Jüngst hatten sich Kulturschaffende erneut für die ehemalige Schlachthofgaststätte in Bamberg als Veranstaltungsort eingesetzt. Doch es schaut schlecht aus.
Es ist FT-Leser Reiner Bauernschmitt, der sich an die Lokalredaktion wendet: In der bisherigen Berichterstattung über die leer stehenden Schlachthofgaststätte in Bamberg-Nord hat ihm bisher eines gefehlt: Die Würdigung der Architektur. Bauernschmitt, selbst Architekt, bringt die Sprache auf Hans Jakob Erlwein, einem "unserer bedeutendsten Architekten der Neuzeit".
Dieser hat den Schlachthof in der Lichtenhaidestraße Ende des 18. Jahrhunderts entworfen, 1904 wurde das heute unter Denkmalschutz stehende Ensemble eröffnet. Bamberg habe Erlwein "so viel Wertvolles zu verdanken", etwa auch die Luitpoldschule, die alte Chirurgie - heute das Stadtarchiv -, oder das ehemalige Elektrizitätswerk, in dem heute die Volkshochschule untergebracht ist. Nicht zu vergessen: das WC-Häuschen am ZOB.
Im Gegensatz zu Dresden sei "dieser große Baumeister in Bamberg noch nicht einmal richtig angekommen", meint Bauernschmitt. Er führt dies darauf zurück, dass es in Bamberg nur ein geringes Bewusstsein für die Bauwerke der Neuzeit - im Gegensatz zur mittelalterlichen Altstadt - gebe.
Sehr wohl ein Bewusstsein gibt es für die Diskussion um den Erlwein'schen Schlachthof-Bau, genauer gesagt die ehemalige Gaststätte sowie die darüber liegenden Wohnungen. Da ist einmal die Frage, zu welchen Preisen die Mieter nach der Generalsanierung der Immobilie in ihre Häuser zurückkehren können. Zum anderen haben Kulturschaffende noch immer die Hoffnung, sich in den Räumen der ehemaligen Gaststätte im Erdgeschoss längerfristig niederlassen zu können.
Erst im Februar hatten sich Organisatoren der Bamberger Kurzfilmtage und von "Kontakt - das Kulturprojekt" in einem offenen Brief an die Stadt gewandt. Beide Initiativen hatten zwischenzeitlich Veranstaltungen in dem Anwesen direkt am Schlachthof abgehalten. Die große Hoffnung: Auch in Zukunft möge dort Raum für alternative Kultur in Bamberg sein.
Weiter auf Raumsuche
Michael Schmitt von "Kontakt" erläutert im FT-Gespräch: "Im April wird ein Rapper aus Syrien auch nach Bamberg kommen. Wir sind noch auf Raumsuche und überlegen, bei der Stadt wieder wegen der Schlachthofgaststätte anzufragen." Doch was ist seit der Veröffentlichung der gemeinsamen Erklärung der Kulturschaffenden in der Zwischenzeit passiert?
Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) habe auf den offenen Brief geantwortet und mitgeteilt, dass das Schreiben an das Kulturreferat weitergeleitet worden sei. Und: "Wir haben Gespräche mit Stadträten aus unterschiedlichen Fraktionen geführt", sagt Michael Schmitt.
Während manche angekündigt hätten, sich weiterhin für eine kulturelle Nutzung einzusetzen, hätten andere Bürgervertreter bereits signalisiert: Es sei relativ sicher, dass ein Unternehmen in die leer stehenden Räume im Erdgeschoss einzieht. Die Stadt verhandelt seit längerem mit einer am Schlachthof angesiedelten Firma, die das Erggeschoss zu Schulungs- und Präsentationszwecken nutzen will. Thomas Paulmann, Ansprechpartner bei den Bamberger Kurzfilmtagen, berichtet Ähnliches. Er betont den aus Sicht der Kulturschaffenden großen Vorteil, dass man in der alten Gaststätte auch bis nach 22 Uhr Veranstaltungen hätte abhalten können.
Wie ist der aktuelle Stand? Die Aussage von Stadtsprecherin Ulrike Siebenhaar ist diesmal konkreter als in der Vergangenheit: "Nach der Sanierung des Hauses wird nach derzeitigen Planungen eine temporäre Nutzung für Kulturveranstaltungen voraussichtlich nicht möglich sein." Auch ein erneuter Gastronomiebetrieb sei vom Tisch.
Damit ist zum ersten Mal von offizieller Seite klar, in welche Richtung es geht. Doch was ist mit Lagerräumen in der Jäckstraße in direkter Nachbarschaft? Sie waren immer wieder als Alternative zu möglichen Firmenräumen in der Gaststätte ins Spiel gebracht worden. Allerdings sind diese laut Siebenhaar nicht geeignet.
Keine Renovierung vor Sanierung
Und sie hat weitere Neuigkeiten: Vor kurzem hatte ein alter Kohleofen im bewohnten Teil des Hauses Feuer gefangen, zwei Wohnungen haben seitdem einen Brandschaden. Laut der Stadt-Sprecherin hätten die Mieter der beiden Wohnungen darum gebeten, dass dieser Schaden behoben wird, damit sie noch einmal einziehen können - bis zur Generalsanierung des kompletten Gebäudes, die frühestens 2018 beginnen könnte.
"Das können wir aus wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht machen", erklärt Siebenhaar. Es wäre nicht sinnvoll, wenn die Renovierungsarbeiten kurz nach ihrem Abschluss direkt der Sanierung des Hauses zum Opfer fallen würden.
Unterdessen kündigt Siebenhaar an, dass man für die Mieter Wohnungen im Hochgericht zu vergleichbar günstigen Konditionen aufgetan hätte - als Übergangslösung während der Bauarbeiten. "Die gesamte Hausgemeinschaft könnte komplett umziehen, wir würden außerdem dabei helfen", sagt Siebenhaar.
Ist die Generalsanierung abgeschlossen, sollen die aktuellen Mieter ein Erstzugriffsrecht auf die Wohnungen haben. Allerdings: Die Renovierung wird "für ein bisschen höhere Mieten als derzeit" sorgen, so Siebenhaar.
Kommentar der Autorin:Subkultur hat Platz verdient
Diese Entscheidung ist brutal. Das Pflänzchen der alternativen Kultur, das bereits zarte Wurzeln in lebensfeindlicher Umgebung geschlagen hatte, wird gekappt. Bestätigt sich, worauf mittlerweile alle Zeichen hindeuten, wird die ehemalige Schlachthofgaststätte zum Schulungszentrum für eine Firma. Deren Mitarbeiter werden in den Genuss eines frisch sanierten, unter Denkmalschutz stehenden Kleinods kommen. Die Öffentlichkeit dagegen muss draußen bleiben. Ebenso die Kulturschaffenden, die auf kreative Weise einen Ort belebt haben, der ansonsten für den Tod steht. Mit der Schlachthofgaststätte geht ein außergewöhnlicher und bereits beliebter Veranstaltungsraum verloren. Das ist einfach nur bitter.
mich persönlich würde interessieren, ob der neue Besitzer des dann sanierten Gebäudes auch der Eigentümer ist, der die Kosten der Sanierung auch selbst trägt oder ob diese dann wieder durch die Allgemeinheit der Bamberger Bürger übernommen werden müssen.
na ja mal realistisch betrachtet, von denen die nun wegen der sanierung ausziehen, wird nach der sanierung keiner mehr einziehen, die bleiben am hochgericht