Sie sind winzig, zahlreich und ein Problem, mit dem jedes Krankenhaus fertig werden muss: sogenannte multiresistente Keime. Gefährlich werden sie vor allem dann, wenn das Immunsystem eines Menschen bereits geschwächt ist.
Im Bamberger Klinikum stehen die Packungen ganz hinten im Arzneischrank. Es sind die, die erst verwendet werden, wenn nichts anderes mehr hilft. Ihr Name: Reserve-Antibiotika. Ihr Zweck: multiresistente Keime abtöten, also jene, gegen die andere Antibiotika schon nicht mehr helfen.
"Es gibt kein Krankenhaus, in dem diese Erreger nicht vorkommen", stellt Mikrobiologe Hartmut Erichsen klar. Er ist Oberarzt im Institut für Labormedizin und Klinikhygiene am Bamberger Klinikum. Der Mediziner steht im Labor und hält eine flache Plastikdose, eine so genannte Petrischale, hoch. Die türkis-grünen Flecken auf deren Boden sind einer der am häufigsten vorkommenden Krankenhaus-Keime: Der MRSA, ein Hautbakterium.
Solche Keime vermehren sich alle zwanzig Minuten und entwickeln schnell Resistenzen. Sieben Tage können diese Bakterien auf einer Kunststoffoberfläche überleben. Wie kann man sich vor ihnen schützen?
"Es ist Aufgabe der Krankenhäuser, herauszufinden, wer diesen Keim in sich trägt und diesen Patienten dann zu isolieren", sagt Winfried Strauch, Leiter des Gesundheitsamtes. "Es muss verhindert werden, das sich die Infektion ausbreitet." Strauch ist einer derjenigen Fachmänner, die Krankenhäuser und kommunale Pflegeheime hygienisch überwachen.
Denn, und das bringt Georg Knoblach als Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbandes anschaulich auf den Punkt: "Das Gemeine ist, wenn so ein Keim vom Krankenhaus ins Altenheim gelangt und umgekehrt."
Deswegen gibt es unter der Leitung des Gesundheitsamtes regelmäßig einen Runden Tisch zum Thema multiresistente Erreger. "MRSA-Konferenzen", wie Knoblach sagt. Dort treffen Vertreter der Krankenhäuser, der Alten- und Pflegeheime, des ärztlichen Kreisverbandes und des Labors der Sozialstiftung zusammen. Besprochen wird etwa der Status in Sachen multiresistente Keime und Maßnahmen zu deren Eingrenzung.
Konsequente Desinfektion Relativ effektiv ist schon die konsequente Händedesinfektion. Das gilt nicht nur für das Krankenhauspersonal, sondern auch die Besucher. Desinfiziere man schon beim Hineingehen seine Hände, könne man seine Angehörigen am besten vor Bakterien von außen schützen, wie Erichsen sagt.
Denn ein multiresistenter Keim wird vor allem dann zur Bedrohung, wenn ein Mensch wegen einer schweren Erkrankung besonders gefährdet ist, etwa durch Krebs oder Leukämie. Strauch und Erichsen erläutern: Wenn jemand stirbt, bei dem der Keim nachgewiesen ist, sei es schwer auszumachen, ob gerade das Bakterium zum Tod geführt hat oder die Grunderkrankung selbst. "Wenn das Immunsystem unterdrückt ist, haben Keime leichtes Spiel", sagt Strauch.
Deswegen gilt es, die Erreger aufzuspüren und deren Weiterverbreitung zu verhindern. Die wichtigste Methode ist das Screening bestimmter Risikogruppen. Menschen, die eine Antibiotika-Therapie oder einen Krankenhaus-Aufenthalt hinter sich haben, chronisch Kranke oder Menschen aus Pflegeheimen.
Dieses systematische Testverfahren ist an den Kliniken in Bamberg, Burgebrach und Scheßlitz üblich, genauso wie bestimmte Hygiene-Standards.
Grundsätzlich sind multiresistente Keime für einen gesunden Menschen wenig schädlich. "Manche merken gar nicht, dass sie sie haben. Sie sind besiedelt, aber nicht krank", erklärt Winfried Strauch. So könne es sein, dass jemand wegen Diabetis neu eingestellt werden müsse und dabei erst die Bakterien entdeckt würden.
Screening von Risikogruppen Anders ist das beim vorsorglichen Screening von Risikopatienten, wo schon nach wenigen Stunden Ergebnisse vorliegen. Im Bamberger Klinikum finden beispielsweise etwa 1200 Screening-Untersuchungen pro Monat statt, 20 davon werden positiv auf multiresistente Keime getestet. "Wir leisten uns diesen Luxus, der mit über einer halben Millionen Euro pro Jahr ein erheblicher Kostenfaktor ist", sagt Mikrobiologe Erichsen. Doch der Aufwand sei gerechtfertigt, damit einem "Geschehen wie in Kiel" vorgebeugt werden könne.
Dort waren vor kurzem zwölf Menschen mit MRSA-Bakterien gestorben. Wie Erichsen ausführt, hätten neun von ihnen bereits eine Grunderkrankung gehabt. "Bei dreien ist allerdings nicht auszuschließen, dass eine Infektion mit dem Keim am Geschehen beteiligt war." Bakterien seien eben nicht wehrlos, sondern entwickeln sich schnell weiter. Der vermehrte Antibiotika-Einsatz sei auch eine Ursache für multiresistente Keime. "Es ist ein Wettlauf", weiß der Labormediziner.
Aber, und da lässt sich Georg Knoblach vom ärztlichen Kreisverband gerne zitieren: "Im Krankenhaus sind Sie geschützter vor Keimen als in der Berliner U-Bahn."
Hat ein Patient allerdings den Eindruck, sich im Krankenhaus etwas geholt zu haben oder einem Behandlungsfehler unterlegen zur sein, kann er sich direkt an seine Krankenkasse wenden. Außerdem gibt es die Schlichtungsstelle der Bayerischen Landesärztekammer sowie die Unabhängige Patientenberatung Deutschland. Und schließlich existieren Vereine wie die "Notgemeinschaft Medizingeschädigter".
Doch soweit sollte es im besten Falle gar nicht kommen. Gerade für multiresistente Keime gilt laut Winfried Strauch vom Gesundheitsamt: "Die sind resistent auf bestimmte Antibiotika. Aber nicht gegen Desinfektion." Und Hartmut Erichsen merkt an: "Hygiene lebt vom Mitmachen."
entstehen
1. durch den allzu unbedachten und (pharmagesponsternen Umgang) mit Antibiotika bei jedem Pups
2. durch völlig unkontrollierten Antibiotika-Einsatz in der Tierzucht....nicht in der Eu, aber außerhalb (jenseits der EU-Regularien), die aber schon seit langem völlig ignoriert werden. Ob Pute, Enten aus Asien, Pangasius oder Garnelen aus asiatischen Aquakulturen u.v.m.; Bei Fisch besteht das Problem des Überlebens resistenter Keime durch niedrige Gartemperaturen und-zeiten
3. Dass in Krankenhäusern geschlampt wird, leider auch im Bbg Klinikum, kann ich aus eigner Erfahrung bestätigen. Warum soll sich ein gesunder Verwandter komplett vermummen (der einen Patienten besucht); und manch Personal, z.B. Küchenpersonal (das aus Station von Zimmer zu Zimmer geht, kontaminiertes Essen wegräumt), auf Mundschutz, Kittelwechsel, Handschuh tragen, verzichten?
Es wäre ein generelles Umdenken, Hygiene, aber auch Essensgewohnheiten u.v.m. mehr überdenkend, wünschenswert. Keime fackeln nicht, die passen sich relativ flott an.
Ich war der Meinung Aufgabe des Krankenhauses ist es zu heilen, aber dem ist leider nicht so. Meine Mutter wurde mehrmals und aus verschiedenen Krankenhäusern entlassen ohne dass man auch nur den Versuch unternommen hätte sie vom Keim zu befreien. Natürlich ist vorprogrammiert, dass dieser bei der nächsten Einweisung noch vorhanden ist, bedeutet also weitere Ansteckungsgefahr, höhere Kosten und Einzelhaft und größeres Risiko für die Patienten. Aber wie ich jetzt weiß, ist Aufgabe der Krankenhäuser zu isolieren und nicht zu heilen!!!
.....dass gegen manche KH-Keime mittlerweile kaum ein Kraut mehr gewachsen ist... d.h. man kann sie nur kontaminiert entlassen.
Überall, wo Menschen dicht auf dicht aufeinander wohnen, auch in Altenheimen....werden solche Keime überleben und für mache einen zu frühen Tod bedeuten.
Der einzige, der dankt, ist die Rentenversicherung ((
Ganz einfach, weil sie das Wissen über die Verbreitung der Keime und die Gegenmaßnahmen anwenden und befolgen!
Das Beispiel von Zeitungsleser123 verdeutliche einmal mehr, warum wir in Deutschland von den Holländern noch viel lernen können!
Was helfen Hygienevorschriften, wenn sie nicht eingehalten werden. Selbst erlebt: Obwohl es auf der Station ein Zimmer mit einem MRSA-Patienten gab, wurden von zwei Ärzten die Hygienevorschriften "außer Kraft" gesetzt. Keine Desinfektion der Hände, keine Einmalhandschuhe, obwohl die frisch operierte Narbe "begutachtet" und abgetastet wurde. Keine Desinfektion der Hände beim "Patientenwechsel". Auf meine Bitte, sich doch vor Ziehen des Drainageschlauchs die Hände zu desinfizieren, weil ich Angst vor einer Ansteckung mit diesen multiresistenten Keimen hätte (der Drainagebehälter lag auf dem Fußboden, er wurde mit blanken Händen aufgenommen und der Schlauch sollte ohne Desinfektion der Hände und ohne Handschuhe gezogen werden) erhielt ich nur ein mitleidiges Lächeln und den Hinweis, dass man schon wüsste was man macht. Erst nachdem ich nachdrücklich auf eine Händedesinfektion bestand, wurde diese widerwillig und leider sehr oberflächlich vollzogen. Glück gehabt, ich konnte gesund nach Hause gehen. Andere haben dieses Glück vielleicht nicht - und das nächste Mal vielleicht auch ich nicht mehr.
Man könnte sicherlich einige Infektionen vermeiden, wenn manche Ärzte die einfachsten!!! Hygieneregeln einhalten würden. Was mich besonders schockiert ist die Tatsache, dass man heute über dieses Wissen verfügt und es trotzdem zu oft ignoriert. Nachlässigkeit, Routine oder Überheblichkeit? Der Patient sollte vielleicht wieder mehr als Mensch gesehen werden, nicht nur als "Fallpauschale".