Am kommenden Dienstag geht die Hauptverhandlung gegen den Gefäßmediziner und ehemaligen Chefarzt am Bamberger Klinikum, Heinz W., weiter. Die Zeugen wurden erst einmal abbestellt.
In der nächsten Woche findet der dritte Tag der Hauptverhandlung gegen Heinz W. statt. Der ehemalige Chefarzt für Gefäßmedizin am Klinikum Bamberg muss sich wegen Vergewaltigung in zehn Fällen, mehrfacher gefährlicher Körperverletzung sowie sexueller Nötigung verantworten. Seine mutmaßlichen Opfer: zehn Patientinnen, zwei Mitarbeiterinnen der Sozialstiftung Bamberg und die Patentochter seiner Ehefrau. Hier einige Hintergrund-Informationen und Besonderheiten des umfangreichen Verfahrens.
Das Klinikum Forchheim Eine unrühmliche Nebenrolle spielt in dem Fall das Forchheimer Klinikum, das eines der Opfer abwies, als dieses dort am 28. Juli 2014 um Hilfe bat. Die 26-jährige Medizinstudentin, von der die Ermittlungen gegen W. später ins Rollen gebracht wurden, hatte nach dem Ende ihrer "Untersuchung" bei W. eine Erinnerungslücke und wurde misstrauisch. Sie ließ sich unverzüglich von ihrem Freund in das Forchheimer Krankenhaus bringen, um sich Blut abnehmen und sich untersuchen zu lassen.
Die dortige Ärztin aber weigerte sich mit der Bemerkung, sie müsse bei einem solchen Verdacht vor einer Untersuchung erst Anzeige bei der Polizei erstatten. Die Medizinerin ließ erkennen, dass sie den Verdacht gegen W. für vollkommen abwegig hält. Der Studentin blieb nichts anderes übrig, als sich noch am selben Abend mit ihrem weit entfernt wohnenden Vater, einem Arzt, auf einem Parkplatz zu treffen. Im Auto nahm er ihr um Mitternacht Blut ab. Der Verdacht war begründet: In ihrem Blut wurde das Betäubungsmittel Midazolam festgestellt.
Das Sexspielzeug Vaginale Sonden, Dildo-ähnliche Gegenstände und "Butt plugs" (auf gut deutsch: Analstöpsel) sollen laut Anklageschrift in mehreren der 13 angeklagten Fälle zum Einsatz gekommen sein. Nach der Betäubung mit Midazolam soll W. diese Gegenstände bei seinen willenlosen und handlungsunfähigen Opfern vaginal und anal eingeführt haben - sogar bei einem Mädchen, das noch Jungfrau war, so die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. In einigen Fällen, in denen das Opfer noch nicht vollständig betäubt war, soll der Chefarzt behauptet haben, dass der eingeführte Stöpsel mit der Ultraschallsonde über Blue-tooth in Verbindung stünde. Bei der Hausdurchsuchung in W.s privatem Arbeitszimmer soll die Polizei mehrere Dildos und anderes Sexspielzeug gefunden haben.
Die Verteidigung Mindestens fünf Verteidiger waren bisher schon mit der Causa W. befasst. Drei sind noch übrig. Der erste Anwalt, ein erfahrener Strafverteidiger aus Bamberg, legte das Mandat bereits im vergangenen Jahr nieder. Ein Kollege aus Würzburg sprang in diesem Jahr ab; Indizien dafür, dass diese beiden Anwälte mit ihrem Mandanten kein Einvernehmen über die Verteidigungsstrategie erzielen konnten.
Derzeit steht Heinz W. ein Team aus drei Wahlverteidigern zur Seite, Dieter Widmann aus Bamberg, Rechtsanwältin Katharina Rausch aus Köln und Klaus Bernsmann aus Bochum. Es ist erkennbar, dass sie auf Zeit spielen. Angeblich hat ihr Mandant in acht Monaten Untersuchungshaft nicht genügend Zeit gefunden, seine Verteidigung ausreichend vorzubereiten.
