Kampfszenen im Hauptsmoorwald bei Bamberg

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Die Hinterlassenschaft des Kalten Kriegs im Hauptsmoorwald sorgt für ein Tauziehen zwischen zwei Bundesbehörden. Und auch die rechtsextreme Szene hat das Häuserkampfgebiet offenkundig für sich entdeckt. Die ersten Schmierereien mussten bereits übertüncht werden.  Foto: Ronald Rinklef
Die Hinterlassenschaft des Kalten Kriegs im Hauptsmoorwald sorgt für ein Tauziehen zwischen zwei Bundesbehörden. Und auch die rechtsextreme Szene hat das Häuserkampfgebiet offenkundig für sich entdeckt. Die ersten Schmierereien mussten bereits übertüncht werden.  Foto: Ronald Rinklef
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Das frühere US-Häuserkampfgebiet erfreut sich zweifelhafter Beliebtheit bei paramilitärischen Gruppen aus der radikalen Ecke. Um seine Zukunft streiten derweil auch zwei Schwesterbehörden des Bunds. Der Forst will den Abriss, das THW will hier den Katastropheneinsatz proben.

Gotcha- und Paintball-Kugeln sind noch die harmloseren Hinterlassenschaften. Mitarbeiter der Bundesforstverwaltung haben die Spuren der Kriegsspiele in der Häuserkampfzone im Hauptsmoorwald gefunden - neben Schmierereien auf den Fassaden der künstlichen Ruinen, die eindeutig aus der rechtsradikalen Szene stammen. Im Herzen des neuen Nationalen Naturerbes hat das auch schon den Verfassungsschutz auf den Plan gerufen.
Godfried Schwartz, Chef der Bundesforstverwaltung in Hammelburg, bestätigt, dass sich dieser Teil des ehemaligen Truppenübungsplatzes zweifelhafter Beliebtheit erfreut. Die Ruinen locken seit dem Abzug der Amerikaner offensichtlich paramilitärische Gruppen an.

Die unerwünschten Gäste machen sich den Umstand zunutze, dass das ehemalige Übungsgelände über die Pödeldorfer Straße öffentlich zugänglich ist - anders als der durch hohe Zäune gesicherte Panzerwaschplatz samt angrenzender Deponie. Nur kurz vor der im Wald versteckten Gebäudegruppe hat der Bundesforst Bauzäune aufgestellt, die die Neugier der Besucher bremsen sollen. In ihrem martialischen Zustand wecken die Gebilde tatsächlich den Eindruck eines verwüsteten Krisengebiets.


Im Naturerbe soll die Natur sich eigentlich selbst überlassen werden
Die Gebäude gibt es seit Jahrzehnten. Doch seit wenigen Wochen befinden sie sich mitten auf der 303 Hektar großen Fläche, die der Bundestag zum Nationalen Naturerbe erklärt hat. Nach den internationalen Artenschutzverpflichtungen soll die Natur hier ab sofort sich selbst überlassen und die forstliche Nutzung eingestellt werden.

Doch was bedeutet das für die baulichen Hinterlassenschaft des Kalten Krieges? Wird die Häuserkampfzone auch in Zukunft stehen bleiben und an die Zeit der US-Garnison in Bamberg erinnern? Wohl eher nicht: Einen Erhalt der Bauwerke schließt Schwartz schon aus Sicherheitsgründen aus. Der Grund: Beim Bundesforst sieht man sich in der Haftung, würde man das Areal frei zugänglich machen und käme es zu Stürzen.

Zudem gelten für ein Nationales Naturerbe andere Anforderungen als an einen Truppenübungsplatz. Das macht einen Streit so beispielhaft, der derzeit zwischen zwei Bundesbehörden schwelt und bis hinauf zum Bundesumweltministerium Wellen schlägt. Grund: Das Technische Hilfswerk in Bayern, die Landesorganisation einer Bundesanstalt, möchte auf dem Häuserkampfareal für Einsätze in Katastrophengebieten üben.


THWler sollen hier lernen, wie Verschüttete in Krisengebieten geborgen werden
Ein entsprechender Antrag ist bei der Regierung von Oberfranken und der Naturschutzbehörde im Landkreis Bamberg mittlerweile eingegangen. Nach Informationen aus dem Landratsamt geht es um eine mehrjährige Nutzung der Häuser durch ein bis zwei Züge der ehrenamtlichen Einsatzkräfte. Hier sollen die THWler lernen, wie Verschüttete in Krisengebieten geborgen und gerettet werden können. Es gehe darum, Versorgungsleitungen zu legen und das Zusammenspiel der Einsatztruppen zu verbessern.

Der Bundesforst sieht das Begehren seiner Schwesterbehörde mit Skepsis: Godfried Schwartz stellt die wichtigen humanitären Aufgaben des Technischen Hilfswerkes zwar nicht in Abrede, mag sich aber nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass das Nationale Naturerbe bei Bamberg gewissermaßen zum Start als Übungsgebiet herhalten soll: "Ich sage offen, dass mir dies nicht behagt. In einem Nationalen Naturerbe sollte die Natur im Vordergrund stehen."

Kritisch sieht man das Begehren des THW auch im Bamberger Landratsamt. Für Bernhard Struck von der Unteren Naturschutzbehörde sind wiederholte Übungen mit einem Naturerbe-und Landschaftsschutzgebiet und dessen Erholungszwecken nicht zu vereinbaren - auch weil sie mit dem Einsatz von schweren Fahrzeugen und von Generatoren verbunden sind.


Gutachten soll erstellt werden
Wie geht es nun weiter? Vor einer Entscheidung verlangt die Regierung ein Gutachten. Darin soll untersucht werden, welche Folgen die Arbeit des THW für die dort lebenden Vögel, Fledermäuse und Amphibien haben könnte. Nur wenn erkennbar sei, dass die Beeinträchtigen hinnehmbar sind, bestehe Aussicht auf Zustimmung, sagt Silke Stahlmann vom Landratsamt.

Für den Bund Naturschutz ist das Ergebnis schon jetzt klar. "Der Antrag des THW ist nicht mit dem Naturerbe zu vereinbaren. Ein Übungsgebiet ist immer mit Lärm, Licht und anderen Störungen verbunden", sagt BN-Landesbeauftragter Richard Mergner. Von einem "Präzedenzfall" spricht Heinz Jung vom BN Bamberg. Er fürchtet eine aufwändige Erschließung über die Pödeldorfer Straße.

Was sagt das THW zu der Kritik? Das wollten wir von der Bamberger Geschäftsstelle wissen. Sie sah sich nicht imstande, eine zeitnahe Stellungnahme abzugeben.

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