Traditionell bittet der Bauernverband vor Wahlen die Bewerber der Parteien zum Informationsaustausch. Vor allem mit den Grünen gerieten die Vertreter der "grünen Front" dabei in Hirschaid aneinander. Förderpolitik, Tierzucht und die Ausgleichsflächen-Problematik bargen Zündstoff.
Fast hätte das traditionelle "Kandidatengespräch", das der Kreisverband Bamberg des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) vor Landtags- und Bundestagswahlen mit Abgeordneten und Bewerbern aller Fraktionen führt, diesmal ein schiedlich-friedliches Ende genommen. Aber nur fast, denn ganz am Ende eines langen Vormittages griff der Präsident des Bauernverbandes Oberfranken, Hermann Greif, doch noch ein Thema auf, das die Wogen hochschlagen ließ: die Tierhaltung. "Drogenhandel in den Ställen" werfe man den Landwirten vor, und in der folgenden Debatte gerieten vor allem die noch verbliebenen Grünen-Bewerber ins Visier vor allem der Viehzüchter.
Besonders der Bamberger Kreisobmann Heiner Faatz nahm dabei kein Blatt vor den Mund und bat die Grünen-Vertreter - Andreas Lösche war schon weg, geblieben waren noch der Grünen-Kandidat für den Bundestag im Wahlkreis Kulmbach, Valentin Motschmann, und Helmut Kormann aus Bamberg - ihre
"Verunglimpfungen" wegen angeblicher "Massentierhaltung" zu benden. "Was ist Massentierhaltung?" fragte Faatz. Den von den Grünen angeprangerten "tonnenweisen Antibiotika-Einsatz" gebe es nicht, man solle hier keine Polemik schüren. "Sonst sagen wir den Grünen den Kampf an", redete Faatz Klartext, unterstützt von seinen Standeskolleginnen Anneliese Göller und Marion Link.
Im Schützenhaus der Brauerei Kraus in Hirschaid gerieten die Grünen in die Defensive. Von einem "Verständigungsproblem" sprach der Bad Staffelsteiner Valentin Motschmann. Man wolle zum Ausdruck bringen, dass zu viele Tiere auf zu wenig Raum gehalten würden. Außerdem bereite der präventive Einsatz von Antibiotika Probleme.
Heiner Faatz allerdings bezog die Grünen-Argumente auf sich und meinte, es stehe nicht auf den Plakaten, dass "der Faatz ausgenommen ist". Für Marion Link würde "die Schweinemast sehr erschwert, könnte man männliche Ferkel nicht mehr kastrieren". Und das Veröden der Hörner bei jungen Rindern verringere die Verletzungsgefahr für Mensch und Tier erheblich.
Auch Oberfrankens Präsident Hermann Greif sah in den Plakaten der Grünen einen "Schlag ins Gesicht" für die Bauern, der wohl auch vom Argument Helmut Kormanns, man wolle "lieber ein kleineres, aber ein gutes Schnitzel", nicht gemildert wurde. "Die Verbraucher stimmen ab über unsere Erzeugnisse", hielt Greif entgegen.
Kleines Scharmützel Zu einem kleineren Scharmützel in der mit Kandidaten von CSU, SPD, FDP, Grünen und FW gespickten Runde war es gleich zu Beginn gekommen, als sich
SPD-Bundestagskandidat Andreas Schwarz aus Strullendorf mit den von den CSU-Landwirtschaftsministern angestrebten Verschiebungen in der EU-Agrarförderung einverstanden erklärte. "Wir sind hier beieinander" erklärte Schwarz. Nötigenfalls müssten, wenn die Landesmittel nicht ausreichten, auch Bundesmittel für die Förderung der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden.
Für jüngere Konkurrenten ist es allerdings kein Problem mehr, per Smartphone in Sekundenschnelle die Worte eines Kandidaten am Parteiprogramm der SPD zu verifizieren. Schwer zu sagen, ob die Finger oder die Gedanken der Lichtenfelser CSU-Bundestagskandidatin Emmi Zeulner dabei schneller waren.
Doch im Internet sprach das SPD-Wahlprogramm vielleicht doch von einer "mittelfristigen Umverteilung" bei der Agrarförderung von der ersten (Direktförderung) zur zweiten Säule (Umwelt/indirekte Förderungen). Auch von einem "Abschmelzen der ersten Säule" sei da die Rede, so Zeulner, dieweil die Landwirte laut Hermann Greif "mit ihren Fördergeldern nicht spielen lassen wollen".
Immerhin hänge jeder siebte oder achte Arbeitsplatz im Lande an der Landwirtschaft, hob der Präsident hervor. Und etwa 30 bis 40 Prozent der bäuerlichen Einkommen entspringe den Ausgleichszahlungen der Europäischen Union. Auch wenn, wie es der CSU-Vorschlag vorsehe, die größeren Betriebe zugunsten der kleineren "etwas gekappt" würden, "können die Bauern mit diesem bayerischen Vorschlag leben", meinte Heiner Faatz.
Grünen-Bundestagskandidat Wolfgang Grader sah hier allerdings noch Spielraum für eine Umschichtung, weil "20
Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe 80 Prozent der Fördergelder erhalten". FDP-MdB Sebastian Körber aus Forchheim wollte allerdings keine Zwänge für die Landwirtschaft schaffen: "Eine Bevormundungsmentalität unterstützen wir nicht". Seitens der CSU unterstrich Thomas Silberhorn MdB die Bereitschaft zu "moderaten Kürzungen auf nationaler Ebene. Wir wollen eine starke erste Säule und bei der zweiten Säule vernünftig weitermachen". Solange man auf höchste Qualität bei Lebensmitteln Wert lege, sei von einer Kehrtwende abzuraten.
So etwa in diesem Ton ging es durch den von Präsident Hermann Greif, der sich selber in Forchheim um ein Mandat für den Bayerischen Landtag bewirbt, moderierten Vormittag. Weitere Themen waren "Der Mensch im ländlichen Raum", wobei sich alle Kandidaten für möglichst gleich gute Voraussetzungen unter anderem bei Bildung und Internet aussprachen.
SPD-Kandidat Schwarz betonte außerdem die Notwendigkeit einer sehr guten medizinischen Versorgung.
Weit auseinander sah Andreas Lösche (Grüne) die Ansichten, als es um Ausgleichsflächen für Bauvorhaben ging. Er plädierte dafür, "den Flächenverbrauch einzudämmen, dann brauchen wir über Ausgleichsflächen nicht mehr zu reden". Da sahen Greif und Faatz aber nicht nur die Landwirtschaft angesprochen.
Als "richtig und vernünftig" bezeichnete der Staatsskretär im Bundesfinanzministerium, Hartmut Koschyk MdB, die Regelungen zur Erbschaftssteuer. Alle Betriebe müssten wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung vor allzu starken Eingriffen bei der Übergabe geschützt werden.
Für Helmut Kormann (FW) war die Kinderförderung eine vorrangige Aufgabe. Man solle sich überlegen, ob man Artikel wie Windeln oder Kindernahrung nicht von der Mehrwertsteuer befreie