Schon zwei Mal hat ihm die Große Strafkammer Aufschub gewährt, damit er sich auf seine Einlassung zu den Vorwürfen vorbereiten kann. Zwei komplette Verhandlungstage sind bereits ausgefallen. Der Fortgang ist ungewiss und richtet sich nach dem Aussageverhalten des Angeklagten; die Zeugen wurden erst einmal abbestellt.
Das Medieninteresse und -Echo Von Anfang an war das Medieninteresse enorm. Seit Beginn dieses Jahres gab es in regionalen und überregionale Medien zahlreiche Zeitungsberichte und Fernsehinterviews. Meistens kamen Verteidigung und Nebenklage zu Wort, in einem Fall - vor drei Wochen in der Zeitschrift Stern - auch eines der Opfer. Die junge Frau schilderte einer Journalistin, wie sie die Zeit nach ihrer "Untersuchung" für eine angebliche Studie mit großer Seelenpein durchlebt hat.
Spätestens seit Beginn der Hauptverhandlung gegen W. am 7. April 2015 ist das Echo eindeutig: Die Art der Präsentation und der Verteidigung des Angeklagten findet in der Öffentlichkeit negativen Widerhall. Weitschweifig und ohne wirklich zur Sache zu kommen doziert W. stundenlang im Gerichtssaal. Wer ein (Teil-)Geständnis oder eine glaubwürdige Entschuldigung bei den Opfern erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Eine große Boulevard-Zeitung stempelte W. in mehreren Überschriften als "Dr. Pervers" ab.
Die Nebenkläger Der schleppende Fortgang des Prozesses lässt die Vertreter der Nebenklägerinnen nichts Gutes ahnen. Allein schon, dass die Opfer vor Gericht in den Zeugenstand treten müssen, ist für die jungen Frauen eine starke Belastung.
Bis zu den polizeilichen Ermittlungen konnten diese nicht einmal ahnen, dass sie Opfer von Vergewaltigung und Körperverletzung geworden sein könnten. Bei der Polizei wurden sie mit den von W. gefertigten Fotos und Videos konfrontiert, um sich selbst als Opfer identifizieren zu können. Für viele ist das früher unbeschwerte Leben vorbei, manche haben in der Folge und ausgelöst durch die Taten, die Heinz W. zur Last gelegt werden, schwere private Schicksalsschläge erlitten.
Der Angeklagte W. schüttelt diese Bürde ab: Er entschuldigte sich bisher nicht für sein eigenes Tun, sondern dafür, was Polizei und Staatsanwaltschaft den Frauen mit ihren angeblich falschen Verdächtigungen angetan haben. Und die Verteidigung scheut nicht davor zurück, den mehr als gewagten Vergleich mit den Hexenprozessen zu ziehen.
Rechtsanwalt Martin Reymann-Brauer, der sechs Nebenklägerinnen vertritt und für sie eine -Entschädigungszahlung der Sozialstiftung Bamberg ausgehandelt hat, wertet diese Äußerung des Verteidigers und den bisherigen Prozessverlauf als eine "verkleidete Beleidigung" und Schlag ins Gesicht seiner Mandantinnen.
Die Studentin, die alles "aufgedeckt" hat, verdient unsere Hochachtung!
Die "Halbgöttin in Weiß" (die Ärztin aus dem Forchheimer Klinikum soll sich dagegen schämen, denn sie hatte die Blutuntersuchung abgelehnt. Hätte die Studentin keine medizinischen Vorkenntnisse gehabt oder keinen engagierten Vater, der Arzt ist, wäre der Chefarzt nie angeklagt worden!!!
Was ist bloß am Bamberger Klinikum los?- Ein Chefarzt, der nie auffiel, und eine Vorgesetzte, die Auszubildende mit K.O.-Tropfen "versorgt"!
Was soll ich als Patient davon halten?