Knapp 100 Zuhörer verfolgten im Ziegelbau den Austausch über die Mobilität der Zukunft vor dem Hintergrund des Klimawandels.
Während die meisten Bamberger einen Verkehrskollaps in ihrem schönen Weltkulturerbe befürchten, beschwört Stadtwerke-Chef Michael Fiedeldey eine ganz andere Sphäre: "Bei dem ÖPNV-Angebot in Bamberg leben Sie im Himmel der Glückseligkeit!", pries er die 1603 Busfahrten an, die die Stadtwerke als Betreiber täglich anbieten. Und doch gebe es viel zu viele, die "unreflektiert ins Auto steigen, statt zu Fuß oder mit dem Bus zum Bäcker zu kommen", ergänzt Gerrit Poel, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).
So ging es in dieser von den Stadtwerken und dem VDV anberaumten Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Ziegelbau zum Thema "Mobilität 2030" auch um die Bequemlichkeit. Um die Forderung nach einem Umdenken. Denn dass Autoverkehr die Umwelt durch hohe Treibhausgas-Emissionen belastet, "wissen alle, das ist kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem", erklärte VDV-Mann Poel.
Zwar seien die Autos in den letzten Jahren "besser und effizienter im Verbrauch geworden", doch das Fahren habe zugenommen von einem Level 100 auf 130. Da erhebe sich die Frage, welche Vorstellungen eigentlich vom Leben in einer Stadt vorherrschen. Wie der knappe Straßenraum so aufgeteilt werden könne, dass sich jeder wohlfühlt? Zumal nachhaltiger Stadtverkehr mehr sei als der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad oder vom Diesel-Bus auf den E-Bus.
Eine Ahnung davon, wie ein solcher nachhaltiger Stadtverkehr in Bamberg ausschauen könnte, vermittelten die Diskutanten auf dem Podium zumindest im Ansatz. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) nannte es eine Zukunftsaufgabe, "mehr Mobilität zu erzeugen und weniger Verkehr auszulösen". Zugleich müsse die Lebens- und Wohnqualität verbessert werden, in dem der Autoverkehr möglichst nicht störe. "Aber wir dürfen nicht mehr Vorschriften machen und müssen Kompromisse schließen", nannte der OB eine kommunalpolitische Realität. Als ein Beispiel führte Starke die Lange Straße als wichtigste Verbindung vom Schönleinsplatz nach Gaustadt an. Es käme der Quadratur des Kreises gleich, allen Verkehrsträgern, dem Einzelhandel, den Gastronomen eine zufrieden stellende Lösung zu bieten.
Moderator Michael Memmel, Leiter der FT-Lokalredaktion Bamberg, sprach in diesem Zusammenhang das umstrittene kostenfreie Parken für eine Stunde in den Parkhäusern der Stadtwerke an. Michael Fiedeldey lobte dagegen diese Regelung, weil sie den Parksuchverkehr reduziere bei gleichzeitiger Anpassung des Preises für längeres Autoabstellen.
Zukunftsweisend
Als zukunftsweisend führte der Stadtwerke-Geschäftsführer das geplante Mobilitätsangebot auf dem künftigen Lagarde-Campus an "inklusive Car-Sharing und rückbaubare Stellplätze für Autos". Den Einwurf einer Zuhörerin, dass die geltende Stellplatzsatzung geändert werden müsse, nach der für jede Wohnung ein Parkplatz zur Verfügung steht, konterte OB Starke: "Wir müssen die gegenwärtige Realität sehen, dass die Leute nicht weniger Autos haben, wenn die Stellplatzordnung anders gehandhabt werden würde." Ohnehin sei für eine Stadt der "wirksamste Beitrag zum Klimaschutz die energetische Sanierung der eigenen Gebäude".
Natürlich ging es auch ums Geld, um die Finanzierbarkeit von Mobilitätsmaßnahmen, um die Ticketpreise für die Stadtbusse. "Der Preis ist nicht ausschlaggebend", meinte etwa Robert Frank, Geschäftsführer der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft und Vorsitzender der Landesgruppe Bayern des VDV. Kostenloses Busfahren an den Adventssamstagen könne als Werbemaßnahme wichtig sein, mehr aber auch nicht. Generell gelte, dass der ÖPNV die "Basistugenden Sicherheit, Sauberkeit, Pünktlichkeit" übe und alle Maßnahmen finanzierbar bleiben.
"Bei dem ÖPNV-Angebot in Bamberg leben Sie im Himmel der Glückseligkeit"? Wo lebt Herr Fiedeldey?
Schon in meiner Heimatstadt, die in ihrem Verkehrsverbund als besonders rückständig und fahrgastfeindlich gilt, sind Angebotsqualität und Kundenorientierung deutlich stärker ausgeprägt.
Es wundert mich nicht, daß die Beteiligung einschlägiger Fahrgastverbände an der Erarbeitung und Fortschreibung der Nahverkehrspläne in Stadt und Landkreis strikt verweigert wird, obgleich bundesrechtlich vorgeschrieben. Das selbstgestrickte (oder selbstgetrickste) Weltbild der paradiesischen Zustände könnte ins Wanken geraten, wenn sachkundige Betroffene sich zu Wort melden dürften.
Die kostenlose erste Parkstunde hat vor allem zwei Effekte: Sie macht das Fahren in die Innenstadt mit dem Pkw attraktiver und sorgt zugleich für einen schnelleren Umschlag, sprich: noch mehr Autoverkehr. Das dürfte den vermiedenen Parksuchverkehr wohl sicher kompensieren.
Die Zeichen der Zeit haben die hiesigen Verantwortlichen noch immer nicht erkannt.
Wer an Durchfahrt durch die Innenstadt festhält, der hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.
Der darf zum Wohl der Aufenthalts- und Lebensqualität nicht gewählt werden, so einfach ist das!
komplett autofreie innenstadt und altstadt, anders bekommen wir das problem nicht in den griff oder anders gesagt, was woanders, also europaweit geht, wird doch auch hier gehen
Die Eintrittskarte für die Veranstaltung "Autoland Deutschland" kostet 10 Euro zuzüglich 4,50(!) Versandkosten. Plus Parkhausgebühren. Lohnt sich das für ein Autogramm vom Autoexperten Martin Schulz? Dann wohl doch lieber drei Bock im Schlenkerla und einem satten Prost auf die Glaskugelvisionäre...