Der Streit um den richtigen Weg beim Naturschutz in Franken spitzt sich zu. Der Landtag hat der Staatsregierung den Rücken gestärkt: kein Schutzgebiet bei Ebrach. München schafft Fakten, mit denen sich jetzt wohl die Gerichte auseinander setzen müssen.
Das Hauen und Stechen im Steigerwald geht weiter. Die jüngste Runde endete mit einem Punktsieg für die Staatsregierung: Der Landtag sprach sich mit der Mehrheit von CSU und Freien Wählern wie zuvor schon der Ministerrat dafür aus, das Waldschutzgebiet bei Ebrach im Landkreis Bamberg außer Kraft zu setzen.
Dieser Beschluss ist politisch nicht weniger brisant als rechtlich. Günther Denzler (CSU), der frühere Landrat des Landkreises Bamberg, hatte das Waldschutzgebiet im Steigerwald "auf einem rechtlich sauberen Weg" umgesetzt, wie er sagt. Mehrere Staatsminister und der Ministerpräsident "waren immer informiert". Seehofer wollte sogar in aller Stille in den Steigerwald kommen und sich das neue Schutzgebiet anschauen; der Termin platzte kurzfristig.
Davon will München nichts mehr wissen.
Umweltminister Marcel Huber (CSU) sprach im Landtag von einem "fragwürdigen Vorgehen" des Ex-Landratss und meinte: "Wir machen in Bayern keinen Naturschutz gegen die Interessen der Menschen." Denzlers Nachfolger im Amt, Landrat Johann Kalb (CSU), hat den Vollzug des Schutzgebietes "Hoher Buchener Wald" mittlerweile außer Vollzug gesetzt. Huber und Forstminister Helmut Brunner (CSU) hatten darauf gedrängt, nicht zuletzt, weil das 775 Hektar große Schutzgebiet von Naturschützern bejubelt wird: Sie sehen darin die Keimzelle eines Nationalparks und Weltnaturerbes Steigerwald, "eine einmalige Chance für die Region und weit darüber hinaus", sagt der Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Hubert Weiger.
Dafür oder dagegen? Der BN will heute in Nürnberg Ergebnisse einer Umfrage präsentieren und belegen, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung den
Nationalpark-Gedanken stützt. Der BN kündigt weiter rechtliche Schritte an, sollte das Schutzgebiet fallen.
München stützt sich dagegen auf die Protestbewegung vor Ort, die mit dem Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) aus Unterfranken prominent besetzt ist. "Das ist alles ein Skandal", sagt Denzler; der Landtag "kann beschließen was er will, er ist für die Schutzgebietsverordnung ja gar nicht zuständig."
Tatsächlich ist das Schutzgebiet nicht aufgehoben. "Die Verordnung wird nicht vollzogen. Als würde man dem Ladendieb sagen, es ist verboten, was du da tust, aber wir bestrafen dich nicht dafür", wundert sich der Landrat a.D. über ein "seltsames Rechtsverständnis in der CSU".
@schumannba
Die Staatsregierung verfolgt die Ziele der Bayerischen Staatsforsten — sprich die der Motorsäge. Die Staatsforsten wurden im Zug der bayerischen Verwaltungsreform.von Edmund Stoiber auf maximalen Ertrag zulasten der Nachhaltigkeit getrimmt.
http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/quer/140605-quer-steigerwald-100.html
Viele Mitglieder des Vereins "Unser Steigerwald" durchblicken nicht was geschieht und lassen sich instrumentalisieren.
Wie kann es sein, daß ein paar wenige Anwohner- allerdings mit einer hervorragenden Lobby-
darüber bestimmen können, ob ein einmaliges Waldgebiet in Bayern der Säge zum Opfer fällt
oder nicht!?
Das eindeutig rechtwidrige Verhalten des ehemaligen Bamberger Landrats wird nicht besser, wenn er und sein Umfeld immer wieder die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens betonen. Inzwischen liegen Rechtsgutachten vor, die diese Vorgehensweise von Dr. Denzler eindeutig widerlegen. Schon die Regierung von Oberfranken hätte die Verordnung aufheben müssen. Davon abgesehen ist die Ausweisung dieses Schutzgebietes auch völlig widersinnig. Ein ganz normaler Wirtschaftswald, der bereits FFH geschützt ist soll aus der Nutzung genommen werden. Das "Trittsteinkonzept" des FB Ebrach zeigt gerade in diesem Bereich großartige Erfolge hinsichtlich der Verbesserung der Biodiversität im Wirtschaftswald. Einem Dr. Denzler und dem BN gehen es nicht um sachliche Diskussion, sondern um ihr ideologisches Ziel aus dem Steigerwald einen Nationalpark zu machen.
Das Selbstbestimmungsrecht der Steigerwälder wird dabei völlig missachtet.
Das Gutachten von Prof. Matthias Schneider von der FH Schmalkalden stammt noch aus der Zeit, BEVOR der damalige Landrat Denzler den geschützten Landschaftsbestandteil auswies. Wer hat eigentlich den Gutachter mit welchen Geldern bezahlt?
Das Trittsteinkonzept des FB Ebrach kann bei weitem nicht die Anzahl von "Urwaldrelikt-Arten" hervorbringen, wie es ein aus der Nutzung genommener Wald ist Laufe der Zeit erwiesenermaßen tut. Ein Wirtschaftswald wird nunmal nicht zum Naturparadies, nur weil man 2 Biotopbäume pro Hektar stehen lässt (und keine neuen nachwachsen lässt). Außerdem hindert ja niemand den FB Ebrach daran, auf den übrigen 96% seiner Fläche genau das zu tun. Er muss ja nur auf die Nutzung von ganzen 4% verzichten.
Auch der FFH-Status des Gebiets schützt den Wald nicht davor, dass Buchen kurz vor Erreichen ihrer Biotopwürdigkeit systematisch abgeerntet werden. Echte Biodiversität bildet sich erst durch nach Nutzungsaufgabe aus.
Der Geschützte Landschaftsbestandteil bleibt trotz anderslautender Meldungen de jure weiterhin bestehen. Der FB Ebrach wäre schlecht beraten, wenn er denn "ruhenden Vollzug" zu illegalen Abholzaktionen nutzen wollte, und der neue Landrat Johann Kalb wäre ebenso schlecht beraten, wenn er in einem solchem Fall nicht einschreiten würde. Eine Fachaufsichtsbeschwerde wäre ihm sicher.