Rund um den Dom feierten Frauen den Ehrentag der Bamberger Bistumspatronin. Kunigunde "traf" einen Erzbischof mit Schuldbewusstsein.
So ein rosaroter Blick auf die städtischen Realitäten ist wohl nur angesichts der leeren Straßen um 5 Uhr morgens möglich: "Die Welt ist in Bamberg noch in Ordnung!" befand jedenfalls Erzbischof Ludwig Schick, als er am Samstag just um diese nachtschlafende Zeit über die Untere Brücke joggte.
Und aus den Augenwinkeln wahrnahm, dass die Figur der heiligen Kunigunde einen Rosenstrauß in ihren steinernen Armen hielt. Also passend geschmückt war zum Kunigundenfest, das das Erzbistum Bamberg immer am Samstag vor oder nach ihrem Todestag am 3. März (1033) feiert.
Als der Erzbischof diese Geschichte von seinem sportiven Morgenausflug erzählte, mag er die Bamberger Welt gleich in doppelter Hinsicht positiv empfunden haben. Denn hunderte Frauen lauschten ihm im Dom: Gottesdienst-Besucherinnen aus der ganzen Region, die ihr jährliches Diözesanfest miterleben wollten.
Dessen Leitwort lautete: "Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel" (Jesaja 45,7). Damit wollten die Organisatorinnen des Kunigundenfestes, der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) Diözesanverband Bamberg und Ordensfrauen, Folgendes ausdrücken: "Im Leben steht neben dem Licht auch das Dunkel, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Sorge um nahe stehende Menschen", erklärte KDFB-Diözesanvorsitzende Claudia Dworazik. Unzählige Geschichten der Bibel würden jedoch überliefern, was viele Menschen auch persönlich erfahren: "Gott ist barmherzig, rettet und hilft in der Not!"
Bewegende Worte
In seiner Predigt griff der Erzbischof diese Gedanken auf: "Barmherzigkeit ist eine Lebenseinstellung, die dem Leben der Mitmenschen mehr Wert und Erfüllung ermöglicht." Dazu gehöre, dass die Wahrheit gesagt und Gerechtigkeit geübt werde.
Barmherzigkeit müsse immer denen zuerst gelten, deren Lebenschancen besonders gering oder beeinträchtigt seien, die Armen und die Kranken, die Flüchtlinge und Fremden: "Genau das hat Kunigunde getan und kann uns darin heute ein Vorbild sein", so Schick.
Doch der Erzbischof beschränkte sich nicht darauf, Lehrgebäude zu entwerfen, zumal nach seinen Worten "Frauen nicht verzweckt werden dürfen".
"Nicht ausreichend gewürdigt"
In seltener Ausführlichkeit dankte Ludwig Schick den Frauen für ihr segensreiches Wirken in Verkündigung, Liturgie und Caritas. Insbesondere die engagierte Hilfe in der Flüchtlingsarbeit hob der Erzbischof hervor: "Die meisten Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe kommen aus Kirchengemeinden, und die Mehrzahl von ihnen sind Frauen." Und mit deutlich hörbarer Bewegtheit fügte der Prediger für die Frauen hinzu: "Ich fühle
Schuldbewusstsein, weil Ihre Tätigkeiten und Ihr Engagement nicht genügend gewürdigt werden, aber ich weiß keine Lösung."
Bei herrlichem Sonnenschein und fröhlicher Blasmusik der Don-Bosco-Musikanten entspannte sich die große Schar von einer gewissen Ergriffenheit, die sich im Pontifikalamt durch Predigt, wohldurchdachte Fürbitten und Gesang der Mädchenkantorei breit gemacht hatte.
In der Agape vor dem Diözesanmuseum genossen die Fest-Besucherinnen die traditionellen Kunigundenringe und den Kunigundenwein. Zumindest für die indischen Ordensschwestern Florine und Alice, die als Altenpflegerinnen in Burgkunstadt arbeiten, waren es noch etwas ungewohnte Gaumenfreuden: "Aber es schmeckt!" strahlten die Beiden.
Und natürlich durfte die Gratulationscour für die "Kunigunden" zu ihrem Namenstag nicht fehlen.
Etwa 80 reifere Frauen freuten sich über einen festen Händedruck des Erzbischofs und ein Erinnerungsblättchen mit einem Bildnis der Namenspatronin.
Doch eine Kunigunde fiel besonders auf: weil sie - vergleichsweise - noch ein Küken ist: 56 Jahre jung und laut gezücktem Personalausweis vollständig Ulrike, Eleonore, Kunigunde Brehm heißend. "Meine Oma hieß Kunigunde!" erklärte die Bambergerin, die sich zum ersten Mal vom Erzbischof gratulieren ließ. "Das hat was!" schmunzelte die Sanitäterin des Malteser-Hilfsdienstes in ihrer Einsatzpause.
Harmonischer Ausklang
Den Festakt im vollbesetzten Spiegelsaal der Harmonie bestritt die Religionswissenschaftlerin Ulrike Bechmann von der Universität Graz.
Die Professorin, eine gebürtige Bambergerin, die auch an der hiesigen Universität studiert und promoviert hat, referierte mit Bibelbezügen über "Gott zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit".
Ein dreiköpfiges Schlagzeugensemble der Kreismusikschule begeisterte mit musikalischen Impressionen, bevor Erzbischof Schick den Schlusssegen spendete und die Festversammlung in den späten Nachmittag entließ.
Standpunkt: Frauen, traut Euch!
Für viele Frauen ist der Kunigundentag ein fixer Termin im Jahreskalender. Doch wer sich an diesem Diözesanfest mit offenen Augen umschaut, gerät ins Grübeln. Wo sind die jungen Frauen? Die Mütter mit ihren kleinen Kindern? Hat Bistumspatronin Kunigunde nur noch den Omas und anderen Gereiften etwas zu sagen? Oder ist es einfach die Gestaltung des Festes, die Jüngere nicht mehr anspricht? Mit Verlaub, liebe Organisatorinnen: Tatsächlich hat sich über
den Kunigundentag der Staub der Geschichte gelegt, den Ihr doch wegpusten könntet. Traut Euch! Keiner der Herren auf dem Domberg wird Euch exkommunizieren, wenn Ihr frischen Wind wehen lasst. Dies ist jetzt kein Aufruf zur Revolution um Ämter und Positionen. Aber: "Tradition ist eine Laterne. Der Dumme hält sich daran fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg." (George Bernard Shaw). Also Traditionen nicht nur um ihrer selbst willen bewahren, sondern von ihnen in die Zukunft führen lassen.