Als erste Frau in der Geschichte der Staatsbibliothek Bamberg hat Bettina Wagner den Direktorenposten von Werner Taegert übernommen.
Vorschusslorbeeren hat Bettina Wagner eigentlich gar nicht nötig. Dennoch stellte sie Klaus Ceynowa mit den Worten "Wir schicken
Bamberg die Beste!" den versammelten Journalisten in der Staatsbibliothek Bamberg vor.
Ceynowa, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek München mit ihren zehn Regionalbibliotheken, ließ es sich also nicht nehmen, die Nachfolgerin von Professor Werner Taegert auf dem Direktorenposten höchstpersönlich zu präsentieren. Dies nicht, ohne dem inzwischen Ruheständler Taegert in Abwesenheit eine "hervorragende Arbeit insbesondere auch im Ausstellungswesen" zu bescheinigen. Der solchermaßen Gelobte war zehn Jahre lang Chef der Staatsbibliothek in der Neuen Residenz am Domplatz. Der Stabwechsel zu Bettina Wagner erfolgte bereits zum 1. Oktober, Anfang Januar soll dieser auch in einem Festakt gefeiert werden.
Generaldirektor Ceynowa hatte für die erste Direktorin in der Geschichte der Staatsbibliothek Bamberg noch ein weiteres Superlativ parat: Bettina Wagner "ist eine weltweit anerkannte Expertin für Inkunabeln", also für Druckerzeugnisse aus der Frühzeit des Buchdrucks vor 1500. Das Bamberger Haus beherbergt allein 3500 solcher auch Wiegendrucke genannte Objekte, davon "300, die München nicht im Bestand hat", ergänzte Bettina Wagner selbst.
Die gebürtige Würzburgerin mit familiären Wurzeln in Hausen bei Forchheim studierte Germanistik, Romanistik und Mittelalterlatein. Nach ihrer Promotion an der Universität Würzburg kam sie als "Assistant Librarian" an die Bodleian Library der Universität Oxford. In dieser Funktion erschloss Wagner die Inkunabelsammlung dieser Uni. Nach dem Besuch der Bayerischen Bibliotheksschule kam sie 1998 an die Bayerische Staatsbibliothek München und leitete ab 2005 das Referat "Handschriftenerschließungszentrum und Inkunabelsammlung" in der Abteilung für Handschriften und Alte Drucke.
Ihre reiche Erfahrung im Einholen von Drittmitteln zur Erschließung und Digitalisierung von Handschriften und Alten Drucken, in der Organisation von Ausstellungen oder international ausgerichteten wissenschaftlichen Tagungen, in der Lehrtätigkeit an den Universitäten Würzburg, Oxford, Erlangen-Nürnberg und München sowie an der Bayerischen Bibliotheksakademie kommen jetzt ihrer neuen Aufgabe natürlich zugute. Doch was bewegt diese renommierte Fachfrau, die Weltstadt München nun gegen das Provinznest Bamberg einzutauschen?
Bettina Wagner überlegt nicht lange: "Es ist ein besonderes Privileg, in einer der schönsten Städte Deutschlands leben und arbeiten zu können und die herausragenden Bestände der Staatsbibliothek Bamberg einem breiten Publikum im In- und Ausland zu vermitteln." Die Staatsbibliothek Bamberg sei nach München die "bedeutendste Altbestandsbibliothek in Bayern": "Hier habe ich die Chance, aus dem Elfenbeinturm der Spezialisierung und Erschließung herauszutreten und alle Aspekte der bibliothekarischen Tätigkeiten anzugehen", betont Bettina Wagner.
Erste Pläne für die kommende Zeit sind schon geschmiedet. So soll die Digitalisierung der über tausend Jahre alten illuminierten Handschriften ausgeweitet oder die Druckgrafiken von Dürer und Cranach kunsthistorisch erschlossen werden. Ein "Grafikportal online" schwebt Bettina Wagner vor sowie "virtuelle Ausstellungen", die eine internationale Sichtbarkeit der Bamberger Schätze ermöglichen sollen. Im Welterbe-Jubiläumsjahr 2018 möchte die neue Direktorin die wohl bedeutendsten Kostbarkeiten der Staatsbibliothek berücksichtigen: die drei Handschriften "Bamberger Apokalypse", "Hoheliedkommentar" und "Lorscher Arzneibuch", die ins Unesco-Register "Memory oft he World" aufgenommen wurden.
Wenn ihr Generaldirektor Klaus Ceynowa zum Amtsantritt auch kein höheres Budget als ihrem Vorgänger einräumen konnte, will Bettina Wagner dennoch das Foyer und die Ausstellungsräume "technisch ertüchtigen im Blick auf Beleuchtung, Sicherungen, Infoscreens" und die Augen offen halten für mögliche Neuerwerbungen. In dieser Hinsicht sei die Staatsbibliothek mit ihren finanziellen Mitteln zwar kein "big player". Doch sie halte es für realistisch, etwa die neuzeitlichen Sammlungen "Jean Paul" und "E.T.A.-Hoffmann" mit Erstausgaben auszubauen.
So manch anderes wird Direktorin Wagner mit ihrem Stellvertreter Stefan Knoch angehen. "Langzeitarchivierung" lautet zum Beispiel ein zukunftsträchtiges Stichwort. Oder auch "enge Zusammenarbeit mit den anderen Kulturinstitutionen auf dem Domberg". Oder "Erhöhung der Nutzungszahl vor allem durch Studierende".