Ist Bamberg wirklich fahrradfreundlich? Expertin sieht Handlungsbedarf - "hier müsste sich schnell was tun"
Autor: Ralf Welz
Bamberg, Donnerstag, 02. Februar 2023
Bamberg darf sich fortan offiziell "fahrradfreundliche Kommune" nennen. Die Stadt erhielt unlängst die entsprechende Auszeichnung. Der ADFC sieht trotz Verbesserungen Handlungsbedarf.
Bamberg ist als "fahrradfreundliche Kommune" ausgezeichnet worden. Die Verleihung des Titels erfolgte vom Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr, Thomas Gruber, und Matthias Dießl, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK). Dies berichtet die Stadt Bamberg in einer aktuellen Pressemitteilung.
Demnach ist Bamberg nun zertifiziertes Mitglied in der AGFK Bayern, der inzwischen 119 Kommunen angehören. "In der jüngeren Vergangenheit konnten einige Verbesserungen für den Radverkehr in Bamberg erzielt werden", wird Stadtrat Christian Hader (Grüne) zitiert, der in Vertretung des Oberbürgermeisters in München war und die Auszeichnung entgegennahm. Doch ist Bamberg wirklich so radfreundlich, wie die Auszeichnung vermittelt? inFranken.de hat beim hiesigen Ableger des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) nachgehakt.
Bamberg als "fahrradfreundliche Kommune" ausgezeichnet - ADFC sieht noch Luft nach oben
"Vieles hat sich in letzter Zeit verbessert", sagt Elke Pappenscheller, Mitglied im Vorstand des ADFC Bamberg. Als Beispiele nennt sie die Entwicklung in der Friedrichstraße und am Regensburger Ring. Auch die Öffnung der Einbahnstraßen für Fahrradfahrer zähle dazu. "Diesbezüglich ging zuletzt schon etwas voran", konstatiert sie. Die Frage, ob Bamberg den Titel "fahrradfreundliche Kommune" zu Recht erhalten habe, beantwortet Pappenscheller mit einem "klaren Jein". "Die Auszeichnung ist auch in die Zukunft gerichtet", erklärt die ADFC-Vertreterin. Trotz der schon erfolgten Fortschritte sieht sie in Sachen Fahrradfreundlichkeit noch einiges an Luft nach oben.
"Am Grünen Markt und in der Langen Straße sollen 22 alte Fahrradbügel abgebaut, aber nur acht neue hingebaut werden", moniert Pappenscheller. Auch hinsichtlich der Verkehrssicherheit auf dem Berliner Ring und in der Lichtenhaidestraße gebe es nach wie vor Optimierungspotenzial. "An den Kreuzungspunkten passieren meines Erachtens noch immer zu viele Unfälle", sagt die Interessenvertreterin. Laut Verkehrsunfallauswertung der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt gab es in Bamberg 2020 und 2021 jeweils deutlich weniger Fahrradunfälle als in den Jahren zuvor. Die vergleichsweise niedrigen Unfallzahlen müssten gleichwohl vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie betrachtet werden.
Ausgangssperren und Lockdowns führten demnach zu einem geringeren Verkehrsaufkommen als üblich. Sowohl 2020 als auch 2021 ereigneten sich im Stadtgebiet Bamberg 209 Radverkehrsunfälle. Bei 112 Unfällen im Jahr 2021 wurden Radfahrer als Hauptunfallverursacher geführt. "Hierzu muss jedoch erwähnt werden, dass in diese Zahl auch alle Radverkehrsunfälle einfließen, bei denen Radfahrer alleinbeteiligt stürzten", erklärt die Polizeiinspektion Bamberg-Stadt. Einen Unfall mit einem tödlich verletzten Radfahrer gab es in Bamberg zuletzt 2019. Für das zurückliegende Jahr 2022 steht die Unfallstatistik derweil noch aus.
ADFC sieht Bamberger Lokalpolitik am Zug - "Konservative" Stadträte mit ausbaufähigem Fahrrad-Interesse?
Das Vorstandmitglied des Bamberger ADFC nimmt in Sachen Fahrradverkehr indessen auch die Bamberger Lokalpolitik ins Gebet. Insbesondere den "konservativen" Stadträten attestiert sie ein ausbaufähiges Interesse am Thema Fahrradfahren. So könnte es in der Stadt eigentlich in absehbarer Zeit deutlich mehr Tempo-30-Zonen geben als bislang - doch das Projekt stoße bisweilen auf "Widerstand".
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Laut Pappenschellers Schilderung seien im Stadtgebiet zudem deutlich mehr entsprechende Verkehrsschilder für rechtsabbiegende Fahrradfahrer möglich. "Aber da tut sich wohl leider auch noch nichts."