Die Kabarettistin Lisa Fitz sprühte bei ihrem Auftritt in der Brauerei Reh vor Energie und bot ein überzeugendes Solo-Programm.
Warum Lisa Fitz fast vier Jahrzehnte, nachdem sie als erste Frau Deutschlands ein Solo-Kabarett-Programm bot, nun in diesem Jahr den Bayerischen Ehren-Kabarettpreis erhielt, demonstrierte sie eindrucksvoll im Saal der Brauerei Reh mit ihrem Programm "Weltmeisterinnen ... gewonnen wird im Kopf". Die 64-Jährige aus der Künstlerdynastie Fitz sprühte beim SPD-Kulturherbst Ellertal nur so vor Energie und bot eine breite Palette ihres Könnens; gesanglich top und einfühlsam, dann wieder gewohnt direkt und derb. Eben eine Power-Frau.
Und dies, obwohl die "echte" Fitz erst zum Schlussakkord auf der Bühne stand. Dank perfekter Verwandlungskunst kein Problem; so präsentierten Hilde, Inge, Olga und Gerda die lokale und globale Welt aus vielen Blickwinkeln. Schon die Putzfrau Hilde teilte kräftig aus, beim Saubermachen lästerte sie über Amazon-Shopper ("One-Click-Schnepfen"), über SUVs in München-City ("Geländewagen, die nie ein Gelände sehen"), über eingepflanzte Mikrochips als Dauerkontrollinstanz ("bis auf den Grund der Seele schauen") und über die heutige Jugend ("lauter Warmduscher").
Journalistin Inge von Stein
Noch viel härter ging die Journalistin Inge von Stein mit dem Alltag, den Männern und der Politik ins Gericht, mit roter Kurzhaar-Perücke und schwarzem Domina-Leder ins Licht einer Feministin gerückt. Das Zusammenleben mit dem anderen Geschlecht gestaltet sich schwierig: "Männer wählen eine Frau, weil sie sie perfekt finden! Frauen wählen einen Mann, weil sie ihn perfekt machen wollen. Klappt aber nicht!" Was besser läuft, ist die "Optimierung der Überwachung", die jeden Tag besser wird ("Handy, die famoseste Premium-Wanze seit Menschengedenken") und ein "ekliges Stasi-Feeling" vermittelt. Wer hört in Zukunft neben der NSA noch mit? Der Fernseher? Das Auto? Die Pressedame ist sich absolut sicher, dass die Privatsphäre tot ist ("wir sind so etwas wie Laborratten mit Geldbeutel"). Dass eine Journalistin auch die große Politik nicht verschont, passt dazu.
Die Fitz-Figuren lassen es sich trotz Heiserkeit nicht nehmen, die verkörperten Rollen mit einem Lied abzurunden. "Kalinka, Kalinka" schallt es von der Bühne, als Olga Geheimnikowa aus ihrem Agentin-Leben plaudert. Die attraktive Agentin ("wenn Olga schaut in Himmel, fängt er an zu schwitzen") erklärt mit Hilfe einer Weltkarte eine ganz besondere "Geostrategie" - im Olga'schen Sinne "Plan für Eroberung von Welt". Da werden nicht nur abgedroschene Kalauer benutzt, es steckt schon die ein oder andere heftige Spitze darin, wenn Olga erklärt, wie sich die Mächte die Welt aufteilen und im Hintergrund von Wirtschaftsmogulen die Fäden gezogen werden. Spionage und Erdöl, da darf der Wodka nicht fehlen ("Völker erkennen sich gegenseitig an der Fahne!"). "Nastrovje", nichtsdestotrotz kann die Spionin noch ihre musikalischen und gesanglichen Qualitäten zum Besten geben.
Fester CSU-Filz
Zurück in die Heimat: Als CSU-Botschafterin Gerda Wimmer legte sie die Finger in die Wunden. Da ist es vom "Schüttel-Schorsch" zu den angestellten Verwandten nicht weit. Mit diesem "festen Filz" von CSU-Praktikanten ab 16 Jahren bekämpfe man die Jugendarbeitslosigkeit. Auch klappe das "Zwei-Kammer-System" ganz gut: Mit dieser "Doppelmoral" bekräftigte Wimmer, dass die CSU das Regieren fest im Griff habe. Dazu das "Horstivat" als weiß-blaue Euphorie. "Bayern als Oase des Glücks", der Defiliermarsch und dann ist die "Echte" da.
Den Stau überstanden, Lohndorf darf schmunzeln, als sie einen Familienstreit bester Güte -"Wo ist das Salz?" - als Lesung bietet. Die "Mutti als Dienstbote": gar nicht so einfach aus dieser Rolle zu kommen, aber Lisa Fitz zeigt, wie"s gehen kann!
Schenkelklopfen mit hohem Wiedererkennungswert, Tiefsinn aus dem Alltag: "Nacht werd's" - und die "Echte" nimmt die Ovationen entgegen und zeigt sich anschließend auf der Bühne noch lange publikumsnah. Eine (fünffache) weltmeisterliche Power-Frau eben, die noch lange spielen kann und wird.