Machen Schmerzen einen Sinn?

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Die öffentliche Präsentation des Promotionsschwerpunktes mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm stieß auf reges Interesse. Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
Die öffentliche Präsentation des Promotionsschwerpunktes mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm stieß auf reges Interesse. Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
Die öffentliche Präsentation des Promotionsschwerpunktes mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm stieß auf reges Interesse.Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
Die öffentliche Präsentation des Promotionsschwerpunktes mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm stieß auf reges Interesse.Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
 
Referenten, Stipendiaten und ihre wissenschaftlichen Betreuer im Innenhof der Universität in Bamberg. Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
Referenten, Stipendiaten und ihre wissenschaftlichen Betreuer im Innenhof der Universität  in Bamberg.           Foto: Katharina Thoma/Universität Bamberg
 

Die Universitäten Bamberg und Würzburg erforschen den Schmerz nicht nur aus medizinischer und psychologischer Perspektive, sondern auch aus theologischer.

Frömmigkeit ersetzt nicht eine medizinische Schmerzbehandlung, kann aber ein Resilienzfaktor sein. Religion kann somit dazu beitragen, Schmerzen anzunehmen und zu verarbeiten, also das Immunsystem der Seele zu stärken. Zu diesem Ergebnis kam Heinrich Bedford-Strohm, bayerischer Landesbischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland, bei der öffentlichen Vorstellung des interdisziplinären Promotionsschwerpunkts der Universitäten Bamberg und Würzburg namens "Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung".

In der christlichen Religion habe das Thema Schmerz eine inhaltliche und zentrale Bedeutung, erklärte Bedford-Strohm. Denn Gott selbst habe in seinem Sohn Jesus Christus "abgründiges Leiden und Schmerzen im Foltertod am Kreuz erlebt". Menschliche Erfahrung fließe "in Gottes Selbst ein". Doch sein Leiden sei nicht das Ende gewesen, sondern mündete in eine hoffnungsvolle Perspektive: in die neue Stadt, wie sie die Offenbarung des Johannes beschreibe.

"Jesus trat als Heiler auf, er hat den Menschen nicht Schmerz zugefügt, um sie offen zu machen für Religion". Die in der Kirchengeschichte bekannten Selbstgeißelungen seien nur als Perversion von Religion anzusehen, so der Landesbischof: "Schmerz ist kein Selbstzweck." Jesu Gebot der Nächstenliebe fordere, dem leidenden Menschen zu helfen, das Leid zu überwinden. Dieser Aufgabe würden sich etwa die Klinikseelsorger "täglich stellen". Ihre Erfahrung sei, dass "Gott nah am Menschen ist, nah am Schmerz und diesen ertragen lässt", sagte Bedford-Strohm, ehemaliger Professor an der Universität Bamberg.

Zwischen Sinn und Sinnlosigkeit

Theologie-Professor Thorsten Moos von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel entfaltete die Kernthese, dass Religion ein Deutungsschemata zur Verfügung stelle, die die Frage nach dem Sinn von Krankheit und Schmerz zugleich artikulieren und problematisieren würde. Religion fungiere nicht als Sinnstiftung, sondern "als sinnvoller Ausdruck für das prekäre Verhältnis von Sinnerwartungen, Erfahrungen von Sinn und Erfahrungen von Sinnlosigkeit", so Professor Moos. Und: "Alle religiösen Deutungen von Schmerz laborieren an der Grenze von Sinn und Sinnlosigkeit." Die Frage, wie ein allmächtiger und gütiger Gott Leiden zulassen könne (Theodizee), "ist im strengen Sinne unbeantwortbar", betonte der Theologe. In der Medizin habe der Schmerz "keinen Sinn, sondern ist eine Krankheit beziehungsweise ein Krankheitssymptom" - anthropologisch und biografisch sinnlos, biologisch und praktisch sinnvoll.

Die Veranstaltungsvorträge insgesamt betrachteten den Schmerz generell aus medizinischer, psychologischer und eben theologischer Sicht. An dieser Schnittstelle arbeiten auch Medizin, Psychologie und evangelische Theologie im Promotionsschwerpunkt zusammen. Ermöglicht und gefördert wird dieser vom Evangelischen Studienwerk Villigst, dem Begabtenförderungswerk der evangelischen Kirchen in Deutschland. Die derzeit zwölf Promotionsstipendiaten für den Schwerpunkt "Resilienzfaktoren in der Schmerzverarbeitung" würden "den Blick über die eigenen Fachgrenzen hinaus erweitern", erklärte Almuth Hattenbach als Vertreterin des Studienwerks. Denn der Schmerz sei ein "vielschichtiges Phänomen", das nur in der "Verschränkung von Körper und Seele zu sehen ist".

Ganzheitlicher Ansatz

Der Bamberger Psychologie-Professor Stefan Lautenbacher, Sprecher des interuniversitären Promotionsschwerpunkts, würdigte den "Brückenschlag zwischen den Kraftfeldern Natur- und Geisteswissenschaften" in diesem Forschungsprojekt. Professor Alfred Forchel, Präsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, würdigte die Beteiligung der Theologie: "Schmerzerkrankung ist ein wichtiges Thema, und es ist ein wichtiger Schritt aus Sicht der Kirche, in einem Bereich aktiv zu werden, der die Menschen bewegt".

Auch Professor Guido Wirtz, Vizepräsident Technologie und Innovation an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, lobte den "ganzheitlichen Ansatz, an ein schwieriges Thema heranzugehen und Perspektiven zu entwickeln". Außerdem sei es "zum Nutzen aller, besonders dieser Promovierenden, wenn sich benachbarte Universitäten zusammen tun".