Geschlossene Leitplanken schützen Motorradfahrer an gefährlichen Stellen vor größeren Verletzungen. Doch noch gibt es nicht überall den Unterfahrschutz. Ein junger Biker will nach seinem Unfall bei Oberhaid weiter auf die Gefahr aufmerksam machen.
Es war an einem Sonntag Ende Juli, der für Philip Kober tragisch enden sollte. Er war auf dem Weg zum Bruder seiner Freundin nach Oberhaid. Mit ihm wollte Kober eine Motorradtour unternehmen. Fast wäre Kober bereits an seinem Ziel angekommen.
Der 23-Jährige war auf der Staatsstraße von Unterhaid - nicht zu schnell, wie die Polizei bestätigt - unterwegs. Kurz vor Oberhaid bekam er sein Motorrad in der Rechtskurve nicht mehr in den Griff. "Ich habe die Maschine nach rechts umgelegt." Er schlitterte auf die linke Straßenseite, was ihm beinahe das Leben gekostet hätte. "Ein Leitplankenpfosten hat mein Bein, der nächste Pfosten meinen Arm erwischt." Sieben Wochen musste der junge Motorradfahrer mit schweren Verletzungen im Klinikum Bamberg bleiben.
Viele Stellen bereits umgerüstet
Nun wurde Philip Kober aus der Klinik entlassen, er geht immer noch an Krücken.
Doch ist er sich sicher: Die Leitplanke hätte ihn auch töten können. Denn herkömmliche Schutzplanken sind so hoch angebracht, dass Motorradfahrer darunter durchrutschen. Die Gefahr besteht, dass sie sich dabei tödliche Verletzungen an den scharfen Kanten zuziehen. Kober will nun auf die Gefahr aufmerksam machen und dafür werben, die Straßen in der Region flächendeckend mit sicheren Schutzplanken zu versehen.
Viele Stellen auf den Straßen im Landkreis sind schon entschärft worden. "Wir haben alle Schutzplanken, die im Kurven- oder Gefällebereich liegen, umgerüstet", sagt Michael Dotterweich, Leiter vom Fachbereich Tiefbau am Landratsamt Bamberg. Die entsprechenden Kreisstraßen sind mit speziellen Schutzplanken versehen worden: Der sogenannte Unterfahrschutz sorgt dafür, dass Motorradfahrer nicht mehr unter der Leitplanke durchrutschen können.
Beispielsweise an der kurvenreichen Kreisstraße zwischen Stübig und Dörrnwasserlos (Stadtgebiet Scheßlitz) ist das der Fall - einer beliebten Motorradstrecke.
Das Staatliche Bauamt Bamberg hat auch auf der B 22 am Würgauer Berg bereits vor über zehn Jahren einen Unterfahrschutz angebracht - damals mit Unterstützung des Vereins "MehrSi", der sich für mehr Sicherheit für Biker einsetzt.
"Der Würgauer Berg ist
die Motorradstrecke im Landkreis", sagt Hauptkommissar Peter Krauß von der Polizei Bamberg-Land. Allein an einem Sonntag im August wurden laut Krauß in fünf Stunden 1400 Motorradfahrer gezählt. Der Polizist sitzt mit den Vertretern des Staatlichen Bauamts und des Landratsamts in der ständigen Unfallkommission.
Der Berg ist schon länger sicherer für Biker, aber auch unattraktiver für Raser gemacht worden.
"Motorradunfälle haben wir eigentlich nur am Würgauer Berg", sagt Krauß. Wobei der dort angebrachte Unterfahrschutz noch mehr schwere Verletzungen verhindere: Viele Biker würden nach einem Unfall aufstehen und weiterfahren.
Erst vor Kurzem sind Unfallschwerpunkte bekanntgegeben worden. Die Staatsstraße, auf der Philip Kober verunglückte, ist allerdings nicht dabei. Roland Strigl vom Staatlichen Bauamt stellt in Aussicht, dass sich die Behörde auf Kobers Hinweis hin die Staatsstraße bei Oberhaid nochmals anschauen wird. Bis der flächendeckende Schutz kommen könnte, kann es dagegen dauern: Wirtschaftliche Aspekte spielen auch eine Rolle.
Die Unfallkommission und die Polizei empfehlen jedoch grundsätzlich den Unterfahrschutz: "Irgendwann wird es Standard", ist Polizist Krauß sicher. Philip Kober will sich weiter dafür einsetzen.
Bei aller Tragik ist einzugestehen, daß Motorradfahrer ihr Risiko freiwillig eingehen und manche es durch ihren Fahrstil noch deutlich erhöhen. Es ist beispielsweise kaum denkbar, daß, wie im Beitrag beschrieben, das Motorrad nicht mehr beherrscht werden konnte, obgleich der Fahrer nicht zu schnell gefahren sein soll.
Die Straßenverkehrs-Ordnung gibt eindeutig vor: Es darf nur so schnell gefahren werden, daß jederzeit Anhalten innerhalb des übersehbaren Bereichs möglich ist. Die Geschwindigkeit ist den äußeren Umständen sowie den Eigenschaften des Fahrzeugs und den Fähigkeiten des Fahrers anzupassen, so daß das Fahrzeug jederzeit beherrscht wird. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit darf nur unter günstigsten Umständen ausgefahren werden.
Ein Unfall wie der beschriebene ist daher, sollte der Fahrer sich tatsächlich an die genannten Regeln gehalten haben, nur möglich, wenn die Maschine einen unerwarteten Defekt aufgewiesen hat oder der Zustand der Fahrbahn selbst bei der erforderlichen Um- und Vorsicht nicht erkennbar gewesen ist.
Vorstehende Ausführungen sprechen indes keineswegs gegen bauliche bzw. technische Vorkehrungen, welche Unfallfolgen zu mindern vermögen. Hier aber zeichnet sich die Politik nicht zum ersten Mal durch zögerndes Nichtstun aus:
Wer erinnert sich nicht an das jahrelange Gezerre um die Winterreifenpflicht insbesondere für Lastkraftwagen, obgleich regelmäßig Lastzüge bei entsprechender Witterung in Stauenden rutschten?
Schon seit Jahrzehnten ist der seitliche Unterfahrschutz an Lastkraftwagen Stand der Technik. Er hätte vielen Radfahrern das Leben gerettet - die Mißachtung ihrer Vorfahrt insbesondere, wenn sie eigene Fahrwege bzw. -spuren neben der Kfz-Fahrbahn benutzen (müssen), ist eine der Hauptunfallursachen im Radverkehr. Auf Grund der schlechten Erkennbarkeit aus dem Lkw-Cockpit stellen gerade diese Fahrzeuge eine besondere Gefahr dar. Doch die Politik zögerte ... und zögerte ... und zögerte - die Radler starben unter den Lkw-Reifen.