Wie sieht unser Lebensraum der Zukunft aus? Auf dem Forschungsschiff gibt es Antworten. Es wird deutlich: Bamberg ist historisch, dadurch aber beliebt und modern.
Ein Schiff sagt voraus, wie Städte einmal funktionieren könnten: In den vergangenen drei Tagen lag die
MS Wissenschaft in Bamberg vor Anker. Es war ein Blick in die nicht allzuferne Zukunft des Lebens in den Metropolen, den die einzelnen Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Öffentlichkeit ermöglichten.
Stippvisite des Fränkischen Tags: Begrüßt werden Besucher beim Betreten des Forschungsschiffs von Kameras und Sensoren, die die Uni Bamberg installiert hat. Es ist ein sogenanntes "Living Lab", das hier anonymisiert die Bewegungen der Besucher festhält.
Das System erkennt, wie viele Personen gerade weiter hinten im Schiff vor einem der Exponate stehen - oder wo sich gerade einer der Schiffs-"Lotsen" befindet.
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Besucherstrommessungen gab es bereits bei "Bamberg zaubert" und der Sandkerwa.
Mit den Erfahrungen dieser ersten Tests will die Bamberger Informatikprofessorin Daniela Nicklas die Stadt zukünftig zum "Living Lab" machen. Die Sensoren sollen später einmal dauerhaft in Bamberg installiert werden. Die anonymisierten Daten würden helfen, den Lebensraum für alle lebenswert zu halten. "Was es für den Verkehr längst gibt, könnte man auf Radfahrer und Fußgänger ausweiten - damit beispielsweise benötigte Radwege nachgewiesen und gebaut werden", sagt Nicklas.
Welche Möglichkeiten es gibt, die Stadt intelligenter zu machen, gleichzeitig aber auch auf den Datenschutz zu achten, darüber wurde auf der MS Wissenschaft diskutiert. Deutlich wurde dabei, dass dies nur Kommunen gemeinsam mit Bürgern machen können.
Modernes Bamberg
Die Sensormessung in der gesamten Stadt ist noch Zukunftsmusik - bei anderen Entwicklungen liegt Bamberg bereits voll im Trend: Die Forschergruppe "Architektur im demographischen Wandel" der Technischen Universität Dresden untersucht, wie künftige städtische Lebensräume aussehen sollen. Darunter fällt auch, den Lebensmittelanbau aus ökologischen Gründen ins Stadtgebiet zu integrieren. In der historischen Gärtnerstadt Bamberg gehört das längst zum Stadtbild.
Und noch ein bemerkenswerte Tatsache spricht für Bamberg als beliebte Stadt: An einem Fotoautomat auf der MS Wissenschaft können sich Besucher vor einem Hintergrund ihrer Wahl fotografieren lassen - vor einer modernen Skyline oder einer Altstadtkulisse. Die meisten haben übrigens den historischen Hintergrund gewählt - und das nicht nur, als die MS Wissenschaft in Bamberg Station machte. Ab Freitag, 11. September, um 14 Uhr, liegt das Schiff für drei Tag in Nürnberg vor Anker.
"Was es für den Verkehr längst gibt, könnte man auf Radfahrer und Fußgänger ausweiten - damit beispielsweise benötigte Radwege nachgewiesen und gebaut werden". Offenbar bewahrt auch (oder gerade?) ein Professorentitel nicht vor eingeschränkter Betrachtungsweise.
Was sind "Radfahrer und Fußgänger" anderes als "Verkehr"? Frau Nicklas bläst leider - hoffentlich unbeabsichtigt - in das Horn einer großen Zahl fehlgeleiteter Verkehrsplaner und -lenker in vielen Behörden: Nur Motorisierte zählen als Verkehr. Und genau so werden die Räume dann verteilt: Wer mit Muskelkraft mobil ist, muß sich mit den Resten am Rand zufrieden geben.
Was sind "benötigte Radwege"? Seit nunmehr 18 (in Worten: achtzehn) Jahren darf Benutzungspflicht auf straßenbegleitenden Radwegen nur in begründeten Ausnahmen nach umfassender Einzelfallprüfung zur Abwendung einer örtlich bedingten außergewöhnlichen Gefahrenlage angeordnet werden - und auch das ausschließlich dann, wenn die Wege vorgegebenen Qualitätsstandards genügen und keine weniger gravierenden Maßnahmen möglich sind.
Der rechtlich gewollte Normalfall ist das Radfahren auf der Fahrbahn. Denn gerade die Radwege haben sich als tückische Sicherheitsrisiken erwiesen.
Radverkehr sensorisch zu erfassen, ist andernorts längst Realität. Notwendige Konsequenz aus hohem Aufkommen darf aber nicht sein, ihn in häufig unzureichende und gefährdende Seitenräume abzudrängen. Vielmehr ist der Verkehr insgesamt verträglich zu gestalten - die vermeintlichen Bedürfnisse von Autofahrern dürfen nicht länger das Maß aller Dinge sein.
Ähnliches gilt für den Fußverkehr. Die Politik der Vergangenheit hat "erfolgreich" geschafft, Fuß- und Radverkehr in Konflikträume zu treiben. So blieb dem Autoverkehr nicht nur das Gros der Verkehrsfläche. Durch die derart provozierten Auseinandersetzungen zwischen den unmotorisierten Verkehrsteilnehmern konnte er überdies sich und seine Rolle weitgehend aus der Streitdiskussion heraushalten - ungeachtet zigtausender Opfer.