Hirschaider Spray-Aktion: Zigtausende Schaden

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Nicht einmal vor legalen Schüler-Graffiti haben die Sprayer in Hirschaid zurückgeschreckt. Bürgermeister Klaus Homann haben die Kunstwerke in der Unterführung immer besonders gut gefallen. Foto: A. Schreiber
Nicht einmal vor  legalen Schüler-Graffiti haben die Sprayer in Hirschaid zurückgeschreckt.  Bürgermeister Klaus Homann  haben die Kunstwerke in der Unterführung immer besonders gut gefallen. Foto: A. Schreiber

Das wird teuer: Unbekannte haben in Hirschaid in der Nacht zum Sonntag wild herumgesprayed.

Klaus Homann kann nur noch den Kopf schütteln. "Das wird teuer." Dies ist das Einzige, was für ihn jetzt schon feststeht. Und: Er setzt voll und ganz auf die Polizei. Denn, nach den Zeltschlitzereien und Sachbeschädigungen im vergangenen Jahr hätte Hirschaids Bürgermeister nie gedacht, dass die Täter erwischt würden. Wurden sie aber. Jetzt gilt es, den- oder diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Hirschaid gewütet haben und womöglich auch für Sachbeschädigungen in Altendorf verantwortlich sind.

Sie müssen schon mehrere Spraydosen gehabt haben, mutmaßt Homann, denn die Schneise der Verwüstung umfasst eine ganze Farbpalette, darunter Rot, Grün, Gelb und Blau. Sollte alles auf das Konto ein und desselben Täters oder einer Tätergruppe gehen, so gibt die Schadensschneise dem Bürgermeister etliches an Rätseln auf: Da geht es um eine Ivana, aber auch um ehemalige Schulleiter und/oder Hausmeister der Grund- und Mittelschule, die verunglimpft werden. Das gilt auch für die von etwa 600 Kindern und Jugendlichen besuchte Bildungsstätte, spraytechnisch "Scheiß Schule Nr. 1" oder 4, so exakt sind die Zeichen nicht ausgeführt.Dann heißt es öfter auf Englisch "vergiss mich nicht".

Anti-Botschaften

Immer wieder gesprayte Pimmel und dann Antipolizei-Botschaften: ACAB. Auf Nachfrage hat Bürgermeister Homann erfahren, dass dies für "All Cops Are Bastards" steht. Außerdem finden sich Hakenkreuze und ein "Hail Hitler" und sowie gleichfalls falsch geschriebene Pädophilie-Vorwürfe.

Schwerpunkt der Schmieraktion ist einmal der Bereich an und um die Grund-und Mittelschule. Hier ärgert sich der Bürgermeister insbesondere über die Aktion in der Unterführung hin zur Franken-Lagune: Die hatten Schüler in mehreren Wochen Arbeit und ganz legal mit Spraybildern gestaltet. "Sehr schön", so Homann. Er hoffte, dass Jugendliche die Arbeit anderer Jugendlicher respektieren. Was bisher der Fall war.

Weitere Spray-Schwerpunkte waren die Luitpoldstraße und dann der Bereich am Rathaus. Zwei Wände sind hier beschmiert, die neue Bücherzelle und auch eine Sandsteinskulptur. Deren Reinigung hatte vor Jahren 8000 Euro gekostet, weiß Homann noch.

Spraytechnisch hat auch die Luitpoldstraße gelitten. Hier wurde etwa die Zeitung in einem Kasten angezündet. Fassaden und Fenster, wie das der Hirsch-Apotheke, haben einen roten Streifen. Apothekerin Ines Lukas konnte es erst nicht glauben. "Hier ist die Welt doch eigentlich noch in Ordnung, paradiesisch." Sie fragt sich: "Kommt jetzt noch was?" beziehungsweise, "Was kommt noch?"

Froh, dass bei ihm nicht so viel passiert ist wie in Hirschaid ist Altendorfs Bürgermeiser Karl-Heinz Wagner (CSU wie Homann). Bei ihm wurde wohl ebenfalls in der Nacht zum Sonntag ein Bauwagen aufgebrochen, den Jugendliche ganz offiziell besprayt hatten. Hier wurden Spraydosen gestohlen, auf die Straße gesprüht und ebenso auf einen Grüngutcontainer in der Nähe. Gibt es einen Zusammenhang mit Hirschaid?

Auf Hochtouren

Aus ermittlungstaktischen Gründen möchte sich Helmut Fischer, Sprecher der Polizeiinspektion Bamberg-Land, dazu nicht äußern, gibt aber zu verstehen: "Wir checken das." Die Ermittlungen liefen jedenfalls auf Hochtouren und man nehme selbstverständlich weiterhin Zeugenhinweise (Telefon 0951/9129310) entgegen. Darauf ruhen die Hoffnungen von Klaus Homann. Ihn erstaunt die Intensität der Aktion. "Die haben sich da schon Arbeit gemacht." Er überlegt, wie die Schäden beseitigt werden, weiß aber zugleich, dass es teuer wird.

KOMMENTAR

Neu positionieren

Zum Jungsein gehören Scherze und Streiche, keine Frage. Doch was da in Hirschaid passiert ist, zählt nicht zu dieser Kategorie. Das ist in keiner Weise witzig, sondern nur dumm und leider auch kriminell.

Man muss sich fragen, hat die Schule hier versagt? Einerseits schon, weil die Täter orthografisch deutliche Schwächen haben. Andererseits, warum dieser Hass auf Personen aus dem engeren Kreis der Schulfamilie? Oder waren die Beteiligten durch übermäßigen Alkoholzuspruch so enthemmt, dass sie sich gegenseitig zu immer unerhörteren Dingen anstachelten und sich in dieser Phase als unbesiegbar wähnten? Falls ja, dann dürfte ihnen früher oder später noch echte Katerstimmung bevorstehen.

Es bleibt jedoch grundsätzlich die Frage, warum Jugendliche so übers Ziel hinausschießen. Vermutlich ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Immer höherer Leistungsdruck auf der einen Seite, dazu zunehmender Egoismus, der bisweilen auch vom Elternhaus gefördert werden dürfte. Zugleich nimmt in gewissem Maße auch das Mitgefühl für andere ab. Wer soll es, wer kann es richten? Nicht die Schule allein, nicht die Eltern allein. Wir als Gesellschaft müssen uns neu positionieren.