Der Spitzenkandidat der CSU, Joachim Herrmann, erklärt in der Alten Seilerei, was er besser machen würde als Thomas de Maizière von der CDU.
Bundestagswahlkampf in Franken ist nicht die große Show wie etwa in den USA. Sondern viel nüchterner. Und ständig lauert die Arbeit, gewissermaßen auf der Straße - so auch für den CSU-Spitzenkandidaten Joachim Herrmann bei seinem Auftritt am Freitagabend in
Bamberg.
Bischof Severine Nivemugizi aus Tansania übergibt einen Bittbrief für sein Projekt einer Berufsschule in Zentralafrika. Und die Initiative "Radentscheid Bamberg" inszeniert ein Klingelkonzert vor dem Veranstaltungsort, der Alten Seilerei: 80 Teilnehmer vom Baby bis zum Großvater überraschen den bayerischen Innenminister und seinen lokalen Mitstreiter Thomas Silberhorn (CSU) mit der Bitte um Unterstützung.
Bitte um staatliche Förderung
Es geht ihnen um den weiteren Ausbau des Radwegenetzes in Bamberg. Die beiden CSU-Wahlkämpfer versprechen, sich der Bitte um höhere staatliche Förderung der wünschenswerten Baumaßnahmen zwischen der Bundestagswahl und dem Neustart der Bundesregierung in einer persönlichen Unterredung mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens anzunehmen. Rad-Aktivist Christian Hader ist erst mal zufrieden.
Geduldig wartet derweil das Publikum im Inneren. Knappe zwei Stunden später, nach einem Exkurs durch brisante Themen rund um Sicherheit und Immigration, macht Herrmann einen Scherz mit Nachbrenner-Wirkung: Angesichts einer geschenkten Likörflasche fleht Joachim Herrmann: "Aber bei der Wahl bitte mehr als 35 Prozent aus Bamberg!"
Eine forsche These
MdB Silberhorn greift diesen Gedanken sofort auf und bittet alle CSU-Sympathisanten, die richtige Wahl zu treffen. Sonst würde das nichts mit dem erklärten Ziel, den Erlanger Juristen Joachim Herrmann zum Innenminister der Bundesrepublik zu befördern. Eine forsche These, wenn man bedenkt, dass diesen Platz derzeit ein Schwergewicht der Schwesterpartei CDU einnimmt: Thomas de Maizière. Aber wie er diesen Job besser machen könnte, dafür hat der wortgewaltige und so gar nicht kleinlaute Franke diverse Ideen: einen klaren Kurs bei der Zuwanderung zum Beispiel. Oder auch: klare Kante gegen linke Gewalt und Kriminalität; Gefährder einsperren statt nur zu überwachen; islamistischen Terror kompromisslos bekämpfen und gegen Extremismus konsequent vorgehen; mehr Videoüberwachung zum Schutz der Menschen; mehr Polizisten auf Straßen und Plätzen. Einen Polizei- und Überwachungsstaat soll das alles auch nicht ergeben, beschwichtigt Herrmann, ohne das Ziel zu verraten: Das friedliche Zusammenleben in Deutschland soll nicht dunklen Kräften überlassen werden.
Ohne das Reizwort "Obergrenze"
Herrmann greift einige Kernsätze des "Bayernplans" der CSU für die nächste Legislaturperiode auf. Derselbe dient den Veranstaltungsbesuchern als gut 40 Seiten dickes Sitzpolster und darf zu Hause durchgearbeitet werden. Wer keine gedruckte Version ergattert: Das Wahlprogramm der CSU findet sich komplett auch im Internet, digital und ressourcenschonend. Und es enthält das Reizwort "Obergrenze", das Herrmann nicht in den Mund nimmt, sowie die dazugehörige Zahl: 200 000. Deutschland brauche sie für Flüchtlinge, damit die Integration gelingen könne, lässt die CSU wissen.
Joachim Herrmann kommt beim Publikum gut an. Er redet den Städtern zu, den ICE in Bamberg halten zu lassen, statt der Bahn eine Umfahrung abzutrotzen. Er zeigt sich selbstbewusst bei der Nutzung der vormaligen US-Kaserne: Sowohl was die Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbewerber betrifft, als auch mit Blick auf die Ansiedlung einer Schule für die Bundespolizei weiß er eine Erfolgsgeschichte zu erzählen.
Keine Experimente
Und er bleibt bei seiner Linie. Ein Beispiel: CSU-Stadtrat You Xie schlägt eine Einwanderungsregelung nach kanadischem Vorbild vor. Herrmann räumt ein, dass nach der Bundes- und vor allem nach der Niedersachsenwahl mit hoffentlich weniger grünem Einfluss noch einmal über Zuwanderungsfragen verhandelt werden müsse. Vom Punktesystem Kanadas hält er aber nichts, weil es die Einwanderung in das soziale Netz nicht verhindere. Aber heute schon, so Herrmann, werde es keinem Ausländer mit entsprechender Qualifikation verwehrt, einen Arbeitsplatz einzunehmen, der mit einheimischen Arbeitsuchenden nicht besetzt werden könne.
Einige im Saal wüssten den Bayernplan noch besser zu machen. Eis-Fabrikant Bassanese etwa wünscht sich einen Tourismus-Minister (Herrmann ist da reserviert). Ein Vertreter des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) fragt nach einem Rezept, wie sich die jungen Menschen für Politik gewinnen lassen. "Startet als Klassen- und Schulsprecher, dann wächst allmählich die Begeisterung für Demokratie und soziales Engagement", rät der Minister, der selbst mal Landesvorsitzender des RCDS war.
Nur auf eine Frage weiß der Innenminister keine Antwort: Es zeige sich ein Zusammenhang zwischen Mobilfunkanlagen und erheblichen Baumschäden in deren nächster Umgebung, warnte eine Besucherin. Ob an dieser These was dran ist? Nicht nur der Innenminister will dazu mehr wissen.
Rotes Gemüse zum Verputzen
Zum Schluss wie bei der CSU üblich die Bayernhymne? Nein, der Gast aus der Nachbarstadt bekommt kein "Ständerla", sondern einen Korb frisches "Gämüs". Viel Rotes drin, zum Verputzen, bemerkt der Wahlkreis-Kandidat Thomas Silberhorn und schließt die Veranstaltung, als es draußen zu blitzen und donnern beginnt.