Extremisten werden entwaffnet

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Der Freistaat kassiert derzeit die Waffenerlaubnis von sogenannten Reichsbürgern und anderen Personen, die der extremistischen Szene zugerechnet werden.

Sie lehnen den Staat und dessen Gesetze ab, einige von ihnen gründen ein "Deutsches Reich" oder ein "Königreich Bayern", drucken eigene Urkunden. Den Verwaltungen fallen sie auf, wenn sie etwa unter Bezug auf angeblich eigene Gesetze den Führerschein oder den Pass abgeben.

Bei sogenannten "Reichsbürgern" mischen sich Verschwörungstheorien mit historischem Halbwissen zu einem kruden Weltbild ("Die BRD ist kein Staat, sondern eine GmbH", "Das Deutsche Reich existiert noch heute"). Spätestens seitdem 2016 ein Reichsbürger in Georgensgmünd einen Polizisten erschoss, sind sie nicht nur Insidern beim Verfassungsschutz sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. In Bayern rechnen die Sicherheitsbehörden rund 4200 Personen der Reichsbürgerszene zu. Rund 400 Personen sollen zum harten Kern gehören. Darunter gibt es auch einige mit einer Waffenerlaubnis, sei es für Jagd oder Schützensport. Deshalb läuft derzeit eine Offensive des Freistaats. Ziel ist, Reichsbürgern und anderen Extremisten die Waffenerlaubnis zu entziehen.

480 Reichsbürger in Oberfranken

325 Reichsbürger mit Waffenerlaubnis wurden in Bayern bis Ende 2018 identifiziert. Diese Zahl verkündete in der vergangenen Woche Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Gegen alle sei ein Widerrufsverfahren eingeleitet worden, 292 Personen wurde die Waffenerlaubnis entzogen, 670 einzelne Waffen wurden bereits konfisziert.

"In Oberfranken sind derzeit etwas über 480 Personen identifiziert, die der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sind", teilt auf unsere Anfrage Pressesprecherin Anne Höfer für das Polizeipräsidium Oberfranken mit. Jegliche Verdachtsfälle würden auch weiter geprüft. "Von den identifizierten Personen ist nur ein geringer Teil im Besitz erlaubnispflichtiger Waffen. Alle diese Personen wurden den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden zur Einleitung von Widerrufsverfahren gemeldet", erklärt Höfer. Wie sehen die Zahlen für Bamberg aus? Nach Auskunft der Stadt gibt es dort 33 "Reichsbürger". Von denen besaßen vier eine waffenrechtliche Erlaubnis. "Bei zwei Personen ist das Verwaltungsverfahren abgeschlossen und endete mit der Entscheidung des Entzuges der waffenrechtlichen Erlaubnis", erläutert Steffen Schützwohl aus der städtischen Pressestelle.

Beim Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis sehe das Waffengesetz zwei Möglichkeiten vor. Zum einen könne der Besitzer seine Waffen nachweislich unbrauchbar machen lassen und danach behalten. Zum anderen bestehe die Möglichkeit, die Waffen an einen Berechtigten abzugeben, zum Beispiel zu verkaufen. "Weil sich die Waffenbesitzer durchweg dazu entscheiden, die Waffen an einen Berechtigten zu überlassen, hat die Behörde keine Möglichkeit, die Waffen einzuziehen", führt Schützwohl weiter aus.

Im Landkreis Bamberg haben etwa 40 Personen "Staatsangehörigkeitsausweise mit ,reichsbürgerischen' Angaben beantragt", berichtet Frank Förtsch aus der Pressestelle des Landratsamts. Wobei er betont, dass die Kategorisierung schwierig sei, da es sich um eine "äußerst inhomogene" Gruppe handle. Bei 17 dieser Personen bestand eine waffenrechtliche Erlaubnis.

Widerrufsverfahren laufen derzeit in sieben Fällen, die alle noch anhängig sind. Der Verdacht habe Jäger, Sportschützen und Inhaber des Kleinen Waffenscheins gleichermaßen betroffen. 28 Einzelwaffen "aller Art" seien bereits eingezogen worden. Bei fünf Personen hätten die Überprüfungen jedoch ergeben, dass "von keiner Eigenschaft Reichsbürger mehr auszugehen" sei.

"Die Fälle waffenbesitzender Reichsbürger im Landkreis Bamberg liegen eher am unteren Rand der ,Reichsbürgerei'" , betont Förtsch. Es gebe zwar auch extremere Fälle, die jedoch nicht im Besitz von Waffenscheinen seien. "Einzelne Personen sind in unserem Bereich zum Beispiel als Reichsbürger bekannt, da sie bei verschiedensten Behördengängen entsprechend auftreten oder durch Straftaten aufgefallen sind." Während die extremsten Verfechter der Reichsbürger-Ideologie dies deutlich machten, indem sie zum Beispiel gelbe Linien um Ihre Häuser malten oder Fantasie-Ausweise verwendeten, würden auf der anderen Seite Personen bereits als Reichsbürger bezeichnet, die einmalig einen entsprechenden Staatsangehörigkeitsausweis beantragt haben und sonst aber völlig unauffällig seien.

Auch wenn viele Reichsbürger den Staat, in dem sie leben, nicht anerkennen, nutzen sie doch gern dessen juristische Möglichkeiten - etwa nach einem Entzug des Waffenscheins. So führt das Landratsamt Bamberg aus: "Bisher wurden alle Entscheidungen angefochten und sind noch nicht rechtskräftig. Lediglich in einem Fall hat ein Waffenbesitzer von sich aus aufgegeben und seine Waffen freiwillig überlassen." Wie viele sogenannte Reichsbürger sich beim Verwaltungsgericht Bayreuth gegen entsprechende Entscheidungen gewandt haben, ist nicht statistisch erfasst.

"Solche Verfahren gibt es immer wieder. Es geht den Klägern aber längst nicht nur um Waffenrecht, sondern manchmal auch um bau-, melde- oder rundfunkrechtliche Fragen", sagt Sophia Schießl, die stellvertretende Pressesprecherin des Verwaltungsgerichts. Aktuell schätzt sie, dass fünf bis zehn Verfahren mit einem entsprechenden Hintergrund anhängig sind. Auch Schießl betont aber, dass die "Reichsbürger"-Ideologie sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann.