Konkret werden im Süden die Special-Protection-Area (SPA-Gebiet) "Täler vom Oberen Main, Unterer Rodach und Steinach" und das fast lagegleiche Fauna-Flora-Habitat (FFH-Gebiet) "Itztal von Coburg bis Baunach" gequert und teilweise abgetrennt, erklärt Uwe Zeuschel, der Bereichsleiter im Straßenbau. Doch damit nicht genug: "Im nördlichen Teil der Strecke wird der Niederungsbereich der Baunach durchquert", also zwei fast lagegleiche Natura 2000-Gebiete - das SPA-Gebiet "Itz-, Rodach- und Baunachaue" und das FFH-Gebiet "Baunachtal zwischen Reckendorf und Baunach". Und es geht noch weiter: Ein weiteres FFH- und Naturschutz-Gebiet "Hänge am Kraiberg" liegt in der Wirkzone. Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen. Das Projekt liegt außerdem im Naturpark "Haßberge" und schneidet laut Zeuschel ein Landschaftsschutzgebiet (LSG) an mehreren Stellen randlich an. Ein Drittel der Strecke liegt im Bereich von Überschwemmungsgebieten.
Eindeutiges Fazit
Das Fazit des Baudirektors: "Bei den Gebieten kommt es durch die Planung zu naturschutzfachlich erheblichen Beeinträchtigungen."
Politikerin Zeulner sagt dazu: "Ich war in Brüssel und habe mit Vertretern der Europäischen Kommission darüber gesprochen.Es gibt schon Möglichkeiten, ein FFH-Gebiet zu überqueren." Die Schwierigkeiten sind aber enorm, denn die Lösungen müssen auch vor Gericht standhalten - und Widerstand kündigt sich bereits an.
"Tabu" für Naturschützer
"Für uns als Bund Naturschutz ist das ein Tabu, hier eine Umgehungsstraße durchzubauen", sagt Vorsitzender Martin Bücker, der zwar Verständnis für die verkehrsbelasteten Baunacher zeigt, aber die Eingriffe in die Natur für nicht hinnehmbar sieht.
Was also tun? Laut Emmi Zeulner prüfen die Planer nun eine alternative Trasse, die weniger Schutz-Gebiete tangiert. "Auch im Osten, aber direkt rüber an die Autobahn-Anschluss-Stelle Breitengüßbach", schildert die Bundestagsabgeordnete die grobe Richtung. "Dadurch würde die betroffene Naturschutzfläche reduziert." Gänzlich unberührt bliebe sie aber nicht - gelöst ist das Öko-Problem also keinesfalls.
Westen keine Option
Warum überhaupt im Osten an Baunach vorbeifahren? Warum nicht im Westen? Dieses Fass wollen die Planer nicht mehr aufmachen. "Meine Prämisse ist: Was die Leute nicht wollen, bauen wir auch nicht", betont Zeulner. Denn die Baunacher haben sich klar für den Osten ausgesprochen. Die Gründe dafür bringt der Baunacher Bauamtsleiter Christian Günthner kurz und knackig auf den Punkt: Die Ostvariante schließt das Gewerbegebiet an, führt also den dazugehörigen Schwerlastverkehr aus der Stadt heraus. Außerdem fürchten die Bürger, insbesondere die am Kreuzberg, bei der West-Variante einen Rieseneingriff in die Landschaft: Der Bannwald am Baggersee würde von einer tiefen Schneise durchschnitten. "Außerdem würde die West-Trasse nahe an den Baugebieten vorbeiführen und die Entwicklung Baunachs nach Westen abschneiden", erklärt Günthner.
"Die Westvariante wäre auch wesentlich teurer und bräuchte mehr Brückenbauwerke", sagt Zeulner. "Die Westumfahrung ist von den Bürgern nicht gewünscht."
Kommentar des Autors:
Ob wir die Ortsumfahrung noch erleben werden? Diese Frage hört man häufig, wenn man sich mit Baunachern über das Thema unterhält. Die meisten Antworten fallen skeptisch aus. In Form von heruntergezogenen Mundwinkeln und Kopfschütteln. Und das mit gutem Grund: Denn die Hindernisse für die Planer sind enorm. Wenn das Staatliche Bauamt von einem sehr großen Konfliktpotenzial spricht, dann heißt das schon was. Mehrere zusammenhängende Naturschutz-Zonen liegen im Weg. Die Kürzel FFH, LSG oder SPA sind wenig greifbar, bezeichnen aber wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Ein Naturschatz vor der Haustüre, auf den die Baunacher stolz sein können. Doch der Verkehr ist in der Stadt eine Belastung. Die Blechlawine erdrückt die Baunacher. Was also tun? Hier eine realistische Lösung zu finden, wird ein politisch-planerisches Meisterstück. Wer das schafft, verdient sich den Baunacher Verdienstorden am Bande. Ob er je vergeben wird?