Farbe peitscht die Leinwand

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Künstler Michael Huth vor einem seiner monumentalen Werke im Kunstraum Kesselhaus Foto: M. Krüger-Hundrup
Künstler Michael Huth vor einem seiner monumentalen Werke im Kunstraum Kesselhaus Foto: M. Krüger-Hundrup

Berganza-Preisträger Michael Huth zeigt im Kunstraum Kesselhaus in Bamberg monumentale Ölbilder - eine reizvolle Zugabe an ruppige Architektur.

Dass das Kesselhaus in der Unteren Sandstraße längst kein bloßer Geheimtipp mehr für Kunstinteressierte ist, zeigte sich bei der sonntäglichen Vernissage: Die Besucher strömten, um den Berganza-Preisträger 2016 Michael Huth und seine Werke zu erleben. Monumentale abstrakte Ölbilder, wie geschaffen für die ruppige Architektur des Kesselhauses. Die gigantischen Bilder zeichnen einen reizvollen Kontrast zu den rudimentär verputzten Wänden, kommen so zur vollen Geltung und lassen erahnen, dass der Kronacher Künstler Huth die Farbe mit dem Pinsel nur so auf die Leinwand peitscht.

Barbara Kahle, Vorsitzende des einladenden Kunstvereins Bamberg, nahm denn auch das Wort "energiegeladen" in den Mund, um Huths Oeuvre zu beschreiben. Eine Werkschau, "die in den Bann zieht" und "ohne Show und Glimmer des Kunstmarkts auskommt", so Kahle. Nicht einmal Titel habe der Künstler seinen Bildern gegeben: "Michael Huth freundet sich mit festlegenden Ausdeutungen nicht an", billigte die Vereinsvorsitzende den Betrachtern genügend Fantasie zu, die Formen selbst zu erklären.

Eine Interpretationshilfe bot der Kulturwissenschaftler Adolf H. Kerkhoff (Bottrop), der in die Ausstellung einführte. Die Schau ermögliche es, das Werk von Michael Huth als den "gigantischen Prozess wahrzunehmen, der es tatsächlich ist". Nämlich eine "Evolution von der ungebundenen Malerei und den amorphen Formen hin zu den Struktur- und Felder-Bildern und vor allem zu den Zeichen", so Kerkhoff.

Was mit "Zeichen" gemeint ist, wird beispielsweise an einem Bild mit vier recht unterschiedlichen blauschwarzen Elementen vor Orangerot deutlich. Kerkhoff legte dar, dass dieses scheinbar freie Elemente-Spiel in Wirklichkeit das japanische Zeichen für die Seele ist. Michael Huth sei Japan sehr verbunden. Das bedeute nicht, dass er sich dem rigiden Codex der japanischen Kalligraphen unterordne, sondern sich malerische Freiheiten nehme: "Er komponiert ein Zeichen, das bei ihm eine ganz neue Sinnhaftigkeit erfährt."

Kunstwissenschaftler Kerkhoff wies auch besonders auf die Tondi, die Rundbilder, hin, die einfach nur lässig an die Wände gelehnt sind: "Unser figurierender Blick findet keinen Bezugspunkt, denn selbst eine Horizontlinie lässt sich im Kreis nirgendwo festmachen." Deshalb komme im Tondo die doppelte Dynamik der Farben wie der Linien voll zum Tragen. Das Rundbild habe sein eigenes Gesetz: "Es führt unseren Blick an den ortlosen Sitz der Malerei, an dem wir uns schließlich selbst im Bild - nicht gegenüber - wiederfinden." Immerhin die Ausstellung selbst hat einen Titel, nämlich "Für Emilio". Das ist eine Reminiszenz an Emilio Vedova, ein italienischer Maler des 20. Jahrhunderts.

Vedova, so führte Kerkhoff aus, kam vom abstrakten Futurismus und versuchte lebenslang, eine eigene abstrakte Position zu finden. Dabei experimentierte er viel mit Tondos. Kerkhoff: "Und was Michael Huth betrifft, so kann man ihn durchaus als einen Bruder im Geiste Vedovas sehen."


Zur Ausstellung

Öffnungszeiten Die Ausstellung "Für Emilio" von Michael Huth ist im Kunstraum Kesselhaus, Untere Sandstraße 42 (Eingang vom Leinritt) bis zum 2. Juli 2017 zu sehen. Öffnungszeiten: Freitag 15 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr.

Lange Kunstnacht Am Samstag, 24. Juni, ist im Kesselhaus "Lange Kunst-Nacht" von 11 bis 24 Uhr. Um 22.30 Uhr wird die Butoh-Tanz-Performance "Die Reise zum Lehrervogel" mit Michael Huth (Tanz) und Susanne Globisch (Harfe & Gesang) gezeigt.