Mit der Polizei auf Kerwa-Streife

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Bei ihrem Streifzug durchs Festgebiet freuen sich die Polizisten Gerald Storath (l.) und Werner Waßmann über jede nette Abwechslung: Die drei jungen Kerwa-Besucherinnen wollten sich unbedingt mit den freundlichen Beamten fotografieren lassen. Fotos: RiegerPress
Bei ihrem Streifzug durchs Festgebiet freuen sich die Polizisten Gerald Storath (l.) und Werner Waßmann über jede nette Abwechslung: Die drei jungen Kerwa-Besucherinnen wollten sich unbedingt mit den freundlichen Beamten fotografieren lassen.  Fotos: RiegerPress
Einsatzleiter Gerald Storath erläutert den Beamten der Bereitschaftspolizei die Einsatzgebiete.
Einsatzleiter Gerald Storath erläutert den Beamten der Bereitschaftspolizei die Einsatzgebiete.
 

Der Sandkerwa-Auftakt verlief aus Sicht der Polizei verhältnismäßig ruhig. Nach 1 Uhr jedoch häuften sich die Vorfälle. Trunkenheit, Körperverletzungen und Wildpinkelei hielten auf Trab.

In Sachen Sandkerwa ist Polizeihauptkommissar Werner Waßmann fast schon ein Urgestein. Seit 1977 gab es keine einzige Kirchweih, auf der der Beamte nicht mindestens einen Tag im Einsatz war - das ist auch bei Kerwa Nummer 62 nicht anders. Waßmann und sein Polizeikollege und Einsatzleiter Gerald Storath schoben in der ersten Sandkirchweihnacht einen Zwölfstundendienst.

20.25 Uhr. Während ihrer Fußstreife durch das Festgebiet fällt den beiden Polizisten ein völlig betrunkener Mann auf, der in der Ecke liegt. Da er aufgrund seines Alkoholkonsums nicht mehr ansprechbar ist, wird der Mann kurzerhand in die Ausnüchterungszelle verfrachtet. Auf dem Weg dorthin passiert es: Der Betrunkene übergibt sich, ein Schwall des Erbrochenen trifft Waßmanns Hose. Doch der erfahrene Polizist nimmt es relativ gelassen: "Betrunkene auf der Sandkerwa hat es immer gegeben und wird es auch immer geben." Es sollte in dieser Nacht nicht der einzige Fall dieser Art bleiben.

21.30 Uhr. Einsatzleiter Storath und sein Kollege müssen erneut handeln und die Zufahrt zur Markusbrücke sperren. Hier tummeln sich Hunderte meist junger Menschen, so dass ein Durchkommen für den Verkehr nicht mehr möglich ist. Auch das Festgebiet ist zu dieser Zeit rappelvoll. Doch die Funkgeräte der beiden Beamten bleiben ruhig.

So bleibt während der Kontrollfahrt Zeit, ein bisschen in Erinnerungen zu schwelgen.
"In den 35 Jahren Sandkerwa-Dienst gibt es fast nichts, was ich nicht schon erlebt hätte. Von netten Anekdoten - drei Frauen haben mir nachts mal Rosen geschenkt - über Beleidigungen bis hin zu Raufereien und Schlägereien", erinnert sich der 57-jährige Waßmann. Dass früher alles besser gewesen sein soll, könne er nicht bestätigen. Einzig der Respekt vor der Polizei sei damals noch etwas größer und die Sandkerwabesucher vielleicht weniger aggressiv gewesen. Lediglich das Ausgehverhalten habe sich verändert: In den 80er Jahren sei man nach Ende der Sandkerwa einfach heimgegangen. "Jetzt kommen viele erst um 22 oder gar 23 Uhr und wollen natürlich noch ihren Spaß haben", berichten die beiden Beamten.

23 Uhr. Funkspruch: Zwei Jugendliche haben in einer Kneipe in der Innenstadt eine Diskobeleuchtung "mitgehen" lassen. Die Diebe seien aber bereits vom Wirt und Passanten gestellt worden. Beim Eintreffen der Beamten zeigen sich die beiden jungen Leute aus Erlangen sofort geständig und bereuen ihre Tat. Dennoch wird ihnen in den nächsten Tagen eine Anzeige wegen Diebstahls ins Haus flattern.

Trotz der riesigen Menschenmassen im Sandgebiet bleibt es auch bis Mitternacht ruhig. Lediglich gegen 23.35 Uhr beschwert sich ein Anrufer wegen lauter Musik und Ruhestörung in der Fischerei. Doch auch dies klären die beiden Beamten unproblematisch. Ein kurzes Gespräch mit dem Betreiber einer Bar - und es geht wieder gesittet zu.

"Übernachtung" kostet


Mitternacht. Am Leinritt in Höhe des Stadtarchivs machen zwei minderjährige Jugendliche im Vollrausch Stress. Der eine ist gestürzt und zog sich dabei derart schwere Verletzungen zu, dass er zur stationären Behandlung ins Klinikum gebracht werden muss. Sein 17-jähriger Freund übergibt sich beim Eintreffen der Polizeistreife noch einmal kräftig. Was ihn nicht davon abhält, den Beamten ein Lügenmärchen nach dem anderen aufzutischen. Erst waren die Eltern im Urlaub, dann in Würzburg. Ein Alkoholtest ergibt 2,0 Promille. Auch wenn er dagegen protestiert, wird der junge Mann von Kollegen der Bereitschaftspolizei in die Ausnüchterungszelle gebracht. Die "Übernachtung" wird ihm in Rechnung gestellt werden.

Aber es gibt auch angenehme Begegnungen. Beim Rundgang über die selbst nach 0 Uhr noch überfüllte Markusbrücke treffen Storath und Waßmann zwei nette Damen, die den Beamten frisches Popcorn zum Probieren anbieten. Die Polizisten greifen dankbar zu, ein kurzer Smalltalk - und weiter geht's. Auf der Brücke wollen sich drei lustige Mädels mit den Beamten fotografieren lassen - auch hier ein freundlicher Wortwechsel, ehe es weiter geht.

In der Langen Straße die nächste Alkoholleiche. Der Mann liegt halb bewusstlos auf dem Gehsteig, der Rettungsdienst ist bereits vor Ort. Die Beamten werden erneut mit einem Schwall Erbrochenen "begrüßt". Kurzzeitig ist der Mann mittleren Alters ansprechbar, nennt Namen und Adresse - um gleich wieder zusammenzusacken. Da auch er nicht mehr fähig ist, allein nach Hause zu kommen, muss er die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen.

Kurz nach 1 Uhr. Inzwischen ist im Festbetrieb Ausschankschluss und die ersten Menschenmassen wandern ab. Für die Beamten beginnt jetzt die eigentliche Schwerarbeit. Fünf Minuten nach eins kommt es zur ersten Schlägerei. Ein junger Mann hat mit einem Maßkrug zugeschlagen. Zehn Minuten später am Gabelmann: Hier raufen sich einige Jugendliche. Dabei wird einem der Akteure das T-Shirt zerrissen.

1.47 Uhr. Die nächste Keilerei, diesmal vor der Elisabethenkirche. Mindestens fünf Menschen haben kräftig aufeinander eingeschlagen. Das Ergebnis: fehlende Zähne, blutende Nasen und jede Menge Platzwunden. Gleich zwei Rettungswagen kümmern sich um die Verletzten. "Wir haben die Personalien aufgenommen und den Sachverhalt versucht, soweit wie möglich zu klären. Die Vernehmungen werden wir in den nächsten Tagen vornehmen", erklärt Einsatzleiter Storath. Zwischendurch fällt den Beamten am Fuße des Dombergs eine junge Frau auf, die schamlos, obwohl Dutzende Passanten vorbeilaufen, die Hosen heruntergelassen hat und ihr "Geschäft" verrichtet. Die Wildpinklerei kostet sie 35 Euro.

2.30 Uhr. Das Festgebiet im Sand ist weitgehend verwaist. Die Menschenmassen wandern ab in Richtung Lange Straße und Gabelmann. Doch ein plötzlich einsetzender heftiger Regen fegt die Straßen auch dort schnell leer. Die einen flüchten nach Hause, die anderen suchen Unterschlupf in den noch geöffneten Kneipen und Clubs. Bei ihren Sperrzeitenkontrollen kurz nach 3 Uhr stellen die Beamten keine Verstöße fest. Nur zwölf junge Fußballfans grölen durch die Nacht und erhalten einen Platzverweis. Langsam wird es ruhig in der Stadt. Gegen 4 Uhr fahren die beiden Polizeihauptkommissare zurück in die Dienststelle. In den nächsten zwei Stunden wartet noch jede Menge Büroarbeit auf ihre Erledigung. Dann ist es geschafft. "Insgesamt war es eine verhältnismäßig ruhige Nacht", bilanzieren die beiden Polizisten.