder Krankenhaus zu erfüllen. Das klingt weniger gut in Hallstadter Ohren. Und auch der Aspirant Hirschaid hat damit seine liebe Not.

Insgesamt betrachtet die Staatsregierung das Bamberger Land mit seiner geringen Arbeitslosenquote, seiner hohen Wirtschaftskraft und vergleichsweise günstigen Bevölkerungsprognose allerdings gar nicht als einen "Raum von besonderem Handlungsbedarf".

Doch auch das ruft Widerspruch hervor, und der wurde dem bayerischen Spitzenpolitiker Erwin Huber verblümt aufgetischt. Wenn etwa die Landkreise Bayreuth oder Haßberge aus Münchner Sicht besonders förderbedürftig sein sollen, fühlen sich die Jura-Gemeinden ebenso wie der nordwestliche Rand des Landkreises Bamberg benachteiligt.

"Nicht über einen Kamm scheren"

Es besteht ein deutliches Gefälle etwa zwischen Hallstadt oder Hirschaid auf der einen Seite und Stadelhofen oder Reckendorf auf der anderen. Sogar innerhalb von Scheßlitz mit seinen 30 Ortsteilen gebe es unterschiedlichen Handlungsbedarf, machte Stadträtin Helga Geheeb (CSU) deutlich. Umso weniger könne man die Gemeinden des Bamberger Raumes über einen Kamm scheren.

In dieses Klagelied stimmten Bürgermeister Klaus Etterer (CSU) aus Reckendorf und Heiligenstadts Dritter Bürgermeister Johann Göller ein, deren Gemeinden nur wenige Kilometer von den Bereichen mit Förderkulisse entfernt sind. Göller: "Wenn Heiligenstadt nicht in die Breitband-Förderung einbezogen wird, wird uns die Zukunft genommen!"

MdL Erwin Huber warnte vor finanziellen Risiken bei der Glasfaserverkabelung. Eine Breitbandversorgung mit 50 MB/sec lohne sich nur in Kumulationsgebieten und werde auch nur dort mit hohen - europaweit vorbildlichen - Zuwendungen unterstützt. Die flächendeckende digitale Versorgung des ländlichen Raumes sei nur durch den Ausbau der Funktechnologie sinnvoll, gab Huber zu bedenken.

Als gute Nachricht verbreitete der CSU-Politiker die Koalitionsvereinbarung auf Zulassung von Lebensmittelmärkten bis 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche in allen Gemeinden. Bislang war ausgemacht, dass nur in Gemeinden mit zentralen Funktionen derlei Geschäfte erlaubt werden sollten.

Mehr Unterstützung von den kommunalen Spitzenverbänden erwarten sich CSU und FDP bei Vorschlägen zur Entbürokratisierung und Stärkung der Kommunalen Selbstverwaltung. Diese Vorhaben kollidieren offenbar mit Interessen der Wirtschaft, die es weiterhin lieber mit den Experten in den Bezirksregierungen zu tun haben möchte als unter Kirchturmpolitik oder kommunalen Gefälligkeitsentscheidungen zu leiden, berichtete Huber.

Problem Konversion

Um weitreichende Unterstützung vom Freistaat Bayern bat Bürgermeister Johann Bäuerlein (WLW) für die Konversion der Flächen, die nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte der Stadt Bamberg sowie den Gemeinden Litzendorf, Strullendorf und Memmelsdorf zufallen werden. Hier sagte Huber die Berücksichtigung aus diversen Förderprogrammen zu und verwies auf mehrere Beispiele für gut gelungene Konversion an ehemaligen militärischen Standorten in Bayern.

Landrat Denzler schwebt dabei ein interkommunales Pilotprojekt vor und hofft, damit im Landtag offene Türen einzurennen. Erwin Huber zeigte sich erst einmal dankbar für das Interesse der Kommunen an der Verwendung der bislang militärisch genutzten Flächen. Bund und Land könnten die Konversion nicht lösen, räumte er ein.