Kommt die fränkische Natur unter die Räder?

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Symbolbild
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In der Fränkischen Schweiz gibt es Bestrebungen, die Kletterer an die Kette zu legen. Im Steigerwald streiten sich die Mountainbiker mit den Förstern. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Appell an die Vernunft genügt oder es mehr Regeln und Verbote braucht.

Die Natur hat in Bayern Verfassungsrang: "Der Genuss der Naturschönheiten ... ist jedermann gestattet", steht in ehernen Lettern in dem Gesetz. Damit wäre alles klar, doch damit beginnt auch das Problem: Denn was unter "Genuss" zu verstehen ist, sieht in einer modernen Freizeitgesellschaft inzwischen jeder ein bisschen anders.
Steffen (27) zum Beispiel. Der hauptberufliche Kraftfahrer aus Unterfranken bezeichnet sich selbst als "Hardcore-Mountainbiker". Für ihn ist es eine Horrorvorstellung, mit hunderten anderen etwa über den Mainradweg zu bummeln. Steffen (Name von der Redaktion geändert) sucht den Thrill abseits der festen Wege. Er "schürt" mit seiner 27-Gang-Maschine mit Vorliebe durch abgelegene und über einsame Gipfel im Steigerwald, meist alleine, ab und an im Team, das sich per Internetforum zur Tour verabredet.

Von wegen Furchen im Boden ...
Seinen Sport sieht Steffen durch
die Rechtslage gedeckt: Das Bayerische Naturschutzgesetz regelt in Einklang mit der Verfassung, dass jeder die Natur ohne Genehmigung betreten darf. "Und ein Bike ist ja kein Kraftfahrzeug." Steffens Schlüsselerlebnis war die verbale Kollision mit einem Förster. "Der hat mir allen Ernstes vorgeworfen, dass meine Reifen tiefe Furchen in den Wald ziehen. Ein paar Meter weiter pflügte da gerade ein Harvester einen halben Meter tief durch den Boden."
Beim Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg gibt man Steffen und Co. "im Prinzip" Recht: "Das Betretungsrecht gilt aber nur für traditionelle Formen der Freizeitnutzung", die das Naturerlebnis in den Mittelpunkt stellen - sprich für Wanderer ... Radfahren, so ein Sprecher des LfU, gestattet das Naturschutzgesetz ausdrücklich nur auf den dafür ausgewiesenen Wegen.
Auch das LfU schießt nicht mit Kanonen auf Radler, schon alleine aus Gründen der Kontrolle. Doch der ungeliebte Querfeldeinbiker wird spätestens dann zum Problem, wenn er im "Rudel" auftritt, was Förster im Steigerwald immer häufiger beobachten.

Trails mit allen Schikanen
Mehr noch: Die Mitarbeiter des Staatsforstbetriebes in Ebrach haben schon wiederholt illegal angelegte Trails im Wald entdeckt, "mit Sprungschamnzen und allen Schikanen", wie Daniel Steuer vom Forstbetrieb sagt.
"In Zeiten des Internets gibt es keine Geheimtipps mehr. Und per GPS findet man auch noch in den hintersten Winkel", sagt ein Förster aus der Rhön, wo man den Rad-Wilderern offensiv begegnet: Einige anspruchsvolle Berg- und Talstrecken wurden speziell für Mountainbiker präpariert und beschildert; wer trotzdem querfährt, riskiert ein Bußgeld.
Um das rechte Maß beim Naturgenuss streiten nicht nur Forstleute und Radler. In der Fränkischen Schweiz hat sich ein Konflikt zwischen Kletterern und Naturschützern am Tagebuch von Bernhard Lang entzündet. Der Pflanzenkundler führt seit 45 Jahren akribisch Buch über die Artenvielfalt in der "Fränkischen" und und beklagt das Verschwinden des Sumpfdreizacks und des Schlangenäugleins. "Die sind den Tritten der Kletterer zum Opfer gefallen", sagt Lang. 11 000 Kletterrouten seien zu viel, der Ansturm der Freizeitsportler nicht mehr zu steuern. Die Natur komme dabei unter die Räder.

Sanfter Tourismus
Langs Kritik ruft den Naturpark und den Alpenverein (DAV) auf den Plan. Dessen Vertreter betonen, dass sich die Bergsportler als Teil des sanften Tourismus' ihrer Verantwortung bewusst seien. "Wir haben es uns bei der Ausweisung der Kletterrouten in der Fränkischen Schweiz nicht leicht gemacht", sagt Barbara Eichler vom DAV. Ruhezonen für die Natur seien berücksichtigt worden.
"Wir können nicht ganze Täler sperren", ergänzt Wolfgang Geißner vom Naturpark. Die Kontrahenten suchen den Kompromiss. Der steht sogar schon in einem anderen Artikel der Bayerischen Verfassung: "Jedermann hat die Freiheit, ... alles zu tun, was anderen nicht schadet." Wenn's doch nur so einfach wäre ...


 

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