Kein Platz für Extremisten

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Im Stadtrat soll daher eine "Resolution der Stadt Bamberg für Demokratie und Toleranz" verabschiedet werden.

Am Tag vor der Europawahl gibt es am Kranen für einige Zeit kein Durchkommen: Nur wenige Meter und Polizisten in Schutzwesten trennen einen Infostand des Dritten Wegs von einer Gegenkundgebung, in der neben anderen auch Antifa-Fahnen geschwenkt werden. Dritter Weg wie Antifa werden vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft, die einen rechts, die anderen links des erlaubten Spektrums.

Mit dem Thema Extremismus wird sich heute auch der Bamberger Stadtrat befassen. Zur Abstimmung steht dann eine "Resolution der Stadt Bamberg für Demokratie und Toleranz", in der es unter anderem heißt: "Der Stadtrat verurteilt (...) Extremismus in jeglicher Form. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Diffamierung und Gewalt gegen ethnische, religiöse, kulturelle, soziale und andere Minderheiten sind in unserer Stadt nicht erwünscht."

Beauftragter für Demokratie

Weil in der Stadt "vermehrt Aktivitäten extremistischer Gruppierungen zu verzeichnen waren", habe die Verwaltung Kontakt mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE), einer Einrichtung des Innenministeriums, aufgenommen. Bei einer gemeinsamen Besprechung im Januar wurden der Stadt diverse Handlungsempfehlungen zum Themenkomplex "Extremismusprävention und Demokratieförderung" mit auf den Weg gegeben, die nun auch im Stadtrat vorgestellt werden sollen.

So arbeitet die Stadt Bamberg bereits eng mit dem Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus sowie mit der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg zusammen. Darüber hinaus bestehe ein regelmäßiger Austausch mit dem Landkreis und weiteren Behörden, insbesondere der Polizei. Die Stadt beteiligt sich seit 2019 am Bundesförderprogramm "Demokratie leben!". Mit den Fördermitteln von insgesamt 80 000 Euro werden lokale Projekte zur Demokratiestärkung (Vorträge, Theaterstücke, Kulturfestival) unterstützt. "Die Kommunen haben gemeinsam mit allen staatlichen Stellen die Aufgabe, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen", stellt Stadtsprecherin Ulrike Siebenhaar fest. "Es gilt daher, sich gemeinsam mit der Zivilgesellschaft gegen jede Form von Extremismus zu engagieren." Die zentrale Empfehlung der BIGE sei die Institutionalisierung eines Demokratiebeauftragten innerhalb der Stadtverwaltung. Dort soll künftig "das städtische Verwaltungshandeln für Demokratie und gegen jede Form von Extremismus" koordiniert werden. Ab Herbst 2019 sind zudem "Runde Tische für Demokratie" bzw. eine Demokratiekonferenz vorgesehen. Diese Veranstaltungen soll es dann mindestens zweimal jährlich geben.

Und schließlich geht es noch um die Resolution, mit deren Verabschiedung sich der Stadtrat zu seiner Verpflichtung bekennen würde, "jeder Art von extremistischen Aktivitäten im Rahmen seiner Möglichkeiten entgegenzuwirken" sowie "besonders die demokratische Entwicklung junger Menschen zu fördern und diese in der Auseinandersetzung mit extremistischen Aktivitäten zu stärken".

Insbesondere auf linksextreme Aktivitäten in Stadt und Landkreis hat vor kurzem eine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Jan Schiffers abgezielt. Das Innenministerium hatte ihm bestätigt, dass rund 200 Personen in Stadt und Landkreis Bamberg vom Verfassungsschutz der linksextremistischen Szene zuzuordnen seien. Zehn linksextremistische Gruppierungen von der Antifaschistischen Aktion bis zur Roten Hilfe Bamberg würden vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. "Dies sind erschreckende Zahlen, die belegen, dass Linksextremismus auch in Bamberg und Umgebung ein ernsthaftes Problem darstellt", so Schiffers. Es sei "höchste Zeit, dass die Stadt Bamberg und der Landkreis das Problem endlich zur Kenntnis nehmen und aktiv hiergegen vorgehen". Im April war das Bürgerbüro des Bamberger Abgeordneten von Unbekannten besprüht worden.

Zahlreiche Propagandadelikte

Das Innenministerium bestätigt auf Anfrage die Zahlen zum Linksextremismus. Daneben verweist das Ministerium auf das Lagebild "Rechtsextremismus in Oberfranken", das unter anderem 70 NPD- und 15 Dritter-Weg-Mitglieder im Regierungsbezirk zählt. Diese Daten sind freilich nicht auf Bamberg heruntergebrochen. Dem "weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Spektrum", das von Skinheads über rechtsextreme Einzelpersonen bis hin zu Internetaktivisten reiche, ordnet das Ministerium in Oberfranken 120 Personen zu. Zur Zahl der "Reichsbürger" in Stadt und Landkreis sagt Anne Höfer vom Polizeipräsidium Oberfranken: "Aktuell sind nach dem Wohnortprinzip im Zuständigkeitsbereich der Kriminalpolizeiinspektion Bamberg 108 Personen erfasst."

Keine größere Rolle spiele der religiös geprägte Extremismus in Stadt und Landkreis. "Salafisten bewegen sich aktuell vor allem in den bayerischen Ballungszentren um München und Nürnberg", erklärt dazu Sandra Schließlberger, Pressesprecherin des Innenministeriums.

Inwieweit sich die verschiedensten Ausprägungen des Extremismus auch auf die Kriminalstatistiken auswirken, zeigen die Zahlen des Polizeipräsidiums Oberfranken. So gab es nach Auskunft von Pressesprecherin Höfer im Stadtgebiet Bamberg im vergangenen Jahr 21 rechts- und 28 linksextremistische Straftaten. Im Landkreis waren es 18 rechte, 15 linke und drei religiös geprägte Delikte. Bei der Großzahl der verfolgten Straftaten handelt es sich um Propagandadelikte, Volksverhetzung und Sachbeschädigung, nur vereinzelt gab es Körperverletzungen und Nötigungen.

Auch der Landkreis Bamberg engagiert sich seit Jahren im "Bündnis gegen Rechts". Als Partner des Programms "Demokratie leben!" baue der Kreis gerade ein Netzwerk auf, dessen Ziel es sei, das Demokratieverständnis zu stärken. "Jegliche Form von Extremismus - egal ob von links oder von rechts - darf in einer freien Gesellschaft keinen Platz haben", erklärt dazu Landrat Johann Kalb (CSU).

Der Dritte Weg zählt wie die Rechte, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) oder die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) zu den Parteien, die der Verfassungsschutz als extremistisch einstuft. Bei der Europawahl war deren Erfolg in der Region freilich überschaubar: Im Stadtgebiet kamen die fünf Parteien zusammen auf 101 Stimmen, im Landkreis immerhin auf 376.