Nachdem das Urteil des Amtsgerichts im Berufungsprozess gegen die Angestellte der Stadt Scheßlitz bestätigt wurde, kündigt die Stadt der 57-Jährigen.
Bürgermeister Roland Kauper (CSU) war zum Zeitpunkt des Urteils im Urlaub und nicht in Scheßlitz. "Ich war aber informiert", sagt das Stadtoberhaupt. Aus der Ferne hat er mit einiger Erleichterung die Entscheidung der Berufungskammer des Landgerichts Bamberg aufgenommen: "Wir haben jetzt Klarheit", sagt Kauper. Die Kammer hatte in der vergangenen Woche das Urteil des Amtsgerichts Bamberg gegen die ehemalige Leiterin der Stadtkasse Scheßlitz bestätigt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 57-Jährige zwischen 2009 und 2013 eine Summe von 102.000 Euro veruntreut hat.
Da die Strafe inzwischen rechtsgültig ist, wird die Frau nun ihren bisherigen Arbeitsplatz verlieren. Sie war bisher aufgrund der unklaren Rechtslage weiterhin bei der Verwaltung angestellt, allerdings, das betont Kauper, habe man der 57-Jährigen nach Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten eine andere Aufgabe zugeteilt: "Sie hatte nichts mehr mit der Kasse zu tun." Vielmehr habe sie dem Bereich Steuern zugearbeitet, seit einem Jahr war sie außerdem krank geschrieben und nicht mehr im Rathaus.
Das wird sie nur noch als Bürgerin betreten können: "Es wird die fristlose Kündigung geben", bestätigt Kauper gegenüber unserer Zeitung. In der kommenden Woche werde man das weitere Vorgehen mit einer Arbeitsrechtlerin abstimmen, "wir wollen keine Fehler machen". Unter anderem will Kauper prüfen lassen, ob vor der anstehenden Kündigung die schriftliche Begründung des rechtskräftigen Urteils der Verwaltung vorliegen müsse.
Trotz der Taten seiner Angestellten zeigt der Bürgermeister auch Mitgefühl: "Es tut mir leid für die Frau." Nachvollziehbar: Die 57-Jährige war seit den 70er-Jahren bei der Stadt beschäftigt.
Viele Mitarbeiter schätzten sie, das war im Gerichtssaal deutlich geworden. Die Beschäftigte habe sich bis zu besagtem Zeitraum nichts zu Schulden kommen lassen, betonte damals auch Geschäftsleiter Werner Götz. Die Ex-Stadtkassenleiterin soll, als sie in die Kasse gegriffen hatte, verschuldet gewesen sein.
Weitere Forderungen?
Durch die Veruntreuung ist der Stadt ein hoher Schaden entstanden, der letztlich auf 92.500 Euro fixiert wurde. 9500 Euro soll die Angestellte bereits früher zurückgegeben haben, das wurde vor Gericht festgestellt. Derzeit prüft ein von der Verwaltung beauftragter Anwalt weitere Ansprüche: "Wir müssen feststellen, ob wir noch andere Forderungen haben", erklärt Kämmerer Horst Bötsch gegenüber unserer Zeitung.
Zumindest ist die Rückzahlung der genannten Summe von über 90.000 Euro gesichert: Die Scheßlitzerin wurde vom Gericht nicht nur zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, sondern auch zum Schadensersatz verdonnert. Sie muss laut Urteil der Stadt pro Monat 500 Euro bezahlen. Weil die Kommune das Geld auf diese Weise zurückbekommt,
zahlt die Versicherung in diesem Fall laut Kämmerer Bötsch nicht.
Kassenbereich umstrukturiert
Die Unregelmäßigkeiten in der Kasse waren dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband bei einer Routineprüfung aufgefallen. Auslöser war, dass eine andere Mitarbeiterin, die bereits gekündigte Leiterin des Standesamts, bei der Kontrolle zugab, 12.000 Euro aus der Kasse des Standesamts genommen zu haben.
Nachdem die Unregelmäßigkeiten bekannt wurden, ließ der damals neu gewählte Bürgermeister Roland Kauper umgehend den Kassenbereich umstrukturieren und führte das Vieraugenprinzip ein. Der Kommunale Prüfungsverband hatte davor erhebliche Mängel in der Kassenführung angemahnt. Auch die Leitung der Kasse und die Stellvertretung wurden neu besetzt.
Sobald der früheren Kassenleiterin, die bis zuletzt ihre Unschuld beteuerte, gekündigt ist, will die Stadtverwaltung, so die Auskunft von Bürgermeister Kauper, auch ihre aktuelle Stelle ausschreiben und neu besetzen.
Die Standesbeamtin bescheißt die Stadt um 12.000 Euro, gesteht die Tat – und fliegt raus. Die Kassenleiterin betrügt die Stadt um 102.000 Euro, bestreitet die Tat – und bleibt drin. Das ist, vereinfacht, der Sachverhalt.
Nun wird die Kassenleiterin, die seit über einem Jahr wegen Krankheit keinen Dienst mehr verrichtet hat, im Berufungsprozess zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verdonnert – und bleibt weiter drin, weil den Verantwortlichen die Entlassung zu kompliziert erscheint.
Vielleicht sagt jetzt einmal das Landratsamt dem Bürgermeister, was er zu tun hat, wenn er es nicht selber weiß und eine Arbeitsrechtlerin um Rat fragen muss.
• Was hätte gemacht werden müssen, als der Betrugsvorwurf erhoben wurde?
• War es mit einer innerdienstlichen Versetzung abgetan oder hätte ihr (fristlos oder fristgerecht) gekündigt werden müssen?
• Hätte bei der langen Krankheitsdauer nicht eine vertrauensärztliche Untersuchung wegen der Arbeitsfähigkeit der Angestellten erfolgen und sie entweder zur Wiederaufnahme der Arbeit gezwungen oder verrentet werden müssen?
Mitgefühl des Bürgermeisters hin oder her. Hier geht es nicht um Gefühlsdusselei oder falsch verstandene Kameraderie, sondern um die Einhaltung von Rechtsvorschriften, wie man sie in einem Rathaus einer Stadt erwarten kann, die doch so viel auf sich hält.
die eine gibt es zu und fliegt.
die andere leugnet es ,also muss das urteil abgewartet werden bis es rechtskräftig ist.
die distribuierende Gerechtigkeit?!