Beim Kulturherbst im Ellertal plauderte der bekannte Autor und Musik-Kabarettist Han's Klaffl drei Schulstunden lang aus dem Nähkästchen des Musiklehrers, Titel "40 Jahre Ferien".
"Deppenapostroph" - das war die am schnellsten ausverkaufte Vorstellung des SPD-Kulturherbstes im Ellertal. Fast drei Schulstunden lang plauderte mit Han's Klaffl im Saal der Brauerei Reh genussvoll satirisch aus dem Nähkästchen seines Musiklehrer-Daseins. Er gab einen tiefen Einblick in das Seelenleben eines Lehrers, der laut Programm-Titel nach "40 Jahren Ferien" einpackte und dabei auf sehr unterhaltsame Art auspackte.
Auch wenn die vielen Lehrer im Saal nicht bei jedem Stapel von zu korrigierenden Exen in einer "Night Session" mit einer Flasche Rotwein ihre Arbeitslast bewältigen, war schon der Auftakt eine gelungene Anekdote. Ein überaus belasteter Lehrer, den die Antworten der Schüler mit "Nano-Intelligenz" an den Rand der Verzweiflung brachten. Trotz seines "Qualitätsunterrichts" hagelte es Stilblüten und mitleidserregende Fehler ("Rhythmus mit ü").
Die Geschichten aus dem Alltag eines Lehrers garnierte Klaffl musikalisch mit Kontrabass und Klavier, was dem Programm die besondere Note gab. Er konnte selbst dann noch den richtigen Ton treffen, als er fast waagrecht liegend die Coolness von relaxten Elftklässlern beschrieb.
Dass Klaffl mit vier (natürlich völlig überzeichneten) Lehrertypen aufdeckte, wie es in Klassen- und Lehrerzimmern zugeht, erwies sich als Treffer ins Schwarze: Typ A, der alles aussitzt, keine Beiträge liefert und sich für nichts interessiert; Typ B, der tief betroffene Bedenkenträger mit der gefühlten Dauerüberlastung; Typ C, der den Schüler als "natürlichen Feind" und zusammen mit seinen Eltern als "kriminelle Vereinigung" sieht und alles mit einer Brachial-Rhetorik löst ("pädagogische Blutgrätsche") sowie Typ D, der als altsprachlicher Schöngeist alles weiß.
Hart ins Gericht gegangen
Der Pensionist Klaffl (seit August 2014) ging mit seinen Ex-Kollegen schon das ein oder andere Mal hart ins Gericht: "Nur die Wahl des beweglichen Ferientages und die Notendiskussionen brachten Bewegung in Lehrerkonferenzen." Er verteilte Seitenhiebe auf "Schaumstoff-Pädagogen, die ihren Namen tanzen" und attackierte die "wilde Hilde", die im Laufe der Zeit zehn Konfektionsgrößen zulegte und eine Schneise ins Kollegium drosch. Die Grenze bei diesem humorvoll schonungslosen Aufdecken der Konfliktpotenziale zwischen Lehrer, Schülern und Eltern überschritt er nicht.
Natürlich muss ein bisschen Spott schon dabei sein, wenn man im Sportalltag um die "Gärungsprozesse im Turnbeutel" weiß oder die Schülerinnen ihre Ohrenstöpsel mittels Make-up "unter Putz legen".
Klaffl, der Vollblut-Kabarettist, ließ bei seinem "Ein- und Auspacken" kaum ein Thema aus, auch nicht den Musikunterricht in der 5. Klasse und geißelte dabei die "Blödflocken", deren Plastikexemplare einen grauenhaften Klang produzieren und ein "Tinnitus für Fortgeschrittene" sind. So richtig Stimmung erzeugte in der Retrospektive auch der heiß diskutierte Pisa-Test, bei dem die Deutschen im Lesen auf Platz 19 noch hinter Österreich lagen und sich dann aber nach zehn Jahren um Ränge "verbesserten".
Elternsprechtag
Noch besser geeignet als Small-Talk-Thema ist die Pädagogik, im besonderen Maße beim Elternsprechtag. Han's Klaffl schlüpfte in beide Rollen am Abend mit "Lehrer-Stallpflicht", an dem die gefühlte und die gemessene Intelligenz oft eine große Diskrepanz offenbaren: "Da geht es um verschiedene Exemplare des gleichen Kindes."
Der "Staatskabarettist auf Lebenszeit", der hervorragenden Frontalunterricht bot und über sinnlose Projekte lästerte, bot einen fulminanten Einblick in sein Leben am "Lukas-Podolski-Gymnasium".
Wie hoch der Wiedererkennungswert der Lehrer und Eltern war, konnte an diesem Abend mittels einer Studie nicht ermittelt werden!
Am kommenden Wochenende gibt es im Ellertal dann übrigens eine Doppel-Etappe: Am Freitagabend (19 Uhr) gastiert Lisa Fitz mit ihrem Programm "Weltmeisterinnen" und am Sonntag um 18 Uhr folgt Volker Heißmann mit "Locker vom Hocker".