Herausforderung für Ingenieure

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Die Baufirmen haben die bestehende Brücke der A 73 bei Kemmern (links) und Breitengüßbach (oben) über die B4 und die Bahnstrecke verbreitert, damit der Verkehr vierspurig weiterlaufen kann, während die Brücke neu gebaut wird. Foto: Ronald Rinklef
Die Baufirmen haben die bestehende Brücke der A 73 bei Kemmern (links) und Breitengüßbach (oben) über die B4 und die Bahnstrecke verbreitert, damit der Verkehr vierspurig weiterlaufen kann, während die Brücke  neu gebaut wird.  Foto: Ronald Rinklef

Die größte Baustelle im Landkreis Bamberg geht in die entscheidende Phase: Die Vorarbeiten für die 50 Millionen Euro teure Autobahnbrücke bei Kemmern sind abgeschlossen. Im Frühjahr beginnen Abbruch und Neubau.

Die Aufgabe ist ambitioniert: Eine Autobahnbrücke abbrechen und neu bauen, ohne den Verkehr von 40 000 Fahrzeugen am Tag zu stoppen. Eine Bundesstraße, eine künftige ICE-Strecke und einen Feldweg mit einer 150 Meter langen Trogbrücke überspannen. Nicht weniger plant die Autobahndirektion Bayreuth bei Kemmern und Breitengüßbach. Die Vorarbeiten sind nun abgeschlossen. Der eigentliche Brückenbau kann ab 14. Januar beginnen. Auf Kemmerner Seite wird bereits das Baulager eingerichtet.

"Derzeit wird die Verkehrsführung für den Winter eingestellt", berichtet Michael Probst, Abteilungsleiter für Planung und Bau. Bei Schnee und Matsch lassen sich schwer Linien auf die Fahrbahn zeichnen, deshalb finden diese Arbeiten im Herbst statt.

Seit Monaten haben Arbeiter Baustellenrampen errichtet. Dabei haben sie auch die neue kleine Betonbrücke genutzt, die Kemmern mit der anderen Seite der Autobahn verbindet. Allein diese hat 4,88 Millionen Euro gekostet. Die wichtigste Vorarbeit war jedoch an der A 73 selbst zu leisten: Die Baufirmen haben die bestehende, alte Autobahnbrücke verbreitert. Damit der Verkehr bis zur geplanten Fertigstellung 2023 auch weiterhin über vier schmale Baustellenspuren fließen kann, während nebendran der Abbruch startet.

Ein wichtiger Termin wird dabei der 30. März sein: Dann fällt der nördliche Brückenteil. Betonscheren sollen das Bauwerk in nur 72 Stunden "zusammenbeißen" - dafür muss der Verkehr ausnahmsweise ruhen. Die Sperrphasen sind genau mit der Bundesbahn abgestimmt und eingetaktet.

Schwieriger Stahlbau

"Wir arbeiten fast immer unter Verkehr, das ist das, was die Planung erschwert", sagt Probst. Die Brückenhälfte in Richtung Bamberg bleibt bis Herbst 2020 stehen. Gleich daneben wird die Hälfte in Richtung Lichtenfels abgebrochen. Bis August sollen die Hilfspfeiler stehen - sie sind nötig, um die fertigen Stahlkonstruktionen zu tragen, die als fertige Module darübergeschoben werden sollen.

Diese entstehen 160 Kilometer Luftlinie entfernt in Darmstadt. In den Hallen der Donges Steeltec GmbH werden die Träger wellenförmig aus doppelt gekrümmten Stahlteilen zusammengeschweißt. Eine schwierige Arbeit. Per Schwertransport werden die sperrigen Teile dann nach Kemmern gefahren und befestigt. "Am Brückenanfang und am Ende fertigt man die Widerlager. Die eigentliche Brücke wird auf einer Hilfsebene fertig gebaut und in einer Wochenendsperrung darübergeschoben", erklärt Georg Müller, Sachbereichsleiter für den Brückenbau. "Für den Laien klingt das spektakulär. Aber handwerklich ist das noch das Einfachste", sagt Müller.

Was ist das Schwerste an dem Projekt? "Der Stahlbau", antwortet der Experte sofort. "Die Brücke geht schiefwinklig über die Bundesstraße. Dadurch ergeben sich Zugkräfte in den Lagern." Der Fachmann erklärt das Problem mit einem Bierdeckel, der auf einen Topf gelegt wird. "Drückt man in der Mitte, schnabeln die Ecken hoch." Die Herausforderung löse man mit Ballastbeton. "Man zieht schon alle Register bei dieser Brücke", sagt Müller, der von einer "wahren Ingenieursleistung" spricht. "Am Ende wird das eine richtig schöne Brücke, allerdings auch sehr aufwendig."

Lärmschutz für Kemmern

Das liege daran, dass man sich gegen Zwischenträger entschieden habe, die an Bahnlinien aus Sicherheitsgründen immer problematisch sind. "Ohne Stützen haben wir unten weniger Probleme, haben aber auch eine Brücke mit einer riesigen Spannweite", sagt Müller, der schon viele Brücken gebaut hat. Kemmern sei schon etwas Besonderes.

Etwas Besonderes ist auch das das ehemalige Bahnwärterhaus bei Kemmern. Das kleine Häuschen mit rotem Dach wirkt auf Luftbildern wie fehl am Platz inmitten von Beton. Das Gebäude ist laut Bürgermeister Rüdiger Gerst in Privatbesitz und an einen Motorradclub vermietet, der aus Polizisten besteht.

Die bisherigen Bauarbeiten lobt der Bürgermeister: "Großbauwerke kann man nicht ohne Beeinträchtigungen führen", sagt er. "Uns ist wichtig, dass Kemmern auch während der Hauptbauphase immer ohne Behinderung zugänglich bleibt." Über die moderne Brücke freuen sich die Anwohner - denn sie versprechen sich durch die abschirmende Bauweise weniger Verkehrsgeräusche. "Nun muss nur noch auf der Autobahn selbst eine Lärmschutzwand entstehen", fordert Gerst.

Mehr Verkehr in Breitengüßbach

Die Breitengüßbacher sehen ebenfalls Vorteile beim Lärmschutz. "Durch die ICE-Baumaßnehma haben wir einen kostenlosen Wall bekommen", sagt Amtsleiter Stefan Neubauer. Bisher sei die Abstimmung mit den Baubehörden gut. "Wir werden in den kommenden Jahren mit mehr Verkehr zu rechnen haben", sagt Neubauer. Sobald die Brücke fertig ist, will Breitengüßbach die Ortsdurchfahrt erneuern - damit der Verkehr zurück auf die A 73 gezwungen wird. Es soll sich niemand daran gewöhnen, durch Breitengüßbach zu fahren, besonders nicht die Lkw-Fahrer.

Zeitplan:

14. Januar 2019: offizieller Baubeginn

30. März bis 2. April 2019: Abbruch des östlichen Brückenteils

31. August 2019: Fertigstellung der östlichen Hilfspfeiler

31. Oktober 2020: Fertigstellung der neuen östlichen Brückenhälfte

21. November 2020: Umlegung des Verkehrs auf die Ostseite

30. Januar 2021: Abbruch des Westteils soll abgeschlossen sein.

1. Februar bis 1. Juni 2021: Fertigstellung der Unterbauten und des Gleisbereichs der Bahnlinie und der neuen ICE-Trasse.

11. März 2022: Der westliche Brückenteil soll in seine Endlage gebracht sein.

30. September 2022: Geplante Fertigstellung des westlichen Brückenteils

30. November 2022: Verkehrsfreigabe der gesamten Autobahnbrücke

31. März 2023: Fertigstellung der sanierten Bundesstraße 4 und der Gesamtbaustelle nach vier Jahren Bauzeit - einschließlich Räumung der Baufahrzeuge und Maschinen.