In den vergangenen Wochen hat die Anzahl der Körperverletzungen am Wochenende offenbar zugenommen - zumindest gefühlsmäßig. Lässt sich dieser Eindruck mit Zahlen belegen? Eine Spurensuche bei Polizei, Staatsanwaltschaft und im Klinikum.
Was ist da los in Bamberg? Kein Polizeibericht vom Wochenende ohne Körperverletzung. Auch am Montag war im FT wieder zu lesen vom "Kampf gegen Sperrstunden - und Gäste" oder dem "Schlag ins Gesicht vor der Diskothek". Seit etwa fünf Wochen fliegen anscheinend häufiger die Fäuste. Nur ein Gefühl oder eine Tatsache?
Der erste Anruf geht an die Stelle, deren Leute draußen direkt mit dem Thema konfrontiert sind: die Polizei. Pressesprecher Holger Dremel stimmt zu: "Ja, bei uns ist das gefühlt auch so. Die Schlägereien scheinen sich in Richtung Frühling zu steigern." Später wird Dremel aber auch sagen, dass einen das Gefühl täuschen kann. Denn die Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik der vergangenen Jahre sagen etwas anderes.
In den Jahren 2011 bis 2013 lag die Zahl der einfachen Körperverletzungen - die Ohrfeige oder der Faustschlag - relativ konstant bei rund 500 pro Jahr. Gefährliche Körperverletzungs-Delikte sind in der polizeilichen Statistik etwa 150 pro Jahr eingetragen. Das sind Fälle, in denen der Angreifer seinem Kontrahenten beispielsweise die Bierflasche auf den Kopf knallt oder mehrere Menschen auf ihr Opfer einschlagen.
50 bis 60 Körperverletzungen pro Monat "Im durchschnittlichen Jahresvergleich kommen wir auf 50 bis 60 Körperverletzungen pro Monat, jeweils in den Jahren 2011, 2012 und 2013", erläutert Dremel. Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht, da die neue Statistik erst im Frühjahr fertig ist. Der Polizeisprecher stellt fest: "Eine Zunahme der Körperverletzungen können wir nicht bestätigen."
Wie schaut es bei der Bamberger Staatsanwaltschaft aus? Leitender Oberstaatsanwalt Bardo Backert sagt gleich, dass in Sachen Statistik wenig Verwertbares zu erwarten sei. "Das liegt im System begründet. Wir kriegen die Fälle mit zeitlicher Verzögerung, weil die Polizei ermittelt und den Sachverhalt klärt."
Lande etwas sofort bei der Staatsanwaltschaft, dann seien dies "die größeren Sachen", sprich versuchte oder vollendete Tötungsdelikte. Als Beispiel nennt Backert den kürzlich aufgetretenen Fall eines Sohnes, der seine Mutter aus einem Bamberger Pflegeheim entführt und getötet hat. Oder den Rentner, der seine Frau mit einem Kabel ermorden wollte.
Die kleineren Delikte könne man keinem bestimmten Zeitraum zuordnen, allenfalls die Sandkerwa-Schlägereien oder körperlichen Auseinandersetzungen zum Zeiler Weinfest. "Ein Teil der Verfahren wird außerdem eingestellt, zum Beispiel gegen Geldauflage. Oder, weil nichts nachweisbar ist", erklärt Backert. Da bleibe nur wenig übrig, bei dem tatsächlich ein Urteil gesprochen werde. Er verweist deshalb auf die polizeiliche Statistik.
Auch im Bamberger Klinikum wird Buch geführt. Dorthin geht der dritte Anruf. Joachim Knetsch ist Chefarzt der Notaufnahme und schaut in den Unterlagen nach: An den vergangenen fünf Wochenenden kamen zwischen einem und neun Patienten in die Notaufnahme - wobei die neun ein Ausreißer sind. Sie waren zum Jahreswechsel auf ärztliche Hilfe angewiesen. "An den Feiertagen ist immer mehr los", sagt Knetsch. "Drei bis fünf Patienten pro Nacht sind normal."
Kopfplatzwunden, Prellungen und Kieferschmerzen Die Beteiligten der Schlägereien kommen mit Kopfplatzwunden, Prellungen am Schädel oder den Extremitäten und Kieferschmerzen. Die meisten Verletzungen seien ambulant zu versorgen, nur vereinzelt bleibe mal einer über Nacht. Laut dem Chefarzt könne man nicht davon sprechen, dass in den vergangenen Wochen mehr Opfer von Schlägereien in die Notaufnahme gekommen sind. "Es bleibt auf dem gleichen Niveau." Am Wochenende könnten Körperverletzungen allerdings durchaus gehäufter auftreten.
Viele der Eingelieferten sind alkoholisiert. Das bestätigt auch Holger Dremel von der Polizei. "Es gibt so gut wie keine Schlägerei, bei der kein Alkohol im Spiel war - oder andere Drogen." Seiner Erfahrung nach genügen dann schon Lappalien, um einen Streit auszulösen. Da wird die Freundin eines Mannes angesprochen oder jemand versehentlich angerempelt. Um präventiv vorzusorgen, postieren sich Polizeibeamte an den Wochenenden vermehrt an neuralgischen Punkten wie dem Gabelmann oder in der Sandstraße. Werktags ist es ruhiger. "Unter der Woche haben wir kaum Körperverletzungen, am Wochenende können sie schon mal geballt auftreten", sagt Dremel. Gerade die kalte Jahreszeit schlage manchem wohl aufs Gemüt. Vielleicht wird das bald besser? "Sonne, Wärme und Helligkeit haben ja etwas Beruhigendes